Hygieneanforderungen im Pflegewesen

Hygieneanforderungen sichern Patienten und Pfleger.
Eine Frau in einem weißen Hemd sitzt an einem Tisch und hält einen Stift in ihrer rechten Hand. Sie schriebt auf einem Dokument, dass auf ein Klemmbrett auf dem Tisch liegt. Neben dem Klemmbrett steht eine kleine Topfpflanze.
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Inhaltsverzeichnis

Die Deutsche Gesellschaft zur Krankenhaushygiene hat vor einiger Zeit Forderungen an die Hygiene aufgestellt, die auch ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen betreffen.

Studien belegen, dass ein nicht ausreichender Personalschlüssel in der Pflege und das Auftreten nosokomialer Infektionen – (Infektionen durch einen Krankenhausaufenthalt) in einem unmittelbaren Zusammenhang zu sehen sind: Je mehr Personen eine Pflegekraft zu betreuen hat, desto häufiger treten nosokomiale Infektionen auf. 

Was versteht man unter Hygieneanforderungen? 

Mit Hygieneanforderungen ist ein Katalog von Mindest-Standards gemeint, welcher für alle Beteiligten verbindlich ist und dessen Einhaltung durch systematische Prüfungen durch das Management bzw. durch unabhängige Dritte überwacht wird.

Warum ist Hygiene in der Pflege wichtig?

Manche Krankheiten werden durch Infektionen verursacht oder durch sie verschlimmert. Patienten sind oft Träger von krankheitserregenden Keimen, Bakterien oder Viren. Diese Erreger können durch Hautkontakte, Atemluft, Flüssigkeiten und Ähnliches vom Träger auf andere Patienten oder auf Pflegekräfte und Ärzte übertragen werden.

Überall dort, wo sich organisches Material ablagert, gedeihen Krankheitskeime: Essensresten, Staub, Schmutz usw. sind Nährböden für sie. Unternimmt man nichts gegen sie, vermehren sie sich.

Alte und kranke Menschen müssen besonders gut vor Infektionen geschützt werden, weil sie in der Regel ein geschwächtes Immunsystem haben. Ihr Körper wird weniger gut mit krankheitserregenden Keimen fertig wie derjenige eines gesunden Menschen.

Durch die Ansammlung vieler kranker Menschen, Pflegekräften und ärztliches Personal auf engem Raum besteht in Krankenhäusern und Pflegeheimen eine besonders große Gefahr der Ansteckung. Gerade Pflegekräfte, welche viele Menschen betreuen, können durch ihre zahlreichen intensiven Kontakte Infektionen von einem Patienten zum nächsten übertragen.

Da sie – und die Ärzte – durch die  Tätigkeit ein besonders gut „trainiertes“ Immunsystem haben, kann es vorkommen, dass sie Träger von Infektionskrankheiten sind, ohne es selber zu bemerken: Ihr eigener Körper kann sich gegen die Krankheitskeime zur Wehr setzen, derjenige ihrer Schützlinge dagegen nicht.

Deshalb müssen Pflegefachkräfte in ganz besonderen Maß auf gute Hygiene achten.

Allgemeine Hygieneanforderungen in der Medizin

In Krankenhäusern und Pflege-Einrichtungen gelten die folgenden allgemeinen Prinzipien betreffend Hygiene:

  • Alle in der Einrichtung beschäftigten Personen müssen die allgemein anerkannten Regeln der Hygiene beachten: Ärzte, Pflegefachkräfte, Pflegeassistenten, Küchenpersonal, Reinigungspersonal, Hygienebeauftragte usw.
  • Grundlage dafür ist ein Hygienemanagement, welches einen Hygieneplan, dessen Schulung und Überwachung beinhaltet.
  • Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sämtliche anwesenden Menschen potenziell infektiös Es soll vorsorglich die Vermutung gelten, dass Blut und andere Körperflüssigkeiten von Menschen infektiös sind.
  • Sauberkeit ist oberstes Gebot. Dies gilt sowohl für Körperpflege als auch für Gegenstände, Räume, Möbel und Textilien (Bettwäsche, Handtücher, usw.).
  • Es ist zu unterscheiden zwischen bloßer Reinigung und Desinfektion. Desinfektion „ist ein Prozess, durch den die Anzahl vermehrungsfähiger Mikroorganismen infolge Abtötung/Inaktivierung … reduziert wird mit dem Ziel, einen Gegenstand/Bereich in einen Zustand zu versetzen, dass von ihm keine Infektionsgefährdung mehr ausgehen kann.“
  • Das Ausmaß der durchzuführenden Reinigungen bzw. Desinfektionen ist nach Risikobereich zu differenzieren.

