Altersdepression: Wie sie sich äußert und welche Therapiemöglichkeiten es gibt

So unterstützen Sie pflegebedürftige Senioren mit der Diagnose
Mann stützt sich auf Arm ab.
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Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass circa 15% aller Senioren von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Während ein Teil der älteren Menschen bereits in jungen Jahren von Depressionen betroffen war, wurde bei den anderen die Diagnose „Altersdepression“ erst im fortgeschrittenen Alter gestellt. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass statistisch besonders Frauen im Rentenalter dazu neigen, an Depressionen erkranken.

Was ist eine Altersdepression?

Von einer Altersdepression wird in der Gerontopsychiatrie gesprochen, wenn Menschen ab dem 65. Lebensjahr an einer Depression erkranken.

Die Anzeichen einer Depression richtig zu deuten, ist eine Kunst, die selbst erfahrenen Ärzten schwerfällt. Darum sollten Pflegekräfte und pflegende Angehörige bei ihrem Kontakt mit Senioren aufmerksam bei der Sache sein, um eventuelle Auffälligkeiten oder deutliche Veränderungen im Auftreten des alten Menschen dem Arzt sofort mitteilen zu können.

Vorsicht

Probleme mit der Sprache, dem Gedächtnis und/oder Konzentrationsschwierigkeiten können bei Menschen im Alter als Warnsignal für eine Demenz verstanden werden. Es muss aber keine Demenz sein, da diese Symptome auch für eine Altersdepression sprechen können.

Altersdepression und Demenz: Die 4 größten Unterschiede

  1. Während sich eine Altersdemenz langsam und schleichend ankündigt, kann eine Depression über Nacht auftreten.
  2. Des Weiteren sind sich Senioren, die an einer Demenz leiden, ihrer Situation nicht bewusst. Sie würden, wenn man sie auf ihre Erkrankung anspricht, diese sogar leugnen. Bei älteren Menschen mit einer Altersdepression ist das anders, sie wissen sehr wohl was passiert.
  3. Eine Altersdemenz lässt sich auch daran erkennen, dass die betroffenen Patienten oft orientierungslos sind, was bei an Depressionen erkrankten alten Menschen nicht der Fall ist.
  4. Bekommen geriatrische Patienten mit Depressionen Antidepressiva verschrieben, bessern sich die Symptome meist recht schnell.

Altersdepression: Was sind die Symptome der psychischen Erkrankung?

Eine Vielzahl an Symptomen können für eine Depression sprechen, doch treten nicht immer alle bei einem Patienten auf. In der Psychotherapie hat sich darum etabliert, dass erst beim Auftreten von 3 Haupt- und 2 Nebensymptomen die Diagnose „Altersdepression“ gestellt wird. Nachfolgend sind die wichtigsten Symptome einer Altersdepression aufgeschlüsselt auf die Pflegekräfte und oder pflegende Angehörige während ihres Kontakts mit Senioren achten sollten.

