Steuern: Das sollte ein Pflegedienst beachten

Ein Pfleger in einem blauen Kittel hält ein rosa Sparschwein in seinen Händen.
©megaflopp - stock.adobe.com
Inhaltsverzeichnis

Wer einen Pflegedienst betreibt, weiß um die Herausforderungen im finanziellen Bereich. Ein ständiger Überblick über die Umsätze und die damit verbundene betriebswirtschaftliche Situation, verstehen sich von selbst. Das gilt auch für steuerliche Aspekte und damit für die Steuern im Pflegedienst. Denn für Pflegedienste gibt es verschiedene steuerliche Besonderheiten. Diese zu kennen, ist für den Unternehmer bei der Kalkulation von besonderer Bedeutung, denn nur so kann er wirtschaftlich kalkulieren.

Daneben ist die Kenntnis der Steuern im Pflegedienst aber  auch wichtig, um Fehler bei der Buchführung zu vermeiden. Diese Fehler können zum Beispiel schnell zu einer großen Belastung werden, wenn es zu Unstimmigkeiten mit dem Finanzamt kommt. Auch Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung sorgen immer wieder für deftige Nachzahlungen an den Fiskus – besonders in Zusammenhang mit Fällen, die mit Umsatz- und Gewerbesteuerbefreiung zusammenhängen. Denn hier steckt der Teufel oft im Detail.

Steuern im Pflegedienst: Für welche Leistungen in der Pflege gilt Steuerfreiheit?

Insbesondere eine mögliche Steuerfreiheit ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung für die Pflegedienste – was in erster Linie die Befreiung von der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer betrifft. Gut zu wissen ist zum Beispiel, dass Pflegeleistungen, die durch einen ambulanten Dienst erbracht werden, in vielen Fällen umsatzsteuerfrei sind. Das schlägt sich natürlich auf den Gesamtbetrag nieder, da diese Steuer vom Pflegedienst nicht eingezogen werden muss, ist die Rechnung um 19% günstiger.

Um sich einen Überbilck über die Steuern im Pflegedienst zu verschaffen, hilft ein Blick in die Gesetzbücher: Wann Abgaben an das Finanzamt verpflichtend sind und wann nicht, ist im Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt. Dieses Gesetz folgt – im Sinne des Unionsrechts – der sogenannten Mehrwertsteuersystemrichtlinie der Europäischen Union, an die sich sämtliche Mitgliedsstaaten halten müssen (Stichwort Neutralitätsgrundsatz). Zusammengefasst geht es darin um die steuerliche Gleichbehandlung von Pflegeeinrichtungen in den EU.

Laut Umsatzsteuergesetz kommen für Steuerfreiheit unter anderem zunächst folgende Bereiche in Frage:

  • Das Leiten von Seniorenwohnheimen, Pflege- und Altenheimen
  • Dienstleistungen von Werkstätten für behinderte Personen
  • Hilfsleistungen im Haushalt
  • Leistungen zur Unterstützung im Alltag
  • Sozialhilfeleistungen
  • Leistungen häuslicher Pflege
  • Sonstige Pflege- und Betreuungsleistungen und Umsätze, die eng mit dem Betrieb von Pflege- und Betreuungseinrichtungen verbunden sind

(vgl.§ 4 Nr. 16 UStG)

Umsatzsteuerbefreiung bei ambulanten Pflegediensten

Diese steuerliche Besonderheit in der Pflege, die mögliche Befreiung von der Umsatzsteuer, gilt auch für viele ambulante Pflegedienste. Insgesamt sind es drei Bereiche, bei denen eine Umsatzsteuerbefreiung eine Rolle spielt:

  • Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die zur Pflege und zur Betreuung von Menschen, die körperlich, geistig und seelisch auf Hilfe angewiesen sind, sind von der Umsatzsteuer befreit
  • Leistungen von Trägern anerkannter Einrichtungen und Leistungen mit sozialem Charakter sind von der Umsatzsteuer befreit, egal, ob es sich um juristische oder natürliche Personen handelt
  • Einrichtungen, die nicht nach Sozialrecht anerkannt sind und auch kein Vertrag nach Sozialrecht vereinbart wurde, sind von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Kosten zur Versorgung der Pflegefälle im vorherigen Kalenderjahr zu mindestens 25 Prozent von gesetzlichen Sozialleistungsträgern erbracht wurde.

Ambulante Pflegedienste wirtschaften selbstständig und unterstützen Pflegebedürftige in deren eigenen vier Wänden durch Pflegehilfsleistungen. Nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) muss bei ambulanten Diensten (nicht nach Sozialrecht anerkannt) demnach die Sozialgrenze (25 Prozent) erreicht sein, um eine entsprechende Befreiung in Anspruch nehmen zu können. (Paragraf 4, 16).