Spezielle Hygieneanforderungen

Mit „speziellen Hygieneanforderungen“ sind solche gemeint, welche sich spezifisch auf einen bestimmten Bereich beziehen. Diese sind ebenfalls im Hygieneplan der Pflegeeinrichtung zu berücksichtigen.

Hygiene in Räumen

Räume können und müssen so gestaltet werden, dass das Hygienerisiko minimiert wird. Dazu gehören Aspekte wie:

  • Raumaufteilung unter Gesichtspunkten der Hygiene
  • Keine Teppiche auf Böden von Räumen mit Infektionsrisiko
  • Möglichkeit zur schnellen Händehygiene: Handwaschbecken mit Flüssigseifen- und Händedesinfektionsmittel sowie mit Einmalhandtuch-Spender ausgerüstet.
  • Alle Arbeits- und Ablageflächen müssen glatt, fugenarm und leicht zu reinigen / desinfizieren sein.

Abgesehen von der routinemäßigen Reinigung resp. Desinfektion (siehe Tabelle unten) müssen Flächen gezielt gereinigt und/oder mit Desinfektionsmitteln behandelt werden, wenn sie durch Blut oder andere Körperflüssigkeiten verunreinigt sind.

Routinemäßige Raumhygiene ist in Pflegeeinrichtungen eine Selbstverständlichkeit. Das Besondere an der Raumhygiene ist die Notwendigkeit einer Differenzierung: Anders als beispielsweise bei der Handhygiene (siehe unten) ist es bei Räumen nicht sinnvoll, einfach jeden Quadratzentimeter jeder Fläche täglich zu desinfizieren. Dies wäre weder ökonomisch noch nachhaltig. Vielmehr gilt es, je nach Risikobereich zu unterscheiden:

RisikobereichBeispieleMaßnahmen
Ohne InfektionsrisikoTreppenhäuser, Büros, technische RäumeReinigung aller Flächen
Mit möglichem InfektionsrisikoAllgemeinstationen, Ambulanzbereiche, physikalische Therapie, Sanitärräume, Intensivtherapie/-überwachungFlächen mit häufigem Hand-/Hautkontakt: Desinfektion (Kat. II). Fußböden und sonstige Flächen: Reinigung
Mit besonderem InfektionsrisikoEingriffsräume, OP-Abteilungen, usw.Flächen mit häufigem Hand-/Hautkontakt: Desinfektion (Kat. IB); Fußböden: Desinfektion (Kat. II), übrige Flächen: Reinigung
Mit Patienten, die Erreger in/an sich tragenIsolierbereiche/-pflege, Funktionsbereiche, in denen solche infizierte Personen behandelt werdenFlächen mit häufigem Hand-/Hautkontakt: Desinfektion (Kat. IB); Fußböden: Desinfektion (Kat. II), übrige Flächen: Reinigung
Wo v.a. für das Personal ein Infektionsrisiko bestehtPathologie, Entsorgung, Teilbereiche von Wäschereien, usw.Gemäß TRBA (Kat. IV)

Das Robert-Koch-Institut (RKI) unterteilt die Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektions­prävention in fünf Kategorien:

KategorieDefinition
Kategorie IAEmpfehlung basiert auf gut konzipierten systematische Reviews oder einzelnen hochwertigen randomisierten Studien
Kategorie IBEmpfehlung basiert auf klinischen oder hochwertigen epidemiologischen Studien und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen.
Kategorie IIEmpfehlung basiert auf hinweisenden Studien/Untersuchungen und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen.
Kategorie IIIMaßnahmen, über deren Wirksamkeit nur unzureichende oder widersprüchliche Hinweise vorliegen.
Kategorie IVAnforderungen, Maßnahmen und Verfahrensweisen, die durch allgemein geltende Rechtsvorschriften zu beachten sind.

Handreinigung und -desinfektion

Pflegefachkräfte kommen in erster Linie mit ihren Händen in Berührung mit potenziell infizierten Hautstellen und Flächen. Deshalb ist der Händehygiene ganz besondere Beachtung zu schenken.

Wichtig ist, dass Ringe, Armreife und Armbanduhren vor der Reinigung abgelegt werden. Generell ist es zu empfehlen, bei der Arbeit überhaupt keinen Schmuck an den Händen zu tragen: Dies erleichtert die häufige Reinigung und vermindert das Infektionsrisiko.

