Psychopharmaka in der Pflege – Praxistipps für mehr Sicherheit 

Seniorer Mann liegt im Bett und erhält seine Medikamente in die Hand.
© Robert Kneschke
Inhaltsverzeichnis

Medikamente sind aus der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen nicht mehr wegzudenken. Auch Psychopharmaka finden in der Pflege regelmäßig Verwendung. Das Pflegepersonal trägt mit der sicheren Anwendung dieser Präparate eine hohe Verantwortung – besonders im stationären Setting sind deshalb Leitlinien und Standards unumgänglich. Nur so können die hochwirksamen Medikamente zum Wohl des Patienten eingesetzt werden. Dieser Artikel informiert pflegende Angehörige und Pflegekräfte über wichtige ethische Überlegungen und gibt praktische Hinweise für den sicheren Umgang mit Psychopharmaka in der Pflege.

Was sind Psychopharmaka? 

Psychopharmaka sind Medikamente, die vor allem auf das Gehirn (zentrales Nervensystem) wirken. Sie sind verschreibungspflichtig und können die Therapie psychischer Erkrankungen unterstützen.

Auch pflegebedürftige Menschen nehmen des Öfteren Psychopharmaka ein. Haus- oder Fachärzte (Psychiater oder Neurologen) stellen hierbei das Rezept aus. Die Verabreichung der verordneten Psychopharmaka verantworten schließlich die pflegenden Angehörigen beziehungsweise die Pflegefachkräfte.

Die genannten Medikamente können je nach Dosierung erheblichen Einfluss auf Denken, Fühlen und Verhalten der Pflegebedürftigen nehmen. Auch Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind möglich. Am Ende spielen für den Effekt der Präparate auch Details wie Tageszeit der Einnahme und vorausgehende sowie nachfolgende Mahlzeiten eine Rolle. Daher sollten sich Pflegepersonal, Betreuer und Verwandte über die wichtigsten Hinweise zum Umgang mit Psychopharmaka in der Pflege informieren und so an Handlungssicherheit gewinnen. 

Welche Psychopharmaka gibt es?

Psychopharmaka lassen sich nach ihrer therapeutischen Wirkung einteilen. Während beispielsweise Antidepressiva stimmungsaufhellende und antriebsteigernde Wirkungen zugeschrieben werden, sollen Anxiolytika Angst lösen. Antidementiva können hingegen demenzielle Symptome und deren Fortschreiten eindämmen.

Verwendete Psychopharmaka in der Pflege fallen meist in die folgenden Kategorien:

AntidepressivaWie der Name schon sagt, sind Antidepressiva Medikamente, die bei Depressionen Anwendung finden. Da es sich dabei um die häufigste psychische Erkrankung handelt, befasst sich auch die Pflege mit diesen Medikamenten. Sie sollen die Stimmung aufhellen und den Antrieb steigern. 
Antipsychotika (Neuroleptika)Hier steckt die Wirkung ebenfalls bereits im Namen – Antipsychotika sollen psychotische Zustände (z. B. Wahn, Halluzinationen) lindern. Diese Symptome kommen beispielsweise im Rahmen einer Schizophrenie oder einer manischen Depression mit extremen Stimmungsschwankungen (auch: bipolare Störung) vor. 
PhasenprophylaktikaSie sollen Antrieb und Stimmung stabilisieren und dem Neuauftreten von psychotischen oder manischen Phasen vorbeugen.
AnxiolytikaBei Anxiolytika – manchmal auch Tranquilizer genannt –  handelt es sich um angstlösende Psychopharmaka. Sie kommen auch zur Entspannung und Förderung des Schlafs zum Einsatz. 
AntidementivaDiese Psychopharmaka sollen dem Fortschreiten der Demenz und des Gedächtnisschwunds aufgrund natürlicher Alterung vorbeugen. Sie können auch bei bestehender Demenz (oder Alzheimer-Demenz) zur Aufrechterhaltung des Funktionsniveaus der Patienten eingesetzt werden.
AntiparkinsonmittelAntiparkinsonmedikamente sind ebenfalls typisch für den Bereich Altenpflege – sie sollen auf Nervenebene (neuronaler Ebene) die Symptome von Parkinson eindämmen.

Psychopharmaka können also eine ganze Menge unterschiedlicher Effekte erzielen – dementsprechend unterscheiden sie sich auch in ihren spezifischen Wirkweisen.

Wie wirken Psychopharmaka? 

Psychopharmaka wirken auf die Signalübertragung im Gehirn. Diese geschieht vor allem über chemische Botenstoffe (Neurotransmitter). Psychopharmaka können deren Wirkung verstärken, imitieren oder hemmen. 

