
- Das Wichtigste in Kürze
- Wie verändert sich das Essverhalten bei fortschreitender Demenz?
- Warum ist selbstbestimmtes Essen auch im Alter so wichtig?
- An welchen Zeichen erkennt man eine bestehende oder drohende Unterernährung bei Demenzkranken?
- Wie lassen sich Schluckstörungen bei Demenz lindern und was sollten Pflegekräfte beachten?
- Was sind geeignete Speisen bei Schluckstörungen?
- Wie wirken sich Veränderungen der Mundschleimhaut auf das Ernährungsverhalten aus?
- Wie gehen Pflegekräfte vor, wenn Demenzerkrankte die Nahrung verweigern?
- Wie können Pflegekräfte durch ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit lebensbedrohliche Zustände vermeiden?
- Welche Rolle spielt Essen als basale Stimulation bei der Pflege von Menschen mit Demenz?
- Wie können Fingerfood und „Eat by Walking“ die Ernährung von Menschen mit Demenz verbessern?
- Auch Schwerstbetroffene können noch genießen – ein besonderes Erlebnis: Kochen am Bett
Essen und Trinken bedeuten für die meisten Menschen Genuss und soziales Miteinander – auch für Menschen mit Demenz. Bei fortschreitender Krankheit treten jedoch oft Ess- und Trinkstörungen auf. Damit Sie stressfrei reagieren können, ist es wichtig, das Verhalten zu verstehen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Genuss fördern, Unterernährung erkennen und behandeln, Schluckstörungen begegnen sowie mit basalen Stimulation das Geschmackserleben und die Selbstständigkeit unterstützen.
Das Wichtigste in Kürze
- Störungen beim Essen und Trinken: Menschen mit Demenz verlieren Fähigkeiten wie Kauen, Schlucken oder den Umgang mit Besteck. Sie essen zu schnell, zu langsam oder lehnen Lebensmittel ganz ab.
- Verlust von Genuss und Appetit: Mahlzeiten verlieren ihre soziale und sinnliche Bedeutung. Das Essen wird zur bloßen Nahrungsaufnahme, was Frust bei Betroffenen und Pflegenden auslöst.
- Beeinträchtigte Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme: Schluckstörungen, Appetitlosigkeit, ungeeignete Lebensmittel oder eine unruhige Umgebung erhöhen das Risiko für Mangelernährung und Dehydratation.
- Individuelle Maßnahmen durch gezielte Einschätzung: Ein Assessment zeigt frühzeitig Risiken auf. Angepasste Ernährung, aktivierende Begleitung und basale Stimulation fördern Selbstständigkeit und Lebensqualität.
Wie verändert sich das Essverhalten bei fortschreitender Demenz?
Mit dem Fortschreiten einer Demenz verlieren viele Betroffene nach und nach die Fähigkeit, selbstständig zu essen und zu trinken: Besteck wird nicht mehr richtig geführt, Speisen rutschen aus dem Mund, das Tempo beim Essen ist oft zu hoch oder zu niedrig, Husten und Würgen treten vermehrt auf. Genussvolle und sichere Mahlzeiten werden zur Ausnahme – eine Situation, die Sie aus dem Pflegealltag gut kennen. Je weniger Personen mit Demenz selbstständig essen und trinken können, desto mehr sind sie auf die Hilfe von außen angewiesen.
Warum ist selbstbestimmtes Essen auch im Alter so wichtig?
Verweigern Menschen mit Demenz die Mahlzeiten oder bleibt im hektischen Alltag kaum Zeit für ein achtsames „Essen-Reichen“, betrifft das mehr als nur die körperliche Versorgung:
- Die gemeinsame Mahlzeit verliert an Bedeutung.
- Zwischenmenschliche Nähe und Beziehungsgestaltung kommen zu kurz.
- Bei starkem Gewichtsverlust bleibt häufig nur noch Sondenkost: damit geht auch das letzte Stück Selbstständigkeit verloren.
Dabei erfüllt Essen weit mehr als nur den Zweck der Nährstoffzufuhr:
- Es strukturiert den Tag und gibt Halt im Alltag.
- Es spricht alle Sinne an: Geschmack, Geruch, Haptik und Optik.
- Es schenkt Freude, weckt Erinnerungen und schafft Lebensqualität, gerade im Alter, wenn andere Aktivitäten zunehmend entfallen.