  • Niedergeschlagene, hoffnungslose und depressive Stimmung: Senioren, die von Depressionen betroffen sind, zeigen eine niedergeschlagene und depressive Stimmung, die bis zur Verzweiflung gehen kann. Sie haben keine Lust mehr auf ihre Hobbys oder auf Kontakt mit Menschen und ziehen sich vollkommen aus ihrem Sozialleben zurück.
  • Starke Antriebslosigkeit: Unabhängig des Lebensalters zeigen an Depressionen erkrankte Menschen eine starke Antriebslosigkeit. Selbst kleine Dinge, wie zum Beispiel das morgendliche Aufstehen oder die tägliche Körperhygiene fallen in so einer Phase unheimlich schwer und werden darum oft vernachlässigt.
  • Suizidversuch/Suizidgedanken: Wird die Altersdepression nicht rechtzeitig erkannt, können vor allem während der depressiven Phase Suizidgedanken auftreten. Spätestens jetzt müssen Pflegekräfte bzw. pflegende Angehörige reagieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen (z. B. eine psychotherapeutische Behandlung, die Einnahme von Psychopharmaka usw.), um einen eventuellen Suizidversuch des alten Menschen zu verhindern.  
  • Schlechte Aufmerksamkeit und Konzentration: Altersdepression kann dazu beitragen, dass sich die kognitiven Fähigkeiten alter Menschen rasant verschlechtern. Der Grund hierfür ist, dass sich die Erkrankten im Alter schwertun, sich zu konzentrieren. Es ist ihnen fast unmöglich, mit ihren Gedanken bei ihrer zu erledigenden Aufgabe zu bleiben und/oder diese zu beenden. Des Weiteren ist es für erkrankte Senioren nicht mehr so leicht wie früher, sich Neues zu merken. Eben die Verschlechterung der Merkfähigkeit und der kognitiven Fähigkeiten im Alter werden gerne fehlgedeutet, da diese Symptomatik eher mit einer Demenz in Verbindung gebracht wird als mit einer psychischen Erkrankung. Vor allem, wenn der alte Mensch auf andere einen verwirrten Eindruck macht.
  • Entscheidungsprobleme: Patienten mit einer Altersdepression haben Angst Fehler zu machen. Eben durch diese Angst sind sie kaum mehr fähig, Entscheidungen zu treffen. Sie fragen sich ständig, ob die Entscheidung, die sie getroffen haben, wirklich richtig ist und spielen kontinuierlich das Für und Wider ihrer Möglichkeiten im Kopf durch.
  • Schlechtes Selbstwertgefühl: Zeigen alte Menschen wenig Selbstwertgefühl oder Selbstvertrauen, sind sie anfälliger, an einer Depression zu erkranken. Pflegende Angehörige und/oder Pflegekräfte sollten aber dazu auch wissen, dass sich der alte Mensch bei einem schlechten Selbstwertgefühl bereits in einer depressiven Phase befinden kann. In einer solchen Phase traut sich der Patient nichts mehr zu, da er seine eigenen Fähigkeiten völlig falsch einschätzt bzw. unterschätzt.
  • Wertlosigkeit/Schuldgefühle: Läuft etwas schief, neigen von Depressionen betroffene Menschen im Alter dazu, die Schuld bei sich selbst zu suchen. Sie haben das Gefühl, dass sie für ihre Mitmenschen eine Belastung sind.
  • Pessimismus: Menschen mit einer Altersdepression neigen zu einer eher pessimistischen Lebenseinstellung. Sie gehen davon aus, dass sich an ihrer in ihren Augen schlechten Lebenssituation ja sowieso nichts ändert.
  • Wenig bis gar kein Appetit (Verlust des Körpergewichts): An Altersdepression erkrankte Menschen haben kaum bis gar keinen Appetit, was dazu führt, dass diese kaum mehr Nahrung zu sich nehmen. Abhängig von der Ausprägung der depressiven Phase kann das zu einem starken Verlust an Körpergewicht führen. Es kann aber auch umgedreht sein, dass Menschen mit Depressionen regelrechte Fressattacken entwickeln.
  • Schlafstörungen: Depressive Senioren können auch von Durch- oder Einschlafstörungen betroffen sein. Sie wachen oft morgens sehr früh auf und können nicht mehr weiterschlafen, da ihre Gedanken ständig kreisen.
  • Angst/Angstzustände: Abhängig vom Schweregrad einer Altersdepression können Senioren schlimme Angstzustände entwickeln.
  • Gefühllosigkeit/Innere Leere: Der an Depressionen erkrankte ältere Mensch wirkt gleichgültig gegenüber seinem Partner, seinen Kindern oder Enkelkindern und fühlt sich von allen missverstanden.
  • Schmerzen und Verdauungsprobleme: Depressionen können sich auch in körperlichen Beschwerden manifestieren in dem z. B. Schmerzen in den Muskeln, den Gliedern, im Rücken oder im Kopf, ohne eine erkennbare Ursache, auftreten.

Wissenswert:

Altersdepressionen können auch der Grund sein, warum die Libido des alten Menschen ganz oder teilweise verloren geht – Stichwort: Funktionsverlust/erektile Dysfunktion.

Achtung

Zeigen Senioren die Symptome einer Depression ist das zwar schlimm, doch kann diese Krankheit mithilfe von Medikamenten oder einer psychotherapeutischen Behandlung geheilt bzw. so gut wie geheilt werden. Auch dann, wenn es sich um eine schwere Depression handelt. Die durch eine Depression hervorgerufenen Einschnitte in der Lebensqualität müssen nicht als gegeben hingenommen werden.

Unabhängig vom Alter des Patienten sind die Symptome der psychischen Erkrankung „Depression“ immer identisch. Das sind z. B.

  • Interessenverlust
  • Antriebslosigkeit
  • Schlafstörungen und
  • Niedergeschlagenheit.

Achtung

Leider gestaltet sich die Diagnose bei älteren Menschen äußerst schwierig, da die Symptomatik einer Altersdepression oft durch altersbedingte Krankheitsbilder überdeckt wird. Des Weiteren ist es für den Arzt aufgrund des hohen Alters des Patienten naheliegender, dass die Beschwerden auf den natürlichen Alterungsprozess zurückzuführen sind. Eben genau aus den beiden genannten Gründen werden bei vielen alten Menschen Depressionen erst sehr spät oder überhaupt nicht erkannt.

