Was ist Beckenbodentraining und wie hilft es bei Harninkontinenz?

Ein Senior in einem grauen Sweatshirt und einer Brille trainiert an einem Trainingsgerät den Beckenboden. Eine Pflegerin in einer hellblauen Bluse assistiert links neben ihm. Sie lächelt fröhlich und der Senior hat einen entspannten Gesichtsausdruck. Im Hintergrund sind weitere Trainingsgeräte zu erkennen und die Abendsonne scheint durch das Fenster.
Eine professionell angeleitete Einheit im Gym hilft bei Blasenschwäche © MJ
Inhaltsverzeichnis

Beckenbodentraining als Teil des Pflegestandards ist eine gezielte Methode zur Stärkung und Verbesserung der Funktionen des Beckenbodens. Der Beckenboden besteht aus Muskeln, Bändern und Bindegewebe im Bereich des Beckens und spielt eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle der Blase, des Darms und der sexuellen Funktionen.

Bei Harninkontinenz, dem ungewollten Verlust von Urin, kann der Beckenboden geschwächt sein oder seine Funktion nicht optimal erfüllen. Beckenbodentraining zielt darauf ab, die Muskulatur des Beckenbodens zu stärken und durch Blasentraining die Kontrolle über die Harnröhre zu verbessern. Dies kann dazu beitragen, die Harninkontinenz zu reduzieren oder sogar zu beseitigen.

Durch gezielte Übungen, wie beispielsweise das Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur, kann die Muskelkraft und -kontrolle verbessert werden. Indem die Senioren lernen, ihre Beckenbodenmuskeln bewusst zu aktivieren und zu entspannen, können sie die Kontrolle über die Blase stärken und ungewollten Urinverlust reduzieren.

Beckenbodentraining kann auch helfen, den Tonus und die Elastizität des Beckenbodengewebes zu verbessern, was zu einer besseren Unterstützung der Organe im Beckenbereich führt. Dies ist besonders wichtig, da die Beckenbodenmuskulatur dazu beiträgt, den Druck auf die Blase zu regulieren und die Belastung auf den Schließmuskel zu verringern.

Zusätzlich zur Stärkung des Beckenbodens können die Übungen des Beckenbodentrainings auch die Sensibilität und Wahrnehmung des Senioren für den Harndrang verbessern. Dadurch sind sie besser in der Lage, rechtzeitig die Toilette aufzusuchen und den Harndrang zu kontrollieren.

Das Beckenbodentraining ist ein wichtiger Bestandteil eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes der Expertenstandards zur Bewältigung von Harninkontinenz bei Senioren. Es sollte jedoch in Absprache mit Fachkräften aus der Pflegebranche zur Förderung der Harnkontinenz, wie Physiotherapeuten oder Urologen, durchgeführt werden, um eine individuelle Anpassung je nach Pflegegrad an die Bedürfnisse des Senioren zu gewährleisten.

Welche Beckenbodenübungen sind bei Inkontinenz empfehlenswert? Übungen und Anleitungen

Bei Inkontinenz sind bestimmte Beckenbodenübungen besonders empfehlenswert, um den Beckenboden zu stärken. Dazu gehören:

Kegel-ÜbungenDiese Übungen zielen darauf ab, die Muskulatur des Beckenbodens zu stärken und die Kontrolle über die Blase zu verbessern. Um sie korrekt auszuführen, sollten die Senioren die Muskeln im Bereich des Beckenbodens anspannen und für einige Sekunden halten, bevor sie entspannen. Dieser Vorgang kann mehrmals hintereinander wiederholt werden.
BrückeDie Brückenübung stärkt nicht nur den Beckenboden, sondern auch die Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur. Um diese Übung auszuführen, legen die Senioren sich auf den Rücken, beugen die Knie und heben das Becken vom Boden ab, bis der Körper eine gerade Linie bildet. Sie halten die Position für einige Sekunden und senken dann das Becken langsam wieder ab.
Tiefe BauchatmungEine korrekte Atmung kann auch den Beckenboden unterstützen. Die Senioren sollten sich aufrecht hinsetzen oder hinlegen, eine Hand auf den Bauch legen und tief durch die Nase einatmen. Dabei sollte sich der Bauch nach außen ausdehnen. Beim Ausatmen durch den Mund wird der Beckenboden bewusst nach oben gezogen.