An welchen Zeichen erkennt man eine bestehende oder drohende Unterernährung bei Demenzkranken?
Wenn Sie einen Pflegeauftrag beginnen oder sich etwas am Zustand Ihres Pflegekunden verändert hat, sollten Sie zuerst durch ein Screening prüfen, ob eine mögliche Unterernährung und Exsikkosegefahr (Austrocknung) bei Ihren Pflegekunden mit Demenz besteht. Ein Screening ist eine Kurzeinschätzung eines möglichen Risikos. Haben Sie im Screening ein Risiko festgestellt, erfolgt als Nächstes das Assessment, also die genauere Beurteilung der Gefährdung.
1. Risiko Kurzeinschätzung Unterernährung
Hier finden Sie ein Muster-Screening zum Risikobereich Unterernährung, welches wir zum einfacheren Gebrauch etwas abgewandelt haben.
Zeichen einer (drohenden) Unterernährung | Ja | Nein |
---|---|---|
Augenscheinlicher Eindruck/sichtbare Anzeichen von Unterernährung/Untergewicht, z. B. trockene Haut und Schleimhaut, zunehmende Verwirrtheit, konzentrierter Urin | â | â |
BMI < 20 | â | â |
Unbeabsichtigter Gewichtsverlust (> 5 % in 1 Monat oder > 10 % in 6 Monaten) | â | â |
Zu weit gewordene Kleidung | â | â |
Mehr als 1/4 Essensreste bei 2/3 der Mahlzeiten | â | â |
Erhöhter Energie/Nährstoffbedarf durch (Zutreffendes bitte unterstreichen): Hyperaktivität, Stress, akute Krankheit, Fieber, Dekubitus, Erbrechen, Blutverlust | â | â |
Zeichen von Flüssigkeitsmangel (Zutreffendes bitte unterstreichen): plötzliche Verwirrtheit, trockene Schleimhäute, konzentrierter Urin | â | â |
Auffällig geringe Trinkmenge (weniger als 1.000 ml pro Tag über mehrere Tage hinweg) | â | â |
Erhöhter Flüssigkeitsbedarf z. B. durch Fieber, stark geheizte Räume, Sommerhitze, unangemessen warme Kleidung Sonstige: | â | â |
Mangelnde Versorgungsstrukturen (z. B. allein lebend) | â | â |
Mangelnde Unterstützung im Haushalt | â | â |
Auswertung: Falls Sie mindestens einmal mit Ja geantwortet haben, besteht ein Risiko zur Unterernährung.
2. Assessment: Individuelle Gefährdungsbeurteilung Ernährungsrisiko
Durch das Assessment können Sie das individuelle Ernährungsrisiko genauer einschätzen. Das folgende Assessment hilft Ihnen dabei, Pflegeprobleme zu beschreiben. Daraufhin können Sie individuelle, auf Ihren demenzkranken Pflegekunden angepasste Maßnahmen planen.
Ursachen für geringe Nahrungsaufnahme | Ursachen für geringe Flüssigkeitsaufnahme |
---|---|
1. Persönliche Faktoren/Fähigkeitsverluste Bew./Pat. beherrscht den Essvorgang nicht mehr Funktionseinschränkungen in Händen/Armen Verletzungen im Mundraum, trockener Mund Zähne und Zahnprothese sind nicht intakt Bew./Pat. sieht und hört schlecht Weitere Einschränkungen | 1. Persönliche Faktoren/Fähigkeitsverluste Bew./Pat. erkennt vor ihm stehende Getränke nicht, kann sich Getränke nicht eingießen Bew./Pat. beherrscht den Trinkvorgang nicht Funktionseinschränkungen der Arme oder Hände Schluckstörungen Weitere Einschränkungen |
2. Unlust beim Essen/Appetitlosigkeit Psychische Belastung Akute Erkrankung Schmerzen Bewegungsmangel Verdacht auf Medikamentennebenwirkungen Auffallend reduzierter/veränderter Geschmacks- und Geruchssinn Andere Gründe | 2. Fehlende Lust am Trinken Schmerzen Reduziertes Durstgefühl Wunsch nach geringer Urinausscheidung Verschluckt sich leicht, hustet oft beim Trinken, Angst vor Verschlucken Andere Gründe |
