Basale Stimulation mit allen fünf Sinnen

Das sind die verschiedenen Formen und ihre Vorteile in der Pflege
Street Art aus NYC: Jazz-Musiker zaubert Bilder mit seiner Musik
Musik ist inspirierend und stimuliert bis ins hohe Alter.
Inhaltsverzeichnis

Sie als Pflegefachkraft wissen, wie wichtig basale Stimulation für Ihre Bewohner oder Pflegekunden sein kann.  Meistens sind es Menschen mit schwerer Beeinträchtigung, deren Wahrnehmung durch diese anerkannte, therapeutische Konzept angeregt werden kann. Mit dieser Methode wird erkrankten Personen ein Stück Lebensqualität zurückgeben. Auch während des Sterbeprozess kann diese Methode sinnvoll sein. Deshalb sollte basale Stimulation in Ihrer Einrichtung oder im ambulanten Pflegealltag nicht fehlen. 

Basale Stimulation hilft bei eingeschränkter Eigenaktivität

Mit basaler Stimulation versuchen Therapeuten in Pflegeeinrichtungen – durch im Grunde simple Handlungen – Kontakt zu pflegebedürftigen Menschen aufzunehmen. Diese Kontaktaufnahme soll helfen, dass beeinträchtigte Personen unabhängig von Pflegestufe und Pflegegrad mit ihrer Umwelt in Kontakt treten können. 

Warum ist Basale Stimulation wichtig?

Basale Stimulation ist ein Mittel zur Kommunikation auf nonverbaler Ebene: Die Sinne werden durch vestibuläre, somatische und vibratorische Anregungen stimuliert und die Wahrnehmung auf vielfältige Art aktiviert. Eingesetzt werden unter anderem Gerüche, Licht, Berührungen und Musik. Ihre Pflegekunden können auf diese Weise ihren Körper besser spüren, ihre Lage im Raum besser einschätzen und vieles mehr. Bei der basalen Stimulation werden alle fünf Sinne (Riechen, hören, schmecken, sehen fühlen) angesprochen. 

Die Umsetzung von basaler Stimulation hilft nicht nur den Patienten, sondern trägt deutlich zur Qualität Ihrer Einrichtung bei. Ein konsequentes umgesetztes therapeutisches Konzept ist auch für den MDK von Bedeutung. Basale Stimulation ist also von hohem Wert: Nicht nur für die Patienten und das eigene Qualitätsmanagement, sondern auch in Zusammenhang mit dem MDK und seinen Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR). Denn auch bei der Begutachtungen wird häufig viel Wert auf das Angebot basaler Stimulation gelegt.

Für wen ist basale Stimulation geeignet?

Basale Stimulation wird zum Beispiel angewendet bei

  • Schwerst mehrfach beeinträchtigten Patienten
  • Komatösen Zuständen
  • Apallischem Sydrom
  • Hemipflegischen Zuständen
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Demenz

Diese Erkrankungen gehen alle mit mangelnder Bewegungsfähigkeit und deutlich beeinträchtigter Kommunikation einher. In diesem Punkt setzt die basale Stimulation an. Sie soll einen Anreiz schaffen, verschiedene Wahrnehmungsbereiche zu aktivieren. Das dazu notwendige Konzept hat der heilpädagogische Psychologe und Sonderpädagoge Andreas D. fröhlich in den 1970er Jahren entwickelt. Zunächst als Konzept für schwerstbehinderte Kinder gedacht, hat sich die Anwendung von basaler Stimulation auch bei Erwachsenen im Laufe der Jahre etabliert. Die notwendigen therapeutischen Anpassungen an den Bereich der Pflege leistete die Pflegewissenschaftlerin Christel Bienstein. 

Die verschiedenen Formen der Sinnesanregungen sind

Vibratorische StimulationKörpertiefe und -fülle zu spüren
Taktil-haptische StimulationTastsinn anregen
Auditive StimulationHörsinn anregen (Musik, Rhythmen)
Visuelle StimulationVisuelle Wahrnehmung stimulieren
Olfaktorische StimulationGeruchssinn durch Düfte anregen
Gustatorische StimulationGeschmackssinn aktivieren