Anders: Im vorherigen Kalenderjahr müssen mindestens 25 Prozent der von ambulanten Diensten versorgten Pflegefälle Hilfe durch soziale Träger (Sozialversicherung, Sozialhilfe) in Anspruch genommen worden sein.

Wann sind die Voraussetzungen erfüllt?

Laut der gesetzlichen Vorgaben sind die Voraussetzungen dann erfüllt, wenn innerhalb eines Kalendermonats 25 Prozent der Patienten betreut und versorgt werden, für die die Sozialversicherung/-hilfe die Kosten ganz oder teilweise übernimmt. Wird von einem Arzt in der häuslichen Krankenpflege hingegen Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Unterstützung verordnet, sind lediglich die Grundpflegeleistungen sowie hauswirtschaftliche Tätigkeiten von der Umsatzsteuer befreit. (Paragraf  4 / Nr. 16 UStG). Für Leistungen der Behandlungspflege kann Steuerfreiheit gelten.

Sozialgesetzbuch definiert den Begriff häusliche Pflegehilfe

Laut Sozialgesetzbuch (Paragraf 64b SGB XII) bedeutet häusliche Pflegehilfe in Zusammenhang mit körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen im Haushalt die Unterstützung bei

  • der Förderung kognitiver und kommunikativer Fähigkeiten
  • Hilfen bei Mobilität (Lagern, Positionswechsel, Fortbewegung…)
  • der Selbstversorgung (Körperpflege, An- und Auskleiden, Zubereitung von Mahlzeiten, Toilettenbenutzung…)
  • der Versorgung im Krankheitsfall oder Therapien (Medikamentenausgabe, Injektionen setzen, Wundversorgung, Besuche medizinischer und therapeutischer Einrichtungen,…)
  • der Freizeitgestaltung/soziale Kontakte

Steuern Pflegedienst: Pflegedienste müssen oft keine Gewerbesteuer zahlen

Gewerbliche Einkünfte unterliegen normalerweise grundsätzlich der Gewerbesteuerpflicht. Jedoch sind Pflegedienste, unabhängig von der Rechtsform, meist von der Gewerbesteuer befreit, genauso wie stationäre Einrichtungen. Dabei ist es egal, ob es sich bei ambulanten Pflegediensten um Personengesellschaften oder Einzelunternehmen oder um eine GmbH handelt, die sich um die Versorgung und Betreuung von kranken und hilfsbedürftigen Personen kümmern. Diese Befreiung setzt jedoch voraus, dass die entstehenden Pflegekosten bei den zu versorgenden Pflegefällen zu einem Mindestanteil von 40 Prozent komplett oder zum größten Teil von Sozialversicherungsträgern (Sozialversicherung, Sozialhilfe) übernommen werden. In den meisten Fällen liegt dieses Kriterium bei Pflegediensten vor – und damit entfällt die Gewerbesteuer.

Bei vielen Privatzahlern keine Gewerbesteuerfreiheit

Wer jedoch als Pflegedienst überwiegend privatversicherte Personen betreut (60 Prozent), kann kaum auf eine Befreiung der Gewerbesteuer hoffen und muss für diese Privatzahler entsprechende Beiträge an das Finanzamt abführen. In diesem Fall müssen Steuern an das Finanzamt gezahlt werden, wenn der gewerbliche Gewinn in einem Jahr höher ist als 24.500 Euro. Diese Summe gilt als Freibetrag für Personengesellschaften und Einzelunternehmen. Auch hier gelten Freibeträge bis 24.500 Euro Einkünfte aus Gewerbebetrieb je nach Rechtsform (Einzelunternehmen und Personengesellschaften). Für Kapitalgesellschaften gibt es keinen Freibetrag der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Alle Gewinne, die für die Gewerbesteuer relevant sind, müssen voll versteuert werden.

Umsatzsteuerbefreiung in der 24-Stunden-Pflege

24-Stunden-Pflege bedeutet, dass eine Person in seiner eigenen Wohnung rund um die Uhr durch eine Pflegekraft betreut wird. In den meisten Fällen erhält die hilfsbedürftige Person pflegerische Hilfen sowie Unterstützung im Haushalt und in der Betreuung. Sehr oft wird eine 24-Stunden-Betreuung von Personal aus dem osteuropäischen Raum übernommen, dabei handelt es sich überwiegend um Mitgliedsstaaten der EU. Sehr oft jedoch kommen die Anforderungen, die es für die Befreiung von der Umsatzsteuer braucht, hier nicht in Frage: Bei eine Rund-um-die Uhr-Betreuung durch einen ambulanten Pflegedienst ist es schwierig, auf 25 Prozent der Pflegefälle zu kommen, für die die Sozialversicherung oder die Sozialhilfe finanziell einspringt.