3. Umgebungsfaktoren Essenssituation wird als unangenehm empfunden (Geräusche, Gerüche, Nachbarn) Inadäquate Essenszeiten (Zeitpunkt, Dauer) Beziehung zu den Versorgungspersonen Andere Gründe | 3. Umgebungsfaktoren Beziehung zu den Versorgungspersonen Wenig einladende Trinkgefäße Getränke sind nicht erreichbar Andere Gründe |
4. Essensangebot Unzufriedenheit mit dem Angebot, Essen schmeckt nicht Unangemessene Konsistenz Andere Gründe | 4. Trinkangebot Unzufriedenheit über Getränke, falsches Angebot Unangemessene Temperatur des Getränks Andere Gründe |
5. Gründe für erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf Höherer Energiebedarf (durch Krankheit, Fieber, Infektion, Tumor, offene Wunde, psychischen Stress, Blutverlust, starkes Erbrechen, Durchfälle) Hyperaktivität Andere Gründe | 5. Gründe für erhöhten Flüssigkeitsbedarf Starkes Schwitzen Krankheitsbedingter Flüssigkeitsverlust (durch Fieber, Erbrechen, Blutverlust, anhaltende Durchfälle) Medikamente zu Entwässerung, Abführmittel Andere Gründe |
Auswertung: Kreuzen Sie die für Ihren demenzbetroffenen Pflegekunden zutreffenden Gründe an und formulieren Sie sie anschließend in Ihrer Pflegeplanung als individuelle Pflegeprobleme aus. Anhand Ihrer Ergebnisse dieser Assessment-Einschätzung können Sie individuelle Maßnahmen ergreifen, um das Ernährungsrisiko zu minimieren.
Welche drei Faktoren erschweren die Nahrungsaufnahme bei Menschen mit Demenz besonders?
1. Erhöhter Energiebedarf Viele Demenzkranke sind sehr unruhig und bewegen sich viel, einige legen täglich mehrere Kilometer zurück. Dadurch steigt ihr Energiebedarf deutlich, teilweise auf 3.000–4.000â¯kcal (statt der empfohlenen 1.800â¯kcal für gesunde Senioren).
2. Gestörtes Hunger- und Sättigungsgefühl Manche haben ständig Hunger, andere fühlen sich nie hungrig. Körpersignale wie Übelkeit oder Magengrummeln werden falsch gedeutet, das Bedürfnis nach Essen oft nicht erkannt. Längeres Fasten kann zudem die Stimmung bessern: ein weiterer Hinderungsgrund für die Nahrungsaufnahme.
3. Beeinträchtigungen von Fertigkeiten und Kompetenzen Häufig können Menschen mit Demenz den Umgang mit dem Besteck, Serviette, Geschirr oder Gläser nicht mehr bewerkstelligen. Diese Übersicht zeigt die Nahrungsaufnahme je nach Stadium der Demenz.

Wie lassen sich Schluckstörungen bei Demenz lindern und was sollten Pflegekräfte beachten?
Viele Menschen mit Demenz entwickeln im Krankheitsverlauf sogenannte Schluckstörungen (Dysphagien).
Warum führt Demenz oft zu gefährlichen Schluckproblemen?
Schluckstörungen nehmen mit dem Fortschreiten der Demenz zu. Sie erschweren das Essen, erhöhen das Risiko des Verschluckens und machen die Nahrungsaufnahme zur anstrengenden Aufgabe. Da der Schluckreflex über 50 Muskelpaare benötigt, reicht eine geringe Störung im Gehirn, um den Ablauf zu beeinträchtigen. Angst vor dem Verschlucken oder Scham können zusätzlich den Appetit mindern.
Was sind die Symptome von Schluckstörungen?
- andauerndes Husten und Räuspern bei den Mahlzeiten
- Speichel- oder Nahrungsaustritt aus dem Mund
- häufiges Verschlucken oder Husten beim Essen
- Schwierigkeiten bei der Einnahme von Medikamenten
- vielfaches Schlucken ohne Transport der Nahrung in die Speiseröhre
- Verbleiben der Nahrung am Gaumen, in Mund oder Wangentasche nach der Mahlzeit
- Ablehnung der Nahrungsaufnahme
- erhöhte Temperatur, Lungenentzündung
- gurgelnde oder belegte Stimme
In diesen Fällen sollten Sie als erste Maßnahme immer den zuständigen Arzt um Rat bitten.