Was sind die Ursachen bzw. die Risikofaktoren, die das Entstehen einer Altersdemenz begünstigen können?

Wissenschaftler sind der Meinung, dass für das Entstehen einer Depression verschiedene psychosoziale, biologische und genetische Faktoren der Grund sind. Ist die genetische Veranlagung für Depressionen vorhanden, kann die Krankheit jederzeit ausbrechen. Dabei spielt das Lebensalter des Patienten keine Rolle.

Doch auch Stress, Belastung, Überforderung und Verlust im Leben des älteren Menschen sind Faktoren, die das Entstehen einer Altersdepression begünstigen können.

Schwerwiegende Verlusterlebnisse können einen starken Einfluss auf die Psyche eines alten Menschen haben. Derartige schwerwiegende und vor allem prägende Verlusterlebnisse sind:

  • Der Tod nahestehender Personen oder des Partners.
  • Der Verlust von Erfolg und Anerkennung (Eine Empfindung, die viele Senioren haben, wenn sie von ihrem Beruf in den wohlverdienten Ruhestand wechseln.)
  • Der Verlust von Zuwendung (z. B. Scheidung oder die Kinder ziehen weg).
  • Der Gesundheitszustand verschlechtert sich plötzlich.
  • Der alte Mensch verliert seine Wohnung oder seinen Besitz, weil ihm durch die Rente nicht mehr genügend finanzielle Mittel für den Unterhalt zur Verfügung stehen.
  • Senioren verlieren ihre langjährigen sozialen Kontakte, weil Freunde verstarben, ins Altenheim gingen oder die von Depressionen betroffenen Patienten selbst nicht mehr entsprechend mobil sind, um Familie und/oder Freunde zu besuchen.
  • Fehlende Anerkennung und mangelnde Erfolgserlebnisse werden oft als demütigend wahrgenommen, was ebenfalls einen schwerwiegenden Effekt auf die Psyche der Senioren haben kann.
  • Der Senior überfordert sich, in dem er von sich selbst Höchstleistungen erwartet. Er will alles zu 100% erledigen und ist dann enttäuscht, weil er nicht mehr dieselbe Leistung im Alter, wie das in seiner Jugend, erbringen kann.
  • Die seelische Verletzbarkeit bzw. die Persönlichkeitseigenschaften der alten Menschen sind ebenfalls entscheidend, wie stark jemand dafür anfällig ist, an Depressionen zu erkranken.
  • Ein biochemisches Ungleichgewicht im Gehirn, wie es durch eine Nebennierenschwäche, einen Vitamin D–Mangel oder einen durcheinandergeratenen Serotonin- und Noradrenalin Spiegel entstehen kann, kann ebenfalls das Entstehen einer Depressionserkrankung begünstigen.
  • Traumatische Erlebnisse aus der Jugend oder der Kindheit können im Alter wieder aufbrechen und für schwerwiegende Altersdepressionen sorgen.
  • Werden Medikamente eingenommen oder abgesetzt kann das ebenfalls die Ursache für das Entstehen einer Altersdepression sein. Derartige Medikamente, die mit einer gewissen Vorsicht eingenommen werden sollten, wären z. B. Antibiotika, Neuroleptika, Beta-Blocker, Sexualhormone usw.

Diagnose Altersdepression: Der Besuch beim Arzt

Selbst für einen erfahrenen Arzt ist es schwer eine Altersdepression bei einem geriatrischen Patienten zu erkennen. Vor allem, da dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit in erster Linie seine körperlichen Beschwerden (z. B. ständige Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen usw.) ansprechen wird. Hinzu kommt noch, dass die Symptome aufgrund des hohen Alters des Patienten nicht selten falsch interpretiert. Um zu das zu verhindern ist eine ausführliche Diagnose unumgänglich.

  • Blutuntersuchungen, um eine Erkrankung der Schilddrüse und andere Krankheiten, die ein hormonelles Ungleichgewicht verursachen, auszuschließen. (z. B. Krebs, Nebennierenschwäche, Vitamin D-Mangel usw.)
  • Gehirnuntersuchung (MRT/EEG)
  • Der Arzt verschafft sich einen genauen Überblick darüber, welche Medikamente der von einer Altersdepression betroffene Mensch einnehmen muss. Gibt es Unverträglichkeiten? Kam ein neues Medikament dazu?
  • Neben den körperlichen Beschwerden wird der Arzt den Patienten auch direkt zu seinen näheren Lebensumständen befragen. Sind erst kürzlich enge Freunde oder nahe Familienmitglieder verstorben?
  • Manche Ärzte greifen für eine Diagnose auf standardisierte Fragebögen zurück, um den Schweregrad einer Altersdepression zu ermitteln.