Die hygienische Händedesinfektion ist insbesondere in den folgenden Situationen erforderlich:

  • Tätigkeiten, die aseptisches Arbeiten erfordern (z. B. Bereitstellung von Infusionen, Zubereitung von Medikamenten)
  • Vor invasiven Maßnahmen, auch wenn dabei Handschuhe, ob steril oder unsteril, getragen werden (z. B. Anlage von Blasenkatheter, Punktion)
  • Vor Kontakt mit Bewohnern, die im besonderen Maße infektionsgefährdet sind (z. B. Immunsupprimierte)
  • Vor und nach Kontakt mit Körperbereichen, die vor Kontamination geschützt werden müssen (z. B. Wunden beim Verbandswechsel, Manipulationen an Venen-/Blasenkatheter, Tracheostoma, Infusionsbesteck),
  • Nach Kontakt mit Blut, Exkreten oder Sekreten, z. B. Drainageflüssigkeit
  • Nach Kontakt mit infizierten Bewohnern
  • Nach Kontakt mit potenziell kontaminierten Gegenständen, Flüssigkeiten oder Flächen (z. B. Urinsammelsysteme, Absauggeräte, Trachealtuben, Drainagen, Schmutzwäsche)
  • Nach Ablegen von Einmalhandschuhen bei tatsächlichem oder möglichem Erregerkontakt oder nach sichtbarer Verunreinigung.

Hygienische Händereinigung umfasst drei Schritte:

  1. Gründliche Reinigung mit Flüssigseife
  2. Mit Einmalhandtüchern abtrocknen
  3. Hände desinfizieren (mit Desinfektionsmitteln der Kategorie IB, siehe oben)

Dabei muss die vom Hersteller empfohlene Einwirkzeit beachtet werden. Als Faustregel gilt: mindestens 30 Sekunden einwirken lassen.

Bei der Händedesinfektion ist es wichtig, nicht nur die Handfläche zu behandeln, sondern auch Fingerzwischenräume, Nagelfalz und Daumenballen, Handrücken und Handgelenke.

Bei bestimmten Tätigkeiten müssen Einmalhandschuhe getragen werden:

  • Bei invasiven Tätigkeiten, zum Beispiel Injektionen, Blasenkatheter, Punktion)
  • Bei allen Tätigkeiten, bei denen mit einem Blutkontakt gerechnet werden muss
  • Bei Kontakt mit Chemikalien
  • Bei Verletzungen oder Hauterkrankungen an den Händen des Personals

Nach Beendigung der Tätigkeit und nach dem Ausziehen von Einmalhandschuhen gilt folgende Reihenfolge:

  1. Sofortige Desinfektion
  2. Anschließend gründlich waschen

Haut- und Schleimhautdesinfektion

Vor Tätigkeiten, welche eine Verletzung der Haut des Patienten implizieren – zum Beispiel Injektionen – muss die Haut desinfiziert werden. Dazu verwendet man ein geeignetes alkoholisches Haut-Desinfektionsmittel der VAH-Liste. Meistens erfolgt die Applikation des Mittels mit einem Wattebausch. Wichtig ist, es, die vom Hersteller empfohlene Einwirkzeit zu beachten. Rückstände des Mittels dürfen auf keinen Fall abgewischt werden.

Für die Desinfektion von Schleimhäuten sind spezielle Schleimhautdesinfektionsmittel zu verwenden. Deren Einwirkzeit beträgt mindestens eine Minute.

Instrumentenaufbereitung

Nicht nur Hände, sondern auch Instrumente können Krankheitskeime aufnehmen und zu anderen Menschen weitertragen. Um die Verbreitung von Infektionen durch Instrumente zu vermeiden, muss in Kranken- und Pflegeheimen auch auf einen hygienischen Umgang mit Instrumenten aller Art geachtet werden.

Bei der Instrumenten-Hygiene unterscheidet man zwei Hauptkategorien:

  • Desinfektionspflicht: Instrumente, welche die Haut lediglich berühren, müssen mit entsprechenden Desinfektionsmitteln desinfiziert werden. „Desinfektion“ bedeutet, dass alle Mikroorganismen bis auf die hitzestabilen Dauerformen abgetötet oder inaktiviert werden.
  • Sterilitätspflicht: Maßnahmen, welche zu einer Verletzung der Haut führen, wie zum Beispiel eine Injektion, oder Instrumente, welche in den Körper eindringen, müssen steril sein. „Sterilisation“ ist eine Stufe stärker als Desinfektion: Hier werden auch die Sporen der Mikroorganismen sowie hitzestabile Dauerformen abgetötet oder inaktiviert.