Welche pflegerische Maßnahmen helfen bei Schluckstörungen?
- Auch wenn der Betreute noch selbst essen kann, sollten Sie anwesend sein, um im Falle des Verschluckens helfen zu können. Achten Sie auf eine aufrechte Position bei der Nahrungsaufnahme.
- Dicken Sie bei Bedarf Flüssigkeiten an. Entsprechende Präparate zum Andicken von Nahrung gibt es in der Apotheke
- Lassen Sie Menschen mit Demenz unbedingt Ruhe und Zeit beim Essen.
- Achten Sie bei bettlägerigen Personen darauf, dass der Oberkörper nach Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme mindestens 20 bis 30 Minuten hochgelagert bleibt.
- Führen Sie nach dem Essen Mundhygienemaßnahmen durch, damit keine Speisereste im Mund bleiben.
- Reichen Sie möglichst gleichmäßig an, d. h. direkt nach dem Schlucken des vorangegangenen Bissens folgt die nächste Portion, damit der natürliche Impuls genutzt wird. Achten Sie auf ausreichend Zeit zum Atmen.
Was sind geeignete Speisen bei Schluckstörungen?
Je nach Schluckstörung dürfen die Speisen nicht zu flüssig, zu fest oder zu krümelig sein. Welche Speisen geeignet sind, können Sie der Übersicht ersehen.
Geeignete Speisen | Ungeeignete Speisen |
---|---|
Möhren, Brokkoli, Blumenkohl, Erbsen, Kohlrabi, Spinat, Sellerie, Tomatenfleisch ohne Schale, Rote Bete, Zucchini, Kürbis, Schnittbohnen, Spargelspitzen weich gekocht | Spargel, Fenchel, Lauch, Linsen, Mais, Bohnen, Erbsen, Sauerkraut, Kohl, Rettich, Küchenkräuter |
Weißbrot, entrindetes Weißbrot (altbacken), Mischbrot (altbacken) | Körnerbrot, sehr klebriges frisches Brot |
Kartoffeln | Bratkartoffeln, Kartoffelknödel, Pommes frites, Kartoffelchips, Reis |
Wasser, Tee (auch angedickt), Obst- und Gemüsesäfte, Leitungswasser | Stark schleimende Milchsuppen |
Gelatinespeisen, Pudding | Pralinen, Nussschokolade |
Cremesuppen | Klare Brühen mit Petersilie und klein geschnittenem Suppengemüse |
feine Streichwurst, Schmierkäse | Wurst mit Pistazien, grobe Leberwurst, Wurst mit Stückchen, grobe Wurst, Corned Beef, Schmelzkäse, Käse mit Nuss- oder Pfefferstücken |
Geflügel, Kalbfleisch, Kaninchen, feinfaseriges Schweinefleisch | Rindfleisch, trockenes zähes Fleisch |
Fisch ohne Gräten, Scholle ohne Haut, Lachs | Trockenes Fischfleisch, Fische mit Haut und Gräten, Matjes, panierte Fische |
Feuchtes Rührei, pochiertes Ei | Hart gekochtes Ei, Spiegelei, trockenes Rührei |
Weicher Sahnekuchen | Kuchen mit Nüssen, Rosinen, Mohn |
Milch, Buttermilch, Sauermilch, Milchshake, Kefir, Joghurt | Fruchtjoghurt mit Fruchtstückchen |
Wie wirken sich Veränderungen der Mundschleimhaut auf das Ernährungsverhalten aus?
Veränderungen im Ernährungsverhalten können durch Erkrankungen der Mundschleimhaut entstehen – etwa durch Schleimhautentzündungen (Mukositis), Infektionen, Verletzungen oder Nebenwirkungen einer Zytostatikatherapie. Schmerzen und Geschmacksveränderungen erschweren dann die Nahrungsaufnahme, besonders bei Demenz oder Krebserkrankungen. Konnten Sie eine Veränderung der Mundschleimhaut feststellen, ist eine Anpassung der Kost notwendig.

Wie gehen Pflegekräfte vor, wenn Demenzerkrankte die Nahrung verweigern?
