Die 8 Spiralstufen der Krisenbewältigung nach Erika Schuchardt

©pikselstock - stock.adobe.com
Inhaltsverzeichnis

Wenn ein Mensch in eine existenzielle Krise gerät, versucht er, diese mit seinen Möglichkeiten zu meistern. Das ist kein chaotischer Prozess, sondern folgt einer eigenen Logik. Das hat Erika Schuchardt – Professorin für Bildungsforschung – in einem Modell versucht darzustellen.

Das Modell von Erika Schuchardt

Ihr Spiralmodell der Trauer- und Krisenbewältigung fußt auf Untersuchungen von hunderten von Krisenbiografien, die sie für ihre Arbeit gesammelt und analysiert hat. Hier hat sie diese Stufen herausgearbeitet und analysiert:

  1. Ungewissheit
  2. Gewissheit
  3. Aggression
  4. Verhandlung
  5. Depression
  6. Annahme
  7. Aktivität
  8. Solidarität

Wie Sie sicherlich aus Ihrer täglichen Arbeit wissen, verarbeiten Ihre Pflegekunden Krisen individuell – und dennoch gibt es bestimmte Ähnlichkeiten. Diesen Verlauf zu kennen ist hilfreich, damit Sie abschätzen können, wo sich Ihr zu Pflegender in seiner Krise befindet und wie Sie ihn hierbei unterstützen können. Sehen Sie hier in der Übersicht, welchen Aufgaben sich der Betroffene in einer Krise ausgesetzt sieht und wie Sie ihm helfen können.

Übertragen Sie das Modell auf Ihre eigenen Krisen

Schauen Sie doch einmal zusammen mit Ihrem Team, welche Krisen Ihnen in letzter Zeit widerfahren sind. Überlegen Sie, wie Sie versucht haben, diese zu bewältigen, und ob die hier aufgeführten Spiralstufen der Krisenverarbeitung sich in Ihren Erfahrungen ebenfalls wiederfinden. Schauen Sie auch, welche Hilfsangebote Ihnen angenehm waren.

Übersicht: Die 8 Spiralstufen der Krisenbewältigung und die Aufgaben des Begleiter

StufeEigenschaftenAufgaben des Begleiters
1Ungewissheit

Die Krise erfasst den Betroffenen völlig unvermittelt. Im Grunde versucht er, die Kenntnisnahme erst einmal zu umgehen, um seine Psyche zu schützen. Aufgaben des Begleiters: Wichtig ist, den Betroffenen in diesem Schockzustand nicht alleinzulassen.
2Gewissheit

Der Betroffene weiß nun, dass er der Adressat der schlechten Nachricht ist. Dieses Wissen kommt in seinem Kopf zwar an, jedoch hat sein Bauch – also das Gefühl – diese Tatsache noch nicht akzeptiert. Er befindet sich in einer ambivalenten Phase.
Der Begleiter muss die widersprüchlichen Verhaltensweisen und Gedanken des Gesprächspartners aushalten, ohne diese zu bewerten.
3Aggression

Die Gewissheit des „Schicksalsschlags“ ist nun auch im Gefühl des Betroffenen angekommen. Er reagiert aggressiv auf diese Tatsache.
Hier geht es darum, dem Betroffenen einen Raum zu bieten, all seine Emotionen zum Ausdruck bringen zu dürfen, ohne sie zu werten.
4Verhandlung

Mit all seinen bekannten Krisenbewältigungsmechanismen versucht nun der Betroffene, das Schicksal zu wenden, indem er mit dem Schicksal verhandelt, z. B. nach der Diagnose „Lungenkrebs“ das Rauchen aufzugeben.
Die scheinbare Irrationalität der Handlungen zur Wendung des Schicksals dürfen nicht durch den Begleiter bewertet werden – sind sie auch noch so abwegig und naiv.
5Depression

Jetzt merkt der Betroffene, dass er sein Schicksal nicht aktiv beeinflussen kann, er ist ihm ausgeliefert. 
Stehen Sie fest zu dem Betroffenen und signalisieren Sie ihm Ihre Unterstützung.
6Annahme

In dieser Phase nimmt der Betroffene sein Schicksal mit allen Konsequenzen an.
Ermutigen Sie den Betroffenen in seiner Einsicht, nun nicht mehr gegen die Krise ankämpfen zu müssen. Lassen Sie ihn seine Einsichten und Erkenntnisse schildern.
7Aktivität

Der Betroffene kann nun seine ganze Energie darauf richten, die neu entstandene Situation „mitzugestalten“ und sich gemäß seinen Möglichkeiten einzubringen.
Unterstützen Sie die Eigenaktivitäten des Betroffenen, indem Sie seinen Elan nicht bremsen, sondern ihn ermutigen, in die Aktion zu gehen.
8Solidarität

Nur wenige Betroffene erreichen in einer Krise diese Stufe. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass der Betroffene sich in einer Welt von ebenfalls Betroffenen verortet und ggf. sich mit ihnen solidarisiert, z. B. in Selbsthilfegruppen.
Helfen Sie bei der Suche nach Gleichgesinnten und ermutigen Sie den Betroffenen, sich mit seinen Erkenntnissen und Erfahrungen einzubringen.