Fragen bei der MD-Begutachtung – Herausforderung Demenz

Besser gut vorbereitet
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Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, benötigen einen anerkannten Pflegegrad, um finanzielle Zuschüsse von ihrer Pflegekasse zu erhalten. Insgesamt gibt es in Deutschland fünf Pflegegrade. Voraussetzung dafür ist eine Begutachtung der hilfsbedürftigen Person durch den Medizinischen Dienst (MD) (seit 2021; vorher sprach man vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)). 

MD-Begutachtung: Besuch sorgt oft für Beunruhigung

Der MD beurteilt bei einem Besuch beim Antragsteller zunächst, ob diesem nach den Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR) ein Pflegegrad zusteht. Dieser Besuch entscheidet nicht nur darüber, ob der Betroffene finanzielle Unterstützung durch seine Pflegekasse erhält, sondern auch über den Pflegegrad. Da die Höhe des Zuschusses vom jeweiligen Pflegegrad abhängt, sind viele Hilfsbedürftige, Angehörige und Pflegekräfte oft stark verunsichert, wenn sich der MD zur Pflegebegutachtung ankündigt. 

Das Begutachtungssystem des MD umfasst sechs Lebensbereiche: 

  • Gestaltung des Alltags/soziale Kontakte
  • Selbstversorgung
  • Mobilität
  • Verhalten/psychische Probleme
  • Bewältigung von/Umgang mit Belastungen, die durch Krankheit und Therapie entstehen
  • Kommunikative und kognitive Fähigkeiten

Welche Fragen stellt der MD?

Pflegepersonal, Angehörigen und Betroffenen sollte klar sein: Um sich ein Bild vom Grad der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit des Antragstellers zu machen, haben die Gutachter des MD viele Fragen im Gepäck. Denn Ziel der Begutachtung ist, die gesundheitlichen Einschränkungen des Antragstellers für verschiedene Lebensbereiche zu prüfen. Bewertet wird mit einem Punktesystem. Bei Pflegegrad 3 zum Beispiel darf der Antragsteller nicht mehr als 70 Punkte erzielen. 

Diese Fragen stellt der MD, um mögliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit beurteilen zu können:

  • Werden Medikamente selbstständig eingenommen oder benötigt der Patient Hilfe?
  • Geht er zu seinem Hausarzt oder kommt der Arzt ins Haus/in die Einrichtung?
  • Wohnt er allein oder mit einem Partner zusammen?
  • Benutzt er Hilfsmittel? Welche? (zum Beispiel Rollator, Brille, Hörgerät, Hausnotruf oder Gehhilfen)
  • Übernehmen Angehörige oder ein ambulanter Dienst die Pflege?
  • Wie lange dauert die Körperpflege täglich?
  • Kann er selbstständig stehen, laufen, sitzen und sich festhalten?

Bei häuslicher Pflege: 

  • Wie ist die Wohnung/das Haus ausgestattet? 
  • Wie viele Räume sind vorhanden?
  • Gibt es eine Dusche/Badewanne?
  • Ist die Wohnung/das Haus ebenerdig zugänglich?
  • Gibt es Treppen oder sonstige Hindernisse, um in den Wohnraum zu gelangen?
  • Hat die Dusche einen hohen oder ebenerdigen Einstieg? 

Im Detail geht es bei diesen Fragen auch darum, wobei genau der Antragsteller Hilfe benötigt: Etwa beim Waschen des Gesichts, beim Rasieren, bei der Zahnpflege oder beim Toilettengang. 

Benötigen Personen Hilfe bei der Nahrungsaufnahme, fragt der MD danach, ob das Essen mundgerecht zerkleinert werden muss. Wenn es um Mobilität geht, will der MD wissen, wo genau Unterstützung gebraucht wird. 