Um das Wirkprinzip der Psychopharmaka nachzuvollziehen, gilt es zunächst die Signalübertragung (synaptische Übertragung) im zentralen Nervensystem zu verstehen. In den meisten Fällen läuft die Kommunikation zwischen Nervenzelle A und B folgendermaßen ab: Nervenzelle A scheidet einen Neurotransmitter aus, der dann an speziell dafür vorgesehenen Stellen auf der Oberfläche der Nervenzelle B (Rezeptoren) andockt und so ein Signal weitergibt. Neurotransmitter und Rezeptoren passen zueinander wie Schlüssel und Schloss.

Es gibt drei Gruppen von Psychopharmaka, die auf verschiedene Wege in diesen Prozess eingreifen: 

AntagonistenDas sind Gegenspieler des Neurotransmitters. Das bedeutet: Sie blockieren den Rezeptor und verhindern so, dass der Botenstoff das Nervensignal übermitteln kann.
AgonistenSie imitieren den Neurotransmitter. Agonisten sind quasi ein Duplikat des „Schlüssels“ und unterstützen den Botenstoff (z. B. Dopamin, Serotonin) bei seiner Arbeit. 
WiederaufnahmehemmerDiese Psychopharmaka unterbinden die Inaktivierung eines Neurotransmitters, die eigentlich nach abgeschlossener Signalübertragung erfolgt. Die Wirkung des Botenstoffs besteht damit länger fort und wird deshalb ebenfalls verstärkt. 

Übrigens

Viele dieser Mechanismen wurden nachträglich entdeckt, da die entsprechenden Medikamente bei bestimmten Gruppen psychischer Störungen wirkten. In groß angelegten bildgebenden Studien (also Studien mit Gehirnscans) ließen sich diese einzelnen Wirkungen jeweils für verschiedene Substanzen nachweisen. Viele Fragen zum genauen Effekt von Psychopharmaka sind allerdings bis heute ungeklärt. 

Wann kommen Psychopharmaka in der Pflege zum Einsatz? 

Wie auch im allgemeinen Fall kommen Psychopharmaka in der Altenpflege vor allem bei Depressionen zum Einsatz. Weiterhin lassen sich Psychosen, Schmerzen, Schlafstörungen und diverse Erkrankungen des Alters mit Psychopharmaka behandeln. 

Die folgende Auflistung gibt einen groben Überblick, wo Psychopharmaka im Kontext der Pflege vorkommen können:

  • Angststörungen
  • bipolare Störung 
  • Demenz
  • Depression
  • Depression infolge der Demenz 
  • Depression infolge eines Schlaganfalls
  • Epilepsie 
  • Parkinsonerkrankung 
  • Psychosen
  • Schmerzen
  • Schlafstörungen

Wann welches Medikament angezeigt (indiziert) und zu verordnen ist, entscheiden selbstverständlich Ärzte. Allerdings ist es wichtig, dass Pflegepersonal und Angehörige ebenfalls einen Überblick über mögliche Anwendungsfälle von Psychopharmaka in der Pflege haben. 

Denn sie sind den pflegebedürftigen Personen im Alltag viel näher und bekommen auffällige Veränderungen in Antrieb, Stimmung, Denken und Verhalten schneller mit. Außerdem können sie besser abwägen, inwiefern Betroffene auch ohne Medikation mit ihren psychischen, mentalen, sozialen oder verhaltensmäßigen Beeinträchtigungen im Alltag zurechtkommen (Funktionsniveau).

Wie gehen Pflegekräfte und Angehörige verantwortungsvoll mit Psychopharmaka um?

Der Schlüssel zu einem verantwortungsvollen und ethischen Umgang mit Psychopharmaka ist vor allem die gemeinsame Verständigung auf Standards und eine enge Kommunikation innerhalb multiprofessioneller Pflegeteams. Der Fokus auf aktivierende Pflege und die Verbesserung der Personalschlüssel sind ebenfalls wichtige Maßnahmen, um dem unnötigen oder fahrlässigen Einsatz von Psychopharmaka vorzubeugen. 