Bei einer Nahrungsverweigerung sollten Sie zuerst auf Ursachenforschung gehen. Das ist oftmals jedoch leichter gesagt als getan, da Auslöser häufig vielfältig und nicht ohne Weiteres erkennbar sind. Wichtig ist, ob die Personen nicht können oder nicht wollen und ob die jeweiligen Maßnahmen den Betroffenen bei der Nahrungsaufnahme unterstützen oder ihn zwangsernähren. Seien Sie sensibel für die Grenze zu wohlgemeintem Helfen und Zwang!
Wie fördern Pflegekräfte bei Demenz eine akzeptable und stressfreie Nahrungsaufnahme?
Die Nahrungszufuhr muss sichergestellt werden, jedoch ohne Zwang, sondern auf eine für den Demenzerkrankten akzeptable Weise. Kleine Tricks wie Zuprosten oder Fragen nach Geschmack und Temperatur regen unauffällig zum Essen an. Kann jemand nicht essen, helfen taktile Reize z.â¯B. die Hand zum Mund führen. Verbale Aufforderungen wirken meist nicht. Eine Übersicht unten zeigt hilfreiche und weniger hilfreiche Verhaltensweisen. Das Beispiel zeigt, wie viele Faktoren, wie der Sitzplatz, das Ernährungsverhalten beeinflussen.
Das Beispiel von Herrn Schröder verdeutlicht noch einmal, dass sich viele Faktoren auf das Ernährungsverhalten auswirken können. Auch der falsche Sitzplatz!
Ineffektives Verhalten | Fraglich effektives Verhalten | Effektives Verhalten |
---|---|---|
Bei der Nahrungsaufnahme nicht genügend Zeit lassen Autoritärer Kommunikationsstil („Mund auf! – Schlucken!“) Zwangsmaßnahmen (z. B. Schnabelbecher kippen, Kopf und Hände festhalten) Betroffene hat Brille, Hörgerät, Zahnprothese vergessen Essen im Bett (ausgenommen Bettlägerigkeit) Kaltes Essen | Verbale Aufforderung zum Weiteressen Aufforderung zur Mundöffnung durch antippen der Unterlippe mit dem Besteck Aktivierung durch Vormachen der Ess- und Trinkmimik Überlisten, Täuschen (z. B. durch Fragenstellen und beim Öffnen des Mundes Nahrung einführen) Essen soll „probiert“ werden | Betroffener sollte selbst entscheiden, wann, was, wie, wo und mit wem er essen möchte Zeit lassen und Ruhe ausstrahlen Kein Drängeln, Überlisten oder Überreden Neben dem Essenden sitzen und nicht stehen (auf Augenhöhe begeben) Im Speiseraum essen lassen, damit die Nahrungsaufnahme Atmosphäre und Ästhetik hat. Nahrungspräferenzen berücksichtigen Essen soll für die Person eine angenehme Temperatur und die richtige Konsistenz haben |
Wie reichen Pflegekräfte Nahrung und Getränke richtig an?
- Versuchen Sie zuerst, den Arm oder die Hand des Erkrankten sanft zu führen.
- Die eigene Handbewegung zum Mund löst meist reflexhaft das Öffnen des Mundes aus.
- Sitzen Sie stets neben dem führenden Arm, nicht gegenüber.
- Bewegen Sie den Löffel langsam und seitlich, um Angst vor Verletzungen zu vermeiden.
- Ein schneller oder frontaler Ansatz kann Angst auslösen und zum Schließen des Mundes sowie Kopfbewegungen führen.
- Steht der Teller direkt vor Ihnen, kann der Erkrankte das Essen verweigern, da er das Gefühl haben könnte, von einem fremden Teller zu essen.
Wie können Pflegekräfte durch ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit lebensbedrohliche Zustände vermeiden?
Während eine Unterernährung erst nach vielen Wochen zu deutlichen Störungen führt, kann eine Dehydration bereits nach wenigen Tagen akute Verwirrtheit und lebensbedrohliche Zustände erzeugen. Die Sorge um ausreichende Trinkmengen sollte deshalb bei Ihnen immer im Vordergrund stehen. Diese 3 Punkte sollten Sie bei der Flüssigkeitszufuhr beachten:
- Ca. 1.500 ml muss ein Mensch täglich zu sich nehmen.
- Der Flüssigkeitsbedarf erhöht sich unter bestimmten Voraussetzungen: z. B. Hitze, Anstrengung, Fieber, Durchfall.
- Bei bestimmten Erkrankungen gibt der Arzt eine Höchsttrinkmenge vor, z. B. bei Herzschwäche oder Einschränkungen der Nierenfunktion. Daher sollte stets der Arzt nach der richtigen Trinkmenge befragt werden.