Wie Sie beeinträchtigten Menschen durch basale Stimulation helfen können

Ob im ambulanten Bereich oder in Seniorenheimen: Sicher leiden viele Ihrer Pflegekunden mehr oder weniger stark an Demenz. Der Pflegegrad gibt normalerweise darüber Aufschluss, wie stark die Beeinträchtigungen im Alltag sind – vor allem in Kommunikation, Bewegung und Wahrnehmung. Schwierigkeiten, die bei den Betroffenen großen Stress hervorrufen können: 

Beispiele: 

Herr A mit Pflegegrad 3 kann sich auf der Station zwar mit einem Rollator bewegen, ist dabei jedoch völlig desorientiert. Das verursacht Unsicherheiten und Ängste. Herr A wirkt aufgeregt und unruhig. Farbige Leuchten als Element von basaler Stimulation etwa können in diesem Fall einen beruhigenden Einfluss ausüben (beruhigende basale Stimulation).

Frau B dagegen ist mit Pflegegrad 4 weitestgehend an ihr Bett gefesselt. Meistens blickt sie apathisch an die Decke und spricht kaum. Auf verbale Kontakte reagiert sie nicht. Massagen mit verschiedenen Materialien wie Ölen, Gegenständen, aber auch Pflanzen wirken offenbar belebend: Frau B wirkt dabei weniger apathisch und verfolgt die Bewegungen der Pflegekraft mit den Augen. (belebende basale Stimulation).

Herr C mit Pflegegrad 5 ist ein Schwerstpflegefall. Durch ein schweres Schädel-Hirn-Trauma kann er sich weder bewegen noch sprechen. Alle Tätigkeiten, die ihn betreffen, werden verbal begleitet. Ein im Raum aufgehängtes Mobile jedoch verfolgt er mit den Augen. Außerdem wirkt Herr C entspannter, wenn die Pflegefachkraft leise singt. (belebende basale Stimulation). 

So helfen Sie Ihren Pflegekunden: 

Sie können verschiedenfarbiges Licht verwenden oder auch Leuchtkörper, die sich bewegen (Lava-Lampe). Damit können Sie beruhigende oder belebende Reize schaffen
Bringen Sie Abwechslung in die Lagerung der Pflegekunden 
Singen oder summen sie in Gegenwart Ihres Patienten. Sie können auch Musik abspielen. Verschiedene Rhythmus-Instrumente, die auf oder über dem Körper gespielt werden, helfen ebenfalls, sich besser wahrzunehmen. Wenn es die gesundheitliche Situation erlaubt (zum Beispiel bei Personen niedrigerer Pflegegrade wie Pflegegrad 2, können Ihre Patienten auch selbst ein Instrument in die Hand nehmen
Verwenden Sie Schaukelstühle, ein Bällebad, einen Rollstuhl (verschiedene Körperpositionen)
Führen Sie Waschungen mit anregenden oder beruhigenden Ingredienzien durch. Streichen Sie mit dem Waschlappen sanft oder mit stärkerem Druck über den Körper
Hängen Sie Mobiles auf oder installieren Sie Wasserspiele
Bei weniger beeinträchtigten Pflegekunden, zum Beispiel Personen mit Pflegegrad 1 können Sprudelbäder und Bewegung im Schwimmbad helfen
Gestalten Sie die Nahrungsaufnahme angenehm. Benetzen Sie Wattestäbchen mit Säften oder Eis und führen diese an die Lippen oder in den Mund
Führen Sie einen Tagesrhythmus ein

Beachten Sie dabei, dass die Stimulation sinnvoll in den Tagesablauf der Pflegebedürftigen integriert werden sollte. Genauso dürfen die therapeutischen Maßnahmen nie gegen den Willen der Bewohner oder Pflegekunden eingeleitet werden. Passen Sie die verschiedenen Möglichkeiten auch der jeweiligen Situation an, und nehmen Sie Rücksicht auf die Bedürfnisse der Patienten. 

Ideen für basale Stimulation

Sie haben unterschiedliche Möglichkeiten, die visuelle Wahrnehmung zu fördern. Unter anderem können Sie auch dafür sorgen, dass  bettlägerige Bewohner nicht permanent an eine kahle weiße Zimmerecke schauen müssen. 