Es ist wichtig, dass Pflegefachkräfte den Senioren eine ausführliche Anleitung geben, um sicherzustellen, dass sie die Beckenbodenübungen korrekt ausführen. Sie sollten den Senioren erklären, wie man die richtigen Muskeln identifiziert und anspannt. Eine Möglichkeit besteht darin, den Senioren zu zeigen, wie sie den Urinstrahl unterbrechen können, um die Beckenbodenmuskulatur zu aktivieren. Es ist ratsam, die Übungen schrittweise zu steigern und individuelle Anpassungen vorzunehmen, um den Fortschritt und das Wohlbefinden des Senioren zu berücksichtigen. Regelmäßige Kontrollen und Feedback sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Übungen effektiv durchgeführt werden und die gewünschten Ergebnisse erzielt werd

Wie lange dauert es, bis der Beckenboden durch Training gestärkt ist?

Das Beckenbodentraining ist ein fortlaufender Prozess, der Zeit und Engagement erfordert. Die Dauer, um den Beckenboden zu trainieren, kann von mehreren Wochen bis zu mehreren Monaten oder sogar länger reichen. Es ist wichtig zu beachten, dass jeder individuell unterschiedlich ist und dass kontinuierliche Übung und regelmäßiges Training entscheidend sind, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

Wie häufig sollte der Beckenboden trainiert werden?

Für den Anfang ist es ratsam, mit einer niedrigeren Trainingsfrequenz zu beginnen, zum Beispiel 2-3 Mal pro Woche. Mit der Zeit und je nach Fortschritt und individuellen Faktoren, wie dem allgemeinen Gesundheitszustand und der Muskelkraft des Beckenbodens, kann die Trainingshäufigkeit erhöht werden.

Idealerweise sollten die Senioren versuchen, die Beckenbodenübungen in den Alltag zu integrieren. Kurze Trainingseinheiten von 10-15 Minuten können mehrmals pro Woche durchgeführt werden. Es ist wichtig, regelmäßig zu trainieren, um den Beckenboden kontinuierlich zu stärken und die Muskulatur aufzubauen. Zusätzlich kann auch ein Toilettentraining stattfinden.

Bei der Anpassung der Trainingshäufigkeit an die individuellen Bedürfnisse der Senioren sollten Pflegefachkräfte deren körperliche Verfassung und eventuelle gesundheitliche Einschränkungen berücksichtigen. Einige Senioren benötigen möglicherweise mehr Ruhe- und Erholungsphasen zwischen den Trainingseinheiten, während andere in der Lage sind, häufiger zu trainieren.

Eine individuelle Betreuung und Überwachung durch Fachkräfte aus der Pflegebranche, wie Physiotherapeuten oder Urologen, ist entscheidend, um die Trainingshäufigkeit entsprechend anzupassen und sicherzustellen, dass die Senioren die Übungen korrekt durchführen. Durch regelmäßige Bewertung und Kommunikation können die Trainingsintensität und -frequenz an die Bedürfnisse und den Fortschritt der Senioren angepasst werden.

Eine Pflegerin in türkisem Shirt in einem Pflegeheim hält einen Senior an den Händen. Beide lächeln sich an. Der Senior trägt ein graues Poloshirt und eine beigefarbene Hose. Im Hintergrund sind Trainingsgeräte für Senioren sowie weitere Senioren und Pfleger und orange Deckenlampen zu erkennen.
Kurze Trainingseinheiten zusammen mit Pflegern und in Trainingsgruppen können mehrmals pro Woche durchgeführt werden. © Midjourney