Wie regen Pflegekräfte bei Menschen mit Demenz den Durst an, ohne direkt zu fragen?
Mit zunehmendem Alter lässt das Durstgefühl nach, besonders bei Menschen mit Demenz. Sie sollten deshalb darauf achten, dem Erkrankten häufiger Getränke anzubieten. Statt zu fragen: „Möchten Sie etwas trinken?“, laden Sie lieber aktiv dazu ein:
- „Das schmeckt köstlich! Probieren Sie mal!“
- Auch ein Trinkspruch und das gemeinsame Mittrinken können sehr hilfreich sein. Ein fröhliches „Prost“ animiert zum Trinken, schonallein deshalb, weil man in Gesellschaft nicht unhöflich sein möchte.
Wie können Pflegekräfte Menschen mit Demenz effektiv zum Trinken animieren?
Hier 3 weitere Tipps, wie Sie zum Trinken animieren können:
- Wecken Sie die Aufmerksamkeit und das Durstgefühl, durch das Geräusch beim Öffnen einer Flasche und beim Befüllen der Gläser. Das Eingießen (besonders wenn der Erkrankte es noch selbst tut) animiert unmittelbar zum Trinken.
- Auch eine gefüllte Kanne und ein Glas haben Aufforderungscharakter und werden dadurch häufiger benutzt.
- Achten Sie auch auf das richtige Trinkgefäß. Manche trinken lieber aus Tassen, andere aus Gläsern. Probieren Sie aus, was sich bewährt: etwa Trinkhalme, Kunststoffbecher oder Nasenbecher. Trinkbecher mit Sicherheitsfuß bieten zusätzliche Stabilität. Der Coombes-Becher mit schalenförmigem Aufsatz ermöglicht kontrolliertes Trinken in kleinen Mengen. Im fortgeschrittenen Demenzstadium kann eine Saugflasche helfen, da sie den Saugreflex nutzt und das Verschluckungsrisiko senkt. Schnabelbecher sind hingegen oft ungeeignet, da sie den Schluckakt erschweren
Wie hilft ein Trinkplan dabei, die ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei Menschen mit Demenz sicherzustellen?
Ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen ist für Menschen mit Demenz wie für alle anderen Pflegebedürftigen auch das A und O der Ernährung. Achten Sie stets auf ausreichende Trinkmengen. Ein Trinkplan kann Ihnen helfen den Überblick zu behalten Hier können Sie sich ein Muster für einen Trinkplan herunterladen.
Welche Rolle spielt Essen als basale Stimulation bei der Pflege von Menschen mit Demenz?
In der Praxis hat sich das Konzept der „basalen Stimulation“ auch bei der Essensaufnahme als sehr wirksam bei Menschen mit Demenz erwiesen. BASAL leitet sich hier von dem Wort Basis ab. Basis bedeutet Grundlage, auf der aufgebaut werden kann. STIMULATION kommt von stimulieren und bedeutet etwa anregen oder reizen.
Was sind die Ziele der basalen Stimulation bei Menschen mit Demenz?
Basale Stimulation bezeichnet die gezielte und systematische Förderung von Wahrnehmung und Kommunikation auf elementarer Ebene. Dabei steht nicht der Ausgleich von Defiziten im Vordergrund, sondern die Stärkung vorhandener Fähigkeiten. Die wichtigsten Aspekte im Überblick:
- Zielrichtung: Förderung der positiven Möglichkeiten, nicht Behandlung von Einschränkungen
- Individuelle Ausrichtung: Orientierung an der aktuellen Lebenssituation und den Bedürfnissen des Einzelnen
- Methodik: Einsatz einfacher Wahrnehmungs-, Bewegungs- und Kommunikationsangebote – gemeinsam erarbeitet oder angeboten
- Wirkung: Unterstützung bei der Orientierung, Reduktion von Unsicherheit und Ängsten sowie Förderung von Vertrauen und Wohlbefinden
Menschen mit Demenz erleben ihre Umwelt oft als verwirrend und bedrohlich. Basale Stimulation kann helfen, emotionale Sicherheit und ein Gefühl von Verbundenheit herzustellen.