Info

Der MD interessiert sich auch für die hauswirtschaftlichen Fähigkeiten des Antragstellers. Kann er kochen und Geschirr spülen? Benötigt er Hilfe bei der Reinigung der Wohnung? Kann er einkaufen? Oder beim Waschen von Wäsche? 

Pflegebegutachtung im Heim: Alle Befunde sind wichtig

Der körperliche Zustand des Antragstellers steht bei einem Besuch des MD natürlich auch im Fokus. Die Anerkennung eines Pflegegrads hängt in hohem Maße von Befunden, ärztlichen Diagnosen und körperlichen Einschränkungen ab. Deshalb sollten alle notwendigen Unterlagen der Akte komplett vorliegen. Während die Beeinträchtigungen beim Pflegegrad 1 vom MD als moderat angesehen werden, liegen bei Pflegegrad 5 normalerweise schwere gesundheitliche Probleme vor. Deshalb müssen dem MD alle ärztlichen Befunde vorgelegt werden. Dazu gehört auch, ob eine bestimmte Krankheit dafür verantwortlich ist, dass der Betroffene pflegebedürftig geworden ist. 

Fragen des MD sind zum Beispiel: 

  • Fragen zum Alter, Gewicht, zur Größe
  • Welche Beeinträchtigungen/Krankheiten wurden diagnostiziert?
  • Wann war der letzte Krankenhausaufenthalt/Reha-Aufenthalt?
  • Besteht Inkontinenz? Muss der Patient Vorlagen oder Windeln tragen? Wechselt er diese selbstständig?
  • Hört und sieht er gut?
  • Wie beweglich sind die Gelenke? (Kann er die Arme hinter den Rücken führen, eine Faust machen und im Sitzen die Fußgelenke erreichen?)

Herausforderung Demenz

Demenzielle Erkrankungen sind in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Hier gibt es viele Therapiemöglichkeiten wie etwa basale Stimulation, die helfen können. Diese Leistungen müssen aber auch bezahlt werden. Der MD wird deshalb entsprechende Fragen zur Demenz stellen. 

Zum Beispiel: 

  • Liegt Demenz vor?
  • Liegt eine geistige Behinderung vor?
  • Liegen psychische Krankheiten vor?
  • Wie gestaltet sich die Freizeit?
  • Kann sich der Patient gut beschäftigen?
  • Gibt es Gedächtnisprobleme?
  • Ist er orientiert?
  • Wie ist es mit Kommunikation und Sprache?
  • Bestehen soziale Kontakte?
  • Werden gefährliche Situationen erkannt?
  • Läuft er manchmal weg?
  • Ist er manchmal aggressiv? 

Pflegestufe und Pflegegrad: Wo liegt der Unterschied?

Bis 2017 erhielten pflegebedürftige Personen eine Pflegestufe. Insgesamt gab es drei Pflegestufen. Diese wurden durch fünf Pflegegrade ersetzt. Mit dem neuen System achten Experten bei der Begutachtung nicht nur auf körperliche Einschränkungen, sondern auch psychische Faktoren.

Besuch vom MD: Wie verhält man sich richtig?

Um die Situation im Voraus einschätzen zu können, hilft ein Pflegegradrechner. Der kann einen voraussichtlichen Wert angeben, welcher Pflegegrad für den Erkrankten wahrscheinlich ist und wieviel Geld die Pflegekasse zahlen wird. Ansonsten heißt es: Ruhe bewahren. 

Treffen Sie rechtzeitig alle notwendigen Vorbereitungen, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Wichtig ist auch, dass Sie ausreichend Zeit einplanen. Manchmal ist mehr Zeit erforderlich, vor allem bei einer Überprüfung des Pflegegrads.

Beispiel: Sie sind der Meinung, dass Pflegegrad 4 erforderlich ist, dem Bewohner bislang nur Pflegegrad 2 zuerkannt wurde.