Bei der Umsetzung der folgenden Vorschläge sollten Sie auf folgende 5 Aspekte achten:  

Richtige PlatzierungDenken Sie an den individuellen Blickwinkel des Bewohners. Bilder von Verwandten zum Beispiel, die am Kopfende des Betts aufgehängt werden, bringen nichts.
Zeitliche BegrenzungAchten Sie darauf, dass das Reizangebot zeitlich begrenzt erfolgt. Alles, was wir permanent sehen, bietet keine Abwechslung und Anregung mehr. 
Langsame BewegungMobiles und Windlichter sollten sich nicht zu schnell bewegen, um keine Angst oder Irritation hervorzurufen. Hänge Sie sie deshalb nicht direkt ans Fenster.
Geeignete Themen / InhalteGreifen Sie biografische und jahreszeitliche Themen auf. Das schafft Orientierung und weckt Erinnerungen. Die Bilder sollten groß genug und gut zu erkennen sein – lieber weniger Personen pro Bild und nicht zu detailreich.
BeobachtungBeobachten Sie während der Sinnesanregung die Mimik und Körperspannung des betreffenden Bewohners, um zu erspüren, was demjenigen gefällt und was eher nicht. Seien Sie sensibel für diese nonverbalen Signale. Möglich sind auch Lichterketten, (eingescannte) Familienbilder, die mit Beamern an Wand und Decke projiziert werden – oder sogenannte Snoezelen-Projektoren. Wenn alte Dias aus dem Umfeld des Bewohners existieren, besorgen Sie einen Dia-Projektor. Auch Bilder aus der Heimat und Lieblingsfilme eignen sich. 

Weitere Anregungen sind – neben Bildern und Fotos – zum Beispiel Mobiles an der Zimmerdecke oder Windspiele und elektrische Laternen, die in Sichtnähe aufgestellt werden: 

MobilesMobiles gibt es mit unterschiedlichen Motiven und aus diversen Materialien. Befestigen Sie Mobiles nicht direkt über dem Kopf. Ihr Bewohner sollte keine Angst haben, dass es herunterfallen könnte. Auch sollte es nicht aus jeder Lage sichtbar sein. So wirkt der visuelle Reiz nur für eine begrenzte Zeit.
WindspieleWindspiele regen zusätzlich das Gehör an. Die Töne sollten nicht zu laut sein. Die Befestigung erfolgt wie beim Mobile. Achten Sie bei geöffnetem Fenster darauf, dass sie das Windspiel auch abhängen, falls es zu laut klingt. Traumfänger eignen sich ebenfalls. Diese machen in der Regel keine Geräusche. 
Elektrische Windlichter und LaternenBunte Windlichter und Laternen bieten sich gerade im Herbst an. Auch im Advent sind schön und sorgen für angenehmes Licht. 
FotowandGestalten Sie in Sichtnähe eine Fotowand mit gut erkennbaren Bildern von der Familie, dem Haustier, dem Wohnort oder anderen biografischen Themen. 
Banner und PosterAn der Decke schräg über dem Bett können Sie ein Poster, Banner oder Tuch aufhängen. 
Wäscheleine mit laminierten FotosSie können auch Fotos und Bilder an einer Wäscheleine nahe am Bett befestigen, so dass sie besser sichtbar sind. Zur Befestigung eignet sich der Bettaufrichter. 

Fazit: Basale Stimulation

Basale Stimulation gilt als therapeutisches Konzept, das einen starken Einfluss auf das Leben der Bewohner von Pflegeeinrichtungen und anderen Pflegekunden haben kann. Richtig eingesetzt, kann die basale Stimulation dazu beitragen, dass die Personen körperlich und geistig bestmöglich gefördert werden.

FAQs: Häufige Fragen zum Thema basale Stimulation

Was ist vestibuläre Stimulation?

Die vestibuläre Stimulation zielt auf den Gleichgewichtssinn ab. Mit verschiedenen Maßnahmen kann das Lage- und Gleichgewichtssystem des Pflegekunden auf verschiedene Weise stimuliert werden. Zum Beispiel durch sanftes Drehen, Schaukeln und andere Körperbewegungen.  

Welche Voraussetzungen sind wichtig, damit basale Stimulation wirken kann?

Basale Stimulation kann nur dann gelingen, wenn der Pflegebedürftige ernst genommen wird und sich ernst genommen fühlt. Deshalb ist ein individuell abgestimmtes Konzept von hoher Bedeutung. 

Können bei der basalen Stimulation auch Tiere eingesetzt werden?

Ja. Therapiehunde und andere Tiere können ebenfalls als ein Mittel eingesetzt werden, um die Wahrnehmung von Pflegebedürftigen zu verbessern.