Es geht um positive Kommunikation
Für Sie sollte es nicht Ziel sein, nur die „ausführende Person“ zu sein, sondern eine Beziehung zu den Demenzerkrankten aufzubauen. Wählen Sie eine Kommunikationsform, die der Betroffene wahrnehmen und verarbeiten kann. Begeben Sie sich auf die Erlebnisebene des Erkrankten, indem Sie mit ihm auf einer elementaren Ebene kommunizieren, die es ihm ermöglicht, sich selbst wahrzunehmen. Basale Stimulation ist ein offenes, entwicklungsfähiges Konzept, keine starre Methode.
Welche Methoden der basalen Stimulation gibt es in der Pflege?
Durch umfangreiches biografisches Wissen können Angebote viel gezielter genutzt werden, wenn die eingesetzten Reize in enger Verbindung mit dem bisherigen Leben des Betroffenen identifiziert werden.
- Berührung bietet eine intensive Möglichkeit der Kommunikation.
- Sie können mit verschiedenen Düften, Geschmacksrichtungen, optischen und akustischen Reizen arbeiten.
Wichtig ist nur, dass sie alltagsnah sind und sich an der Biografie orientieren.
Warum kann auch Essen basale Stimulation sein?
Demenzerkrankte Personen, die ihre Selbstständigkeit bei der Nahrungsaufnahme teilweise oder ganz verloren haben oder z. B. an Appetitmangel leiden, können durch das Medium Essen, mittels ihrer basalen Instinkte, aktiviert werden. Essen kann und soll positive Erinnerungen wachrufen. Das grundlegende Bedürfnis zu essen, muss in regelmäßigen Abständen gestillt werden. Dieses Bedürfnis ist mit Anregungen der Sinne gekoppelt.
Was können Pflegekräfte durch basale Stimulation erreichen?
- die Anregung des Appetits
- das Wecken von Erinnerungen durch die Essensaufnahme
- die Unterstützung einer Tagesstruktur
- das Essen als soziales Ereignis zwischen Ihnen und dem Betroffenen
- die Wiederentdeckung und Förderung der Ressourcen
Wie und welche Ziele gefördert werden sollen, orientiert sich an den Einschränkungen der Betroffenen.
Wie unterstützt die Essbiografie dabei, die Ernährung von Menschen mit Demenz besser zu gestalten?
Eine Essbiografie hilft Ihnen, Herkunft, Beruf und Erfahrungen des Erkrankten zu verstehen und seine bevorzugten Speisen und Getränke zu erkennen.
- Jemand aus Bayern mag vielleicht Knödel, ein anderer bevorzugt Labskaus aus dem Norden.
- Der frühere Tagesablauf gibt Hinweise auf Essgewohnheiten, etwa Frühstückszeiten oder warme Mahlzeiten am Mittag oder Abend.
- So gewinnen Sie durch Kenntnisse über Vorlieben, Abneigungen und Gewohnheiten einen besseren Zugang zum demenzkranken Menschen.
„Das ist doch noch gut!“ – die Generation Nachkriegszeit
Menschen mit Demenz gehören häufig noch der Generation an, die durch die Kriegs- und Nachkriegszeit oft Hunger und Entbehrungen erlebt haben. Diese oft traumatischen Erlebnisse haben ihre Spuren hinterlassen und so kann z. B. der Kaffee-Ersatz oder die „gute Butter“ als angenehm oder aber auch als unangenehm empfunden werden. Diese persönlichen Erfahrungen sollten Sie immer berücksichtigen.
Erforschen Sie die „Begleitumstände“ des Essens
Nicht zuletzt sollten Sie auch die „Begleitumstände“ von früheren Mahlzeiten erfassen. Wurde vor dem Essen gebetet? Wie war die Tischordnung? Wurde geschwiegen oder gar Musik gehört? Das kann sehr vielfältig sein und die Aufnahme dieser Daten Ihnen die Arbeit spürbar erleichtern.
Wie können Fingerfood und „Eat by Walking“ die Ernährung von Menschen mit Demenz verbessern?
„Eat by Walking“ (das Essen im Gehen) eignet sich oftmals auch für Menschen mit Demenz. Dieses Angebot können vor allem noch Demenzerkrankte umsetzen, die sich im frühen Stadium befinden, nicht mehr ruhig am Tisch sitzen und essen können und ruhelos umherwandern. Stellen Sie für die Betroffenen an verschiedenen Stationen, an denen sie vorbeigehen, kleine Happen bereit, sodass sie sich etwas davon nehmen können.