Wichtige Kriterien für den Besuch des MD: 

  • Sind alle Unterlagen vorhanden? (Dokumentation, Pflegetagebuch)
  • Kennen Sie die Begutachtungskriterien?
  • Ist der Antragsteller auf den Besuch vorbereitet?

Außerdem sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Beginnen Sie erst, wenn alle Beteiligten vor Ort sind
  • Führen Sie auch allein ein Gespräch mit dem Gutachter
  • Achten Sie darauf, dass alle sechs Lebensbereiche angesprochen werden 
  • Seien Sie vorsichtig bei Fragen nach einer Verschlechterung des Gesundheitszustands
  • Schützen Sie den Antragsteller nicht
  • Achten Sie darauf, alle relevanten Kriterien zu erwähnen

Vorsicht: Keine Fehler bei demenziell Erkrankten

Beim Begutachtungstermin besteht häufig kaum Zeit. Eine objektive Bewertung von Patienten mit Demenz ist deshalb schwierig. Oft kommt es zu einer Ablehnung eines Pflegegrads. Die Gutachter des MD sind auf Hilfe von Fachkräften angewiesen, um den jeweiligen Fall richtig einschätzen zu können. 

Fünf häufige Fehler bei der Begutachtung von Demenzkranken: 

  • Der Patient wird „feingemacht“, obwohl er Körperpflege normalerweise ablehnt und eventuell auch unangenehm riecht
  • Aus Rücksicht auf den Antragsteller werden Fragen nach Inkontinenz nicht angesprochen 
  • Die Pflegedokumentation ist nicht vollständig
  • Angenommen wird, dass eine Bescheinigung durch den Hausarzt ausreicht und keine Vorbereitung auf den Besuch des MD nötig ist
  • Der demenzkranke Patient wird vom MD befragt, ohne dass Pflegekräfte unter vier Augen mit dem Gutachter sprechen können

Beachten Sie als Pflegeperson auch diese Aspekte: 

  1. Sorgen Sie dafür, dass die zuständige Pflegefachkraft am Tag der Begutachtung anwesend ist. Sie kennt den Hilfebedarf des an Demenz Erkrankten am besten. Gibt es einen Betreuer, sollte dieser auf jeden Fall anwesend sein. Sie als Fachkraft in der Pflege sind in diesem Fall nur Gast des Geschehens.
  2. Notieren Sie alle Pflegemaßnahmen, die Sie durchführen. Hilfebedarf, der nicht dokumentiert wurde, wird meist bei durch den MD Gutachter nicht berücksichtigt.
  3. Der MD Gutachter sollte den Demenzkranken unbedingt in der Alltagssituation vorfinden. Wenn der Demenzkranke schlecht riecht oder ungewaschen ist, muss der MD damit konfrontiert werden. 
  4. Achten Sie darauf, dass der Hausarzt oder Neurologe die Diagnose „Demenz“ bescheinigt hat. Es könnte sonst zur Ablehnung eines Pflegegrads kommen. Ohne diese Bescheinigung können Sie keine zusätzlichen Betreuungsleistungen beantragen.

Fazit: Die MD-Begutachtung

Von einem Pflegegrad hängt vieles ab. Bei der dafür notwendigen Begutachtung durch den MD können viele Fehler passieren. Wichtig ist vor allem, Ruhe zu bewahren und sich gut auf den Termin vorzubereiten. 

FAQs: Häufige Fragen zum Thema Begutachtung durch den MD

Was ist der MD genau?

Der MD ist der sozialmedizinische Dienst der Krankenkassen. Er berät Kranken- und Pflegekassen und begutachtet Patienten, unter anderem auf Pflegebedürftigkeit.  

Wer arbeitet beim MD?

Fachleute aus dem Gesundheitswesen wie Fachärzte, Pflegefachkräfte, Pharmazeuten oder Medizintechniker. 

Was geschieht, wenn Sie mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden sind?

Bei Einwänden kann innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids bei der Pflegekasse Widerspruch eingelegt werden