Denn: Zahlen von Krankenkassen belegen immer wieder, dass Bewohner einer Pflegeeinrichtung – vor allem Personen mit Demenz – weitaus häufiger mit Psychopharmaka behandelt werden als Menschen, die ambulante Pflege erhalten. Dass Psychopharmaka im Pflegeheim schneller zum Einsatz kommen, führen Experten unter anderem auf Personalengpässe in der stationären Pflege zurück. Zur Illustration ein Fallbeispiel:

„Frau D. hat eine schwere Demenz und entweicht andauernd dem Pflegeheim. Oft wird sie am nahegelegenen Fluss völlig aufgelöst wiederaufgefunden. Im Umgang mit den anderen Bewohnern ist sie zunehmend ungehalten. Sie bindet damit aktuell sehr viele personelle und zeitliche Ressourcen. In der Pflegevisite bespricht sich das Pflegeteam mit den Ärzten über die Möglichkeit, Frau D. sedierende Medikamente zu verabreichen. Damit soll einerseits die Pflegequalität für die anderen Bewohner gewährleistet sein und andererseits die Sicherheit von Frau D.“

In solchen Fällen gilt es vor allem drei Fragen zu klären:

  • Gibt es vielleicht die Möglichkeit zu einer Bedarfsmedikation anstelle einer Dauerbehandlung (z. B. nur an Tagen, an denen Frau D. besonders symptombelastet ist)?
  • Ist das geplante Medikament die richtige Behandlung (besteht also eine Indikation), oder ist eine andere Option besser geeignet (z.B. Antidementiva oder Antipsychotika bei Frau D.)?
  • Ist für die Ruhigstellung eine richterliche Genehmigung vorhanden?

Wichtig

Die Sedierung mithilfe von Psychopharmaka gilt als freiheitsentziehende Maßnahme und bedarf jedes Mal der richterlichen Genehmigung durch das Betreuungsgericht – festgelegt in § 1906 Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Was gilt es beim Umgang mit Psychopharmaka in der Pflege zu berücksichtigen? 

Vor, während und nach der Vergabe von Psychopharmaka in der Pflege gilt es einiges zu berücksichtigen. Schließlich ist wichtig, dass Psychopharmaka keine gesundheitliche Gefahr für die Behandelten darstellen, sondern ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität steigern können.

Häufig bieten Medikamentenpläne, die SIS-Pflegeplanung und Leitlinien der Pflegeeinrichtung (Pflegestandards) eine gute Orientierung für den Umgang mit Psychopharmaka in der Pflege. 

Pflegende Angehörige sowie Pflegepersonal sollten sich dennoch unbedingt informieren, worauf es für einen gewissenhaften und sicheren Umgang mit Psychopharmaka in der Pflege ankommt. Kenntnis über medikamentöse und psychopharmakologische Therapien gehört schließlich zum moderneN Pflegewissen dazu. Handlungssicherheit bei der Versorgung können die folgenden Checklisten bieten.

Bevor Psychopharmaka in der Pflege Anwendung finden

Dem Einsatz von Psychopharmaka sind auch in der Pflege Grenzen gesetzt. Damit die Psychopharmakotherapie sachgemäß abläuft, gilt es drei grundlegende Punkte zu klären:

WannPsychopharmaka werden nur mit Rezept und nach Einwilligung der gepflegten Personen beziehungsweise gegebenenfalls deren rechtlicher Betreuung verabreicht. Für die Sedierung mithilfe von Psychopharmaka braucht es in der Pflege wie auch in der Psychiatrie unbedingt eine richterliche Genehmigung. Weil manche Medikamente die Reaktionsfähigkeit und Motorik stark beeinträchtigen oder verlangsamen, kann das Risiko für Stürze und (Verkehrs-)Unfälle steigen – das gilt es, bezogen auf den Einnahmezeitpunkt zu bedenken. 
WerDie Verabreichung von Psychopharmaka sollten in der Heim-Pflege nur die Pflegefachkräfte übernehmen. Diese Aufgabe gilt es nicht an Pflegehilfskräfte zu delegieren. 
WieDie 10-R-Regel dient Pflegekräften beim Qualitätsmanagement im Umgang mit Medikamenten und ist damit auch bei der Verabreichung von Psychopharmaka eine wichtige Orientierung. Die Regel bietet nicht nur Anhaltspunkte bei Fragen zum Timing und der richtigen Dosierung psychopharmakologischer Präparate. Sie verweist auch auf die Bedeutung der fachgemäßen Dokumentation und des Risikomanagements.

Die Berücksichtigung dieser Aspekte ist der Anfang einer sicheren Versorgung mit Psychopharmaka. Der nächste Schritt sind die wichtigen Hinweise, die es während der Arzneimittelgabe zu beachten gilt.

