7 Tipps, wie Sie mit Schamgefühlen im Pflegealltag umgehen

Eine Seniorin sitz auf einem Stuhl. Eine Pflegerin hält ihre Schultern und beugt sich zu ihr hinunter. Beide lächeln sich an.
©Halfpoint - stock.adobe.com
Inhaltsverzeichnis

Für Sie als Pflege- und Betreuungskraft ist es ganz selbstverständlich, dass Sie Pflegehandlungen bei Ihren Pflegekunden mit Demenz durchführen. Doch Sie sind in einem hoch emotionalen Arbeitsfeld tätig. Denn täglich überschreiten Sie durch Ihre Pflegemaßnahmen die Grenzen der Scham im Zusammenhang mit Nacktheit, Privatheit und Intimität bei Ihren Pflegekunden mit Demenz. So kann es dann sein, dass sich der Betroffene bei Ihren Pflegehandlungen in seiner Würde verletzt fühlt und sich schämt.

Scham ist eine tiefgreifende Emotion, die im pflegerischen und medizinischen Alltag häufig übersehen wird. Doch gerade wenn man krank, geschwächt und auf Hilfe angewiesen ist, wird Scham häufig besonders intensiv empfunden – als Schwäche, Verletzlichkeit und Ausgeliefertsein. Scham ist ein zutiefst negatives Gefühl, das Sie sicher auch aus eigener Erfahrung gut kennen.

7 typische Schamsituationen in der Pflege

Hervorgerufen wird Scham in ganz unterschiedlichen Situationen. Auch spielt die soziale und kulturelle Herkunft des Betroffenen eine große Rolle. Die 7 häufigsten Situationen, die für Ihre demenzerkrankten Pflegekunden mit Schamgefühl verbunden sind, können Sie dieser Übersicht entnehmen:

Übersicht: Was sind typische Auslöser von Scham?

  1. Eingriff in die Intimsphäre: Bei einem direkten körperlichen Eingriff in die Intimsphäre Ihres Pflegekunden, z. B. bei der Hilfe zur Körperpflege oder Intimtoilette
  2. Gesellschaftliche Erwartungen: Empfinden, den gesellschaftlichen Erwartungen nicht zu entsprechen. So kann es z. B. vorkommen, dass ein Mensch mit Demenz mitten im Bus anfängt, sich zu entkleiden. Sobald sich Ihr Pflegekunde seiner Handlungsweise bewusst wird, kommt es oft zu Wutausbrüchen oder spontanem Weinen, weil er sich schämt.
  3. Demütigung: Empfundene Demütigung durch andere Menschen, z. B. durch die übertriebene Hilfsbereitschaft von Angehörigen oder unangemessene Hilfe bei einfachen Verrichtungen.
  4. Entstellungen: Bei Entstellungen des eigenen Körpers durch Krankheit, wie z. B. bei großen Wunden.
  5. Kontrollverlust: Bei Kontrollverlust über den eigenen Körper oder bestimmte Körperfunktionen, z. B. bei Harn- oder Stuhlinkontinenz.
  6. Zunehmende Abhängigkeit: Bei zunehmender Abhängigkeit von der Hilfe anderer Menschen, wie dies bei einer fortschreitenden Demenz oft der Fall ist.
  7. Körperbildstörung: Bei Körperbildstörungen, wie sie besonders bei Menschen mit Demenz vorkommen. Sie fühlen sich hässlich, entstellt und schämen sich für das Aussehen ihres Körpers.

7 Beispiele für beschämtes Verhalten

Jeder Mensch besitzt ein Schamgefühl. Entscheidend ist, dass Sie rechtzeitig erkennen, wann Sie die Schamgrenze Ihrer Pflegekunden erreichen oder sogar überschreiten. So erkennen Sie, dass Ihr Pflegekunde mit Demenz Scham empfindet:

  • Ihr Pflegekunde errötet bei der Pflege.
  • Ihr Pflegekunde weist bestimmte Pflegehandlungen zurück, z. B.: „Sie müssen mich nicht waschen.“
  • Die angebotene Hilfe wird trotz Bedarf nicht angenommen, z. B. schleppt sich Ihr Pflegekunde mit viel Mühe und unter Aufbringung all seiner Kräfte zur Toilette.
  • Ihr Pflegekunde weint, wenn Sie ihn pflegerisch versorgen, z. B. beim Verbandwechsel, bei der Körperpflege oder beim Essenanreichen.
  • Ihr Pflegekunde zeigt während der Pflege herausforderndes Verhalten, z. B. durch Provokationen oder ungerechtfertigte Beschuldigungen.
  • Ihr Pflegekunde umklammert krampfhaft seine Bettdecke, damit Sie die Pflege nicht durchführen können.
  • Ihr Pflegekunde mit Demenz wird Ihnen gegenüber verbal ausfallend oder versucht, Sie zu schlagen, zu kneifen oder gar zu bespucken, wenn Sie Pflegehandlungen durchführen möchten.

Hinweis:

All diese Punkte können mit Scham zu tun haben, aber besonders in einer Demenz kann es auch andere Gründe geben. Daher ist Ihre einfühlsame Beobachtung notwendig.

Nehmen Sie Ihren Pflegekunden ernst

Während der Pflege- und Betreuungsarbeit sollten Sie Ihren Pflegekunden stets genau beobachten, z. B. seine Mimik, Sprache und Reaktion.

Wenn Sie dann feststellen, dass eine Situation für Ihren Pflegekunden schambehaftet ist, sollten Sie ihm gegenüber offen sein und ein Gefühl der „Normalität“ vermitteln. Überlegen Sie auch im Team, wie Sie schambesetzte Situationen mildern können.

7 Tipps, wie Sie mit Schamgefühlen in der Pflege umgehen können

  1. Tipp: Gehen Sie nach Möglichkeit auf individuelle Wünsche Ihres Pflegekunden ein.
  2. Tipp: Informieren Sie Ihren Pflegekunden immer rechtzeitig über Ihr Vorhaben, bevor Sie eine Pflegehandlung durchführen.
  3. Tipp: Sprechen Sie während Ihrer Pflegetätigkeit immer mit Ihrem Pflegekunden.
  4. Tipp: Achten Sie auf Ihre eigene Mimik. Denken Sie immer daran, dass Ihre Pflegekunden auch anhand Ihrer nonverbalen Kommunikation auf Ihre Gedanken schließen können.
  5. Tipp: Beobachten Sie, welche Situation Ihrem Pflegekunden am meisten zu schaffen macht, und überlegen Sie, wie Sie ihm am besten helfen können, damit die Situation weniger belastend gestaltet werden kann.
  6. Tipp: Beziehen Sie die Angehörigen mit ein und fragen Sie nach Lösungsmöglichkeiten.
  7. Tipp: Akzeptieren Sie die Scham des Pflegekunden und verharmlosen Sie sie nicht. Versuchen Sie, die Situation aus seiner Perspektive zu betrachten.