Finanzgerichte müssen klären helfen

Zwar kann sich der Unternehmer eines Pflegedienstes in Zusammenhang mit der Steuerbefreiung auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU beziehen, in der im Grunde genommen jedoch bezieht dieses EU-Gesetz diese Betreuungsform nicht ein, der Bereich der 24-Stunden-Pflege wurde damit zu einer Grauzone. Finanzämter in Deutschland haben die Steuerbefreiung bis dato verweigert, was dazu führte, dass sich in der Vergangenheit auch die Finanzgerichte mit diesen Fällen beschäftigt haben. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel klagte ein Pflegedienst vor dem Finanzgericht auf Steuerbefreiung (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.04.2014 – 6 K 1796/13).

Genaue Dokumentation erforderlich und nützlich 

Für die betriebsinternen Prozesse sowie für das Controlling ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung wichtig, die Leistungen, die der Pflegedienst für Hilfsbedürftige erbringt, buchhalterisch zu erfassen und vor dem Finanzamt, den Krankenkassen sowie Pflegekassen belegen zu können.

Dazu gehört auch,

  • die Pflegekosten jedes Patienten nachweisen zu können (alle Leistungen, Rechnungen, Höhe der Kostenerstattung durch gesetzliche Träger)
  • die Pflegebedürftigkeit nachweisen zu können (Bestätigung durch Krankenkasse, Sozialhilfeträger, Pflegekasse, Gesundheitsamt, Arzt)
  • persönliche Daten der pflegebedürftigen Personen (Name, Anschrift) zu notieren
  • die Kosten für die gesamte Zeit für Pflege und Betreuung sowie die Höhe der Ersatzzahlungen zu fixieren
  • alle Fälle eines Kalenderjahres festzuhalten sowie separat jene Fälle, bei denen die Kosten komplett oder überwiegend von gesetzlichen Trägern, beziehungsweise der Sozialhilfe geleistet werden

Um Steuerfreiheit jederzeit nachweisen zu können, müssen ambulante Pflegedienste sich laut Vorschrift genau an die (steuerliche) Buchführungsverordnung (PBV) halten. In dieser Verordnung sind die Rechnungs- und Buchführungsvorschriften geregelt. Die Ausnahme hier: Ein Betrieb, der maximal sechs vollzeitbeschäftigte Pflegekräfte anstellt und dessen jährlicher Pflegeumsatz bei weniger als 250.000 Euro pro Jahr liegt, ist grundsätzlich von der PBV befreit.

Steuerfreiheit: Das Finanzamt kommt ins Haus

Ambulante Pflegedienste müssen sich immer häufiger auf Betriebsprüfungen durch die Finanzverwaltung einstellen. Auch die gesetzliche Rentenversicherung und die Berufsgenossenschaften kommen in Intervallen von mehreren Jahren ins Haus. Prüfungen gibt es auch regelmäßig bei den umsatzsteuerfreien und –pflichtigen Leistungen. Genauso werden auch Zusatzleistungen unter die Lupe genommen, die möglichweise umsatzsteuerpflichtig sein könnten. Die Beschäftigten der Finanzverwaltung prüfen genau, ob die Umsatzsteuer angegeben und auch gezahlt worden ist. Ist das nicht der Fall, droht eine Nachzahlung. Diese kann zum Beispiel erheblich sein, wenn zusätzliche Einnahmen geschätzt werden müssen. Eine gute Dokumentation ist deshalb Gold wert.

Fazit

Für ambulante Pflegedienste ist das Thema Steuern komplex und weist einige Besonderheiten auf. Diese Besonderheiten, insbesondere die Frage nach einer möglichen Steuerbefreiung, sind jedoch von entscheidender Bedeutung auch für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Gerade hier ist Vorsicht geboten, denn Steuern sind ein Gebiet, bei dem ohne große Kenntnisse viele Fehler möglich sind. Denn es sind viele Details, die bei ambulanten Pflegediensten über die Steuerlast entscheiden. Im Fokus dabei: Die Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerbefreiung.

Wenn es bei ambulanten Pflegediensten um Steuerfreiheit geht, ist wichtig, die genauen Gesetze und Regelungen zu kennen. So ist der Großteil der Pflegedienste im Grunde von der Gewerbesteuer befreit, aber eben nicht immer. Gründer eines ambulanten Pflegedienstes sollten vor diesem Hintergrund das notwendige Wissen erwerben, damit am Ende keine böse Überraschung droht. Dasselbe gilt auch für die Pflegedienstleitung.