Während der Verabreichung von Psychopharmaka in der Pflege 

Kleinste Abweichungen in der Dosierung oder im Zeitpunkt der Medikamentengabe können bei Psychopharmaka erhebliche Auswirkungen haben. Für ein wirksames und verantwortungsvolles Medikamentenmanagement sind daher drei Punkte essenziell:

Nur einzeln verabreichenWeil es bei manchen Präparaten schnell zu einer Überdosierung kommen kann, ist der Standard, Psychopharmaka nach Möglichkeit besser einzeln zu verabreichen.
Kontrolle bei der EinnahmeGerade Pflegekunden mit Demenz brauchen Unterstützung, um die Medikamente zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Dosierung anzuwenden. Daher gilt es, die Einnahme unbedingt zu überwachen. Bleiben Sie also dabei, bis die Tablette mit einem Glas Wasser geschluckt wurde. 
Kontrolle auf VorräteEs kann immer vorkommen, dass pflegebedürftige Menschen dennoch einen Weg finden, die Einnahme zu umgehen. Feststellen lässt sich dies nur, wenn im Zimmer Vorräte auftauchen. Sollten Sie eine Sammlung nicht eingenommener Tabletten bei Ihren Patienten finden, so entwenden Sie sie und kontaktieren Sie den behandelnden Arzt und gegebenenfalls Betreuer. 

Die Verantwortung des Pflegepersonals für den gewissenhaften und sicheren Einsatz von Psychopharmaka in der Pflege endet nicht mit der Medikamenteneinnahme: Auch nach der Arzneimittelgabe müssen Pflegekräfte auf wichtige Punkte achten.

Nachdem Psychopharmaka eingenommen wurden

Um sicherzustellen, dass Psychopharmaka so wirken wie vorgesehen, gilt es, folgende Hinweise zu beachten: 

DokumentationDie erfolgte Medikamentenvergabe ist täglich zu dokumentieren. Auch die Patientenbeobachtung (Ist die eintretende Veränderung in Verhalten und Erleben wie erwartet oder nicht?) gehört als fester Bestandteil dazu. Treten Krämpfe oder andere Komplikationen auf, sollten Sie besser nicht zögern und besser einen Arzt verständigen. 
SuizidalitätGerade, wenn Antidepressiva aufgrund einer starken Depression neu verabreicht werden, sollte das Pflegepersonal Betroffene besonders im Blick behalten. Denn durch das Medikament steigt vor allem erst einmal der Antrieb (Aktivität, Motivation) und dann erst die Stimmung. Das Risiko für Suizide ist daher in der Anfangsphase besonders hoch (für ca. 14 Tage).
AbhängigkeitManche Medikamente sind keinesfalls für eine Dauermedikation vorgesehen, weil sie sehr schnell abhängig machen. Dazu zählen Medikamente bei Angst, Schmerzen und Schlafproblemen, insbesondere Tranquilizer aus der Gruppe der Benzodiazepine. Hier gilt es also, auf Anzeichen einer Suchtentwicklung zu achten, bei Dauermedikation kritisch nachzufragen und bei Bedarfsmedikation eher zurückhaltend zu sein – nutzen Sie beispielsweise bei Schmerzen zunächst die Schmerzskala und verschiedene nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden. Psychopharmaka sind aufgrund solcher gefährlichen Nebenwirkungen unbedingt sicher zu verwahren.
Regelmäßige Blutkontrollen zur AbsicherungBei Psychopharmaka beginnt eine Therapie meist mit geringen Dosen und einer engmaschigen Überprüfung, wann sich die gewünschte Konzentration im Körper eingestellt hat (Medikamentenspiegel). Bei älteren Menschen braucht es dafür in der Regel geringere Mengen als bei jungen Patienten. Pflegepersonal sollte sicherstellen, dass diese Kontrollen auch wirklich regelmäßig durchgeführt werden – insbesondere, wenn die medikamentöse Einstellung noch nicht abgeschlossen ist. 

Es können immer wieder kritische Situationen auftreten, in denen selbst die erfahrensten Pflegkräfte mit der Psychopharmakotherapie überfordert und auf externen Rat angewiesen sind. Auch für pflegende Angehörige ist es sinnvoll, in solchen Situationen einen Plan parat zu haben und zu wissen, an wen man sich im Ernstfall wendet. 

Welche Probleme können mit Psychopharmaka in der Pflege auftreten?

Psychopharmaka sollen die Therapie psychischer Erkrankungen unterstützen. Pflegepersonal ist nur bedingt für den Umgang mit diesen Medikamenten geschult. Besonders die folgende Auswahl an kritischen Situationen kann daher herausfordernd sein. Indem Sie die jeweiligen Handlungsanweisungen beherzigen, schaffen Sie sich im Ernstfall Handlungssicherheit. 