Die Aufbereitung von Instrumenten erfolgt in drei Schritten:

  1. Desinfektion. Instrumente sofort nach der Benutzung desinfizieren.
  2. Reinigung zur Beseitigung von Schmutz- oder Desinfektionsmittelrückständen. Falls eine mechanische Reinigung notwendig ist, muss das Instrument anschließend nochmals desinfiziert und abgespült werden.
  3. Nachbereitung: Die beste Desinfektion nützt wenig, wenn das Instrument danach ungeschützt gelagert wird. Eine sterile Verwahrung ist Pflicht. Die Aufbewahrungs-Behälter müssen selbstverständlich ebenfalls regelmäßig desinfiziert werden.

Für die Sterilisation von Instrumenten stehen zwei alternative Verfahren zur Verfügung: Die Dampfsterilisation (Autoklavierung) und die Heißluftsterilisation:

  • Dampfsterilisation (Autoklavierung): Die gereinigten Instrumente werden in dampfdurchlässiges Sterilisierpapier verpackt resp. in eine Sterilisierfolie eingeschweißt. Dann werden die Instrumente in speziellen Geräten (Autoklav) mit sehr heißem Dampf behandelt, um sämtliche Keime zuverlässig zu neutralisieren. Üblich ist eine Einwirkzeit von 20 Minuten bei 121° C oder 5 Minuten bei 134° C und einem Druck von 2 bar über Normaldruck.
  • Heißluftsterilisation: Bei diesem Verfahren werden die Instrumente in Alufolie verpackt oder in kleine Metallcontainer gelegt. Die übliche Einwirkzeit beträgt 30 Minuten bei 180° C oder 200 Minuten bei 160° C.

Die sterilisierten Instrumente müssen mit dem Sterilisierdatum und Angaben zur Behandlung beschriftet werden. Sie dürfen maximal sechs Monate aufbewahrt werden. Es muss regelmäßig überprüft werden, ob die Instrumente noch steril sind.

Autoklaven und Heißluftsterilisatoren dürfen nur von Personen betrieben, angewendet und instand gehalten werden, welche die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis besitzen.

Abgesehen von Sterilisierungs- resp. Desinfektionsmaßnahmen gibt es verschiedene weitere Grundsätze im Umgang mit Geräten, welche besonders in der Pflege zu beachten sind:

  • Körperpflege-Instrumente wie zum Beispiel Rasierapparate, Pediküre-Sets, usw. sollten nicht für mehrere Personen verwendet werden. Im Idealfall hat jeder Bewohner ein eigenes Set.
  • Für Pflegegeschirr (z. B. Urinflaschen) sollten Reinigungs-Desinfektions-Geräte anstelle manueller Desinfektion verwendet werden.
  • Waschschüsseln, Sitz-, Dusch- und Badewannen sind zu desinfizieren, nachdem sie von Bewohnern mit bekannten Infektionen benutzt wurden.
  • Für sterilitätspflichtige Tätigkeiten sollten nach Möglichkeit Einmal-Instrumente verwendet werden.

Wäscheaufbereitung

Bettwäsche muss desinfizierend gewaschen werden: Als Kochwäsche oder aber bei mindestens 60 °C, außerdem ist ein desinfizierendes Waschmittel zu verwenden.

Wichtig ist auch, dass die Bettwäsche direkt am Bett in geeignete Wäschesäcke versorgt wird. Wenn Bettwäsche in offenen Behältern transportiert wird, können sich Krankheitskeime ausbreiten.

Abfallentsorgung

Der in Heimen anfallende Abfall ist nicht gewerblich und unterliegt daher der kommunalen Abfallsatzung. Aus diesem Grund sollte ein einrichtungsspezifisches Konzept in Form eines Entsorgungsplanes erstellt werden.

Eine Desinfektion von Abfall ist normalerweise nicht erforderlich. Bei der Entsorgung von Einmal-Instrumenten ist jedoch darauf zu achten, dass keine Verletzungsgefahr entsteht: Spitze Gegenstände wie Spritzen können Abfallsäcke durchstechen, was zu schweren Infektionen führen kann. Hier sind feste Abfallbehälter zu verwenden.

Fazit: Hygieneanforderungen als Pflegestandard

In der Pflege ist Hygiene aus dreierlei Gründen besonders wichtig: Erstens sind Patienten häufig Träger von Bakterien oder Viren, zweitens haben kranke und alte Menschen weniger Abwehrkräfte gegen Infektionen und drittens besteht in Kranken- und Pflegeheimen ein erhöhtes Übertragungsrisiko, da viele Menschen auf engem Raum interagieren.

Deshalb sind im Rahmen der Pflegestandards immer auch Hygieneanforderungen zu formulieren, einzuhalten und zu kontrollieren. Dies ist die Aufgabe des Hygienemanagements.