Wissenswert

Es gibt eine Reihe an Krankheiten, die an sich relativ harmlos sind, aber ernste Depressionen nach sich ziehen können.

Was hat ein Vitamin D-Mangel mit einer Depression zu tun?

Viele geriatrische Patienten sind psychisch oder physisch derartig stark eingeschränkt, dass sie sich nicht mehr so frei wie früher bewegen können. Darum gehen sie auch oft nicht mehr nach draußen in die Sonne, da sie Angst haben zu stürzen. Doch das führt dazu, dass die Vitamin D-Produktion schlechter wird. Ein Mangel des Sonnenvitamins entsteht, der sich durch viele Symptome manifestieren kann, wie z. B. eine Depression. Vitamin D ist nämlich ein wichtiger Baustein im menschlichen Körper, um einen ausgewogenen Dopamin- und Serotoninspiegel sicherzustellen. Wissenschaftler vermuten, dass ein Mangel des Hormons Depressionen auslösen kann.

Wissenswert

Um Depressionen zu behandeln, die durch einen Vitamin D-Mangel ausgelöst wurden, verschreibt der Arzt als Therapie üblicherweise Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Je nachdem, wie stark der Mangel ausgeprägt ist, kann es einiges an Zeit benötigen, um den Vitamin D-Spiegel wieder auszugleichen. Während dieser Zeit muss das Blutbild des alten Patienten konsequent überwacht werden. Ist der Vitamin D-Spiegel im Blut wieder innerhalb der Norm, kommt in der Regel auch die Lebenslust des Seniors ganz schnell wieder.

Kann eine Schilddrüsenunterfunktion zu Depressionen führen?

Ja. Die Auswirkungen einer Schilddrüsenunterfunktion werden gerne unterschätzt, doch können zu wenig Schilddrüsenhormone für das Entstehen einer ernsten Altersdepression sorgen. Darum sollten sich die geriatrischen Patienten, die noch eine Schilddrüse haben, bei einer Verdachtsdiagnose auf Depressionen unbedingt die Schilddrüsenwerte abnehmen lassen. Die alten Menschen, deren Schilddrüse bereits entfernt wurde, werden wahrscheinlich eine Anpassung der Hormondosis benötigen. Manchmal kann aber auch ein Wechsel der Medikamentenmarke helfen, damit sich der Patient wieder wohlfühlt.

Kann eine Nebennierenschwäche zu einer Depression führen?

Ja, auch eine Nebennierenschwäche kann der Grund für die Symptome einer Altersdepression sein. Diese ist oft nicht so einfach zu erkennen, da die Cortisol-Werte im Blut oft völlig normal sind. Erfolgt die Cortisol-Messung über den Speichel, sieht es dann wiederum doch ganz anders aus.

Tipp

Trinken Senioren sehr viel Kaffee, haben extremen Heißhunger auf Süßes und Käse, ist eher von einer Nebennierenschwäche auszugehen als von einer Depression. Besteht der Verdacht einer Nebennierenschwäche, sollte der Arzt gezielt darauf angesprochen werden.

Welche Möglichkeiten gibt es, um eine Altersdepression zu behandeln?

Wie eine Altersdepression am effizientesten behandelt werden kann, hängt von deren Schweregrad ab. Während für einige geriatrische Patienten eine psychotherapeutische Behandlung ausreichend ist, sind andere auf medikamentöse Hilfe angewiesen. Bis das richtige Antidepressiva gefunden wird, kann aber einiges an Zeit in Anspruch nehmen, da Senioren meist noch eine Reihe weiterer Medikamente einnehmen müssen.

Wie sieht der Krankheitsverlauf einer Altersdepression aus?

Eine Altersdepression sollte immer zeitnah behandelt werden, da die psychische Störung sonst chronisch werden kann.

Achtung, der Todeswunsch eines Seniors muss nicht unbedingt für eine seelische Störung sprechen. Vor allem, da manche alte Menschen aufgrund von altersbedingten Erkrankungen das Gefühl haben, ihr Leben gelebt zu haben Ruhe herbeisehnen.

Werden Altersdepressionen rechtzeitig behandelt (mithilfe einer Psychotherapie oder medikamentösen Therapie), ist die Chance auf eine Heilung relativ hoch. Allerdings sind die Rückfallquoten genauso hoch. Aus diesem Grund ist eine dauerhafte Behandlung der Betroffenen sinnvoll.