Bedarfsmedikation: Psychopharmaka punktuell verabreichen

Wenn Psychopharmaka nur im Bedarfsfall zum Einsatz kommen, liegt es oftmals an den Pflegefachkräften zu entscheiden, ob, wann und wie viel verabreicht wird. Für das verantwortliche Pflegepersonal ist dies oftmals mit Unsicherheit verbunden. 

Im Zweifel beraten Sie sich bereits bei Einführung der psychopharmakologischen Bedarfsmedikation mit den behandelnden Ärzten. So lässt sich gemeinsam festlegen, in welchen Situationen welche Mengen des Medikaments zu verabreichen sind. Damit das jeder im Behandlungsteam nachvollziehen kann (auch potenzielle neue Kollegen), ist eine schriftliche Dokumentation des Vorgehens in Form von Checklisten und bestenfalls mit Beispielsituationen schriftlich erforderlich.

Verweigerung der Behandlung

Bei mangelnder Freiwilligkeit sollten pflegebedürftige Personen auf keinen Fall zur Einnahme von Psychopharmaka gezwungen werden. Schließlich gilt es, die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Pflegekunden sowie Patienten anzuerkennen. Wenn konstruktive Gespräche mit den betreuten Personen scheitern, bleibt nur die Möglichkeit, sich mit den behandelnden Fachärzten und gegebenenfalls der gesetzlichen Betreuung in Verbindung zu setzen. 

Ist ohne Medikation eine Selbst- oder Fremdgefährdung nicht auszuschließen, kann auch die richterliche Genehmigung für eine Zwangsmedikation oder die Zwangseinweisung in die Psychiatrie erwirkt werden. Bei Verlegung in eine entsprechende Fachklinik ist es dann wieder die Aufgabe der Pflege, den Krankentransport zu bestellen

Überdosierung 

Es kann schließlich auch bei Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen passieren, dass pflegebedürftige Personen Psychopharmaka überdosieren – sei es versehentlich oder absichtsvoll. Wird nicht rechtzeitig gehandelt, kann eine Überdosierung tödlich enden. Um im Ernstfall kompetent eingreifen zu können, sollten Sie folgende Warnzeichen kennen:

Symptome bei Überdosierung von Tranquilizern Symptome bei Überdosierung von Antidepressiva
Gestörte Bewegungsabläufe und Gangunsicherheit (inklusive erhöhtes Risiko für Unfälle/Stürze)Deaktivation lebenswichtiger Reflexe (z. B. Husten – kann zu Einatmen von Magensaft und Ersticken führen)Benommenheit, Bewusstlosigkeit bis hin zu Koma  stark reduzierter Blutdruck, abgeflachter Atem und schließlich Atemstillstand Verwirrtheit und UnruheBenommenheit oder Bewusstlosigkeit Herzrasen erhöhter Blutdruck und gesteigerte Temperatur muskuläre Auffälligkeiten (Zittern, Krämpfe und gesteigerte Muskelreflexe)

Bemerken Sie diese Muster an Veränderungen, sollten Sie folgende Schritte einleiten: 

Entfernen Sie gegebenenfalls Tablettenreste aus dem Mund. 
Überprüfen Sie, ob Ansprechbarkeit und Vitalzeichen (Atmung und Puls) nachweisbar sind.
Bei nicht vorhandenen Vitalzeichen, leiten Sie Maßnahmen zur Wiederbelebung ein (Herzdruckmassage, Defibrillator).
Sind die Vitalzeichen gegeben, aber die Ansprechbarkeit oder das Bewusstsein nicht, bringen Sie die Betroffenen unbedingt in die stabile Seitenlage – so verhindern Sie das Ersticken an Spucke oder Erbrochenem.
Verständigen Sie dann unverzüglich den Notarzt (Telefonnummer: 112).

Die Erfahrung zeigt: Solche Komplikationen sind in der Praxis recht selten. Um diese Eskalation wirksam zu verhindern, ist es wichtig, Psychopharmaka sicher zu verwahren und nur Einzeldosen zu verteilen. 

Fazit: Psychopharmaka in der Pflege – Standards bieten Handlungssicherheit

Psychopharmaka können in der Pflege sehr wirksam sein, um das seelische und soziale Wohlbefinden der betreuten Personen sowie deren Lebensqualität zu steigern. Pflegende Angehörige und Pflegekräfte sollten sich aber in jedem Fall über wichtige Rahmenbedingungen und mögliche Komplikationen informieren. Auch mithilfe von Leitlinien gewinnen sie Handlungssicherheit und gewährleisten einen ethischen und verantwortungsvollen Umgang mit Psychopharmaka im Kontext der Pflege.