Welche Rolle spielt Fingerfood bei der Ernährung von Menschen mit Demenz?
In den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Menschen mit Demenz ist Fingerfood oder „Eat by Walking“ eine wichtige Komponente. Bieten Sie folglich Menschen mit Demenz einige Speisen in Form von Fingerfood an. Fingerfood verbessert die Selbstständigkeit und die Selbstbestimmung. Um eine gute Akzeptanz von Fingerfood zu erreichen, müssen Sie vorweg diese Punkte klären:
- Welche Speisen wurden kulturgemäß mit der Hand gegessen?
- Wann und warum wurde Fingerfood angeboten (z. B. Käseigel, Kanapees)?
- Welche Speisen wurden in der Biografie mit den Fingern gegessen?
Was sollten Pflegekräfte bei der Auswahl und Platzierung von Fingerfood für Menschen mit Demenz besonders beachten?
Finden Sie zuerst die bevorzugten Laufwege der betroffenen Menschen heraus und positionieren Sie auf diesen Wegen optisch gut sichtbar Essstationen. Achten Sie darauf, dass die Speisen gut greifbar sind und die Zubereitung mundgerecht ist. Zudem sollte sie nicht gleich auseinanderfallen. Richten Sie verschiedene Essenssituationen ein wie z. B. einen Korb mit Äpfeln, Milchprodukten, Keksen o. ä. Es gibt eine Vielzahl von Ideen und mittlerweile auch gute Literatur zu diesem Thema. Probieren Sie sich aus!
Welche Komplikationen können beim Einsatz von Fingerfood bei Menschen mit Demenz auftreten?
Mögliche Probleme sind beispielsweise, dass Kräuter nicht als solche erkannt oder Servietten mit Motiven verkannt werden und im Mund landen. Stecken Sie die Häppchen auf keinen Fall mit Spießen zusammen. Die Erkrankten könnten die Spieße mitunter nicht erkennen und versuchen, diese zu essen. Fingerfood kann in kleinen Portionen auf Tellern, in Gläsern oder kleinen Schälchen, aber auch auf Portionslöffel angerichtet werden.
Verzichten Sie auf krümelige Speisen. Nicht zuletzt wirken mehlige und krümelige Mahlzeiten bei Mundtrockenheit wie Sand im Mund, werden hin- und hergeschoben, lösen aber keinen Schluckreflex aus. Vermeiden Sie diese oder weichen Sie sie entsprechend vorher ein.
Auch Schwerstbetroffene können noch genießen – ein besonderes Erlebnis: Kochen am Bett
Auch für bettlägerige Menschen mit Demenz sollten Sie es möglich machen, die Zubereitung von Lebensmitteln wieder zum Genuss und zum Erlebnis werden zu lassen. Gerade diese Personengruppe kommt nur noch selten in den Genuss von verschiedenen Reizen. Das Kochen am Bett kann hier eine gute Möglichkeit sein.
Welche Geräte eignen sich für die Pflegeküche?
Die technischen Voraussetzungen und Kosten sind dabei eher gering. Die Anschaffungskosten einer Induktionskochplatte (hier besteht keine Verbrennungsgefahr) belaufen sich auf ca. 60 €. Ein einfaches Grill-, Sandwich- oder Grill-Kombinationsgerät kostet ebenfalls etwa 60 €. Ein Waffeleisen gibt es ab 30 € und ist ebenfalls eine günstige Variante. Ein professioneller Küchenwagen für ca. 4.000 € ist nur selten nötig, eröffnet aber natürlich mehr Möglichkeiten.
Wie kann die Essensvorbereitung bei Demenzerkrankten positive Erinnerungen und Appetit fördern?
Bereits die Vorbereitung kann beim Demenzerkrankten Assoziationen wecken – durch Anschauen, Riechen oder Anfassen der Speisen sowie Küchengeräusche wie Klappern von Töpfen. Neben einfachen Gerichten wie püriertem Obst sind Gemüse, Eier oder kleine Fleischstücke möglich. Röststoffe erzeugen einen appetitanregenden Duft. Während des Kochens bieten sich Gespräche über die Zubereitung und biografische Themen wie Milchverarbeitung oder Obsternte an. Für bettlägerige Bewohner schafft dies ein besonderes Erlebnis.