Wie spannt man den Beckenboden richtig an? Schritt-für-Schritt-Anleitung

Finden Sie die richtigen Muskeln: Eine Möglichkeit, die richtigen Muskeln zu identifizieren, besteht darin, den Urinstrahl beim Wasserlassen bewusst zu unterbrechen. Die Muskeln, die dafür verantwortlich sind, sind die des Beckenbodens.
Entspannen Sie Ihren Körper: Bevor Sie mit der Anspannung des Beckenbodens beginnen, stellen Sie sicher, dass Ihr Körper entspannt ist. Nehmen Sie eine bequeme Position ein, zum Beispiel im Sitzen oder Liegen.
Konzentrieren Sie sich auf den Beckenboden: Stellen Sie sich vor, als würden Sie die Öffnungen von Blase, Vagina (bei Frauen) oder After schließen. Sie sollten eine Aufwärtsbewegung im Bereich des Beckenbodens spüren.
Anspannen der Muskeln: Ziehen Sie die Muskeln im Bereich des Beckenbodens nach oben und innen. Stellen Sie sich vor, als würden Sie versuchen, den Urinfluss zu stoppen oder den After zusammenzudrücken. Achten Sie darauf, dass Sie dabei nicht die Gesäßmuskeln, Bauchmuskeln oder Oberschenkelmuskeln anspannen.
Halten Sie die Spannung: Halten Sie die Anspannung für etwa 5-10 Sekunden aufrecht, während Sie weiterhin normal atmen. Vermeiden Sie das Anhalten des Atems während der Anspannung.
Entspannen Sie den Beckenboden: Lassen Sie die Spannung langsam los und entspannen Sie die Beckenbodenmuskulatur vollständig. Machen Sie eine kurze Pause, bevor Sie die Anspannung wiederholen.

Wiederholen Sie diese Anspannungs- und Entspannungsübungen für den Beckenboden mehrmals hintereinander. Es ist wichtig, die Anspannung nicht zu stark oder zu lange aufrechtzuerhalten, um Überanstrengung zu vermeiden. Eine regelmäßige Durchführung der Beckenbodenübungen und das bewusste Anspannen und Entspannen der Muskeln im Alltag können dazu beitragen, den Beckenboden effektiv zu trainieren und die Kontrolle über Blase und Darm zu verbessern. Bei Bedarf kann es hilfreich sein, mit einem qualifizierten Fachmann, wie einem Physiotherapeuten oder einem Urologen, zusammenzuarbeiten, um die Technik zu verfeinern und individuelle Anpassungen vorzunehmen.

Alltagstipps, um den Beckenboden zu schonen

Beim Aufstehen:

  • Vermeiden Sie ruckartige Bewegungen beim Aufstehen aus einer sitzenden oder liegenden Position.
  • Nutzen Sie Ihre Arm- und Beinmuskulatur, um sich sanft und kontrolliert aufzurichten, anstatt sich stark auf den Beckenboden zu stützen.

Beim Stuhlgang:

  • Achten Sie auf eine ballaststoffreiche Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um eine gesunde Verdauung und weichen Stuhl zu fördern.
  • Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für den Stuhlgang und vermeiden Sie übermäßiges Pressen oder Anstrengung.
  • Verwenden Sie bei Bedarf eine angemessene Sitzposition, zum Beispiel mit einem Fußhocker, um den Darm zu unterstützen und eine natürliche Entleerung zu erleichtern.

Beim Wasserlassen:

  • Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für das Wasserlassen und lassen Sie den Urin vollständig abfließen.
  • Entspannen Sie sich während des Wasserlassens und vermeiden Sie ein starkes Pressen oder Anhalten des Urinflusses.
  • Vermeiden Sie es, die Blase unnötig zu überdehnen, indem Sie häufig auf den Toilettengang achten und nicht zu lange den Drang zum Wasserlassen ignorieren.

Beim Laufen:

  • Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung und eine gute Körpermechanik beim Laufen, um eine übermäßige Belastung des Beckenbodens zu vermeiden.
  • Verwenden Sie bequeme und gut sitzende Sportbekleidung, um eine ausreichende Unterstützung des Beckenbodens während des Trainings zu gewährleisten.
  • Führen Sie regelmäßige Beckenbodenübungen durch, um die Muskulatur zu stärken und die Kontrolle über den Beckenboden während des Laufens zu verbessern.

Beim Tragen:

  • Vermeiden Sie schweres oder übermäßiges Heben, insbesondere wenn es mit plötzlichen Bewegungen oder Verdrehungen des Körpers verbunden ist.
  • Heben Sie schwere Gegenstände mit einer korrekten Hebet echnik an, bei der Sie Ihre Beinmuskulatur einsetzen und den Beckenboden nicht übermäßig belasten.
  • Bei Bedarf verwenden Sie Hilfsmittel wie Handgriffe oder Tragegurte, um die Belastung auf den Beckenboden zu reduzieren.

Woran erkenne ich, dass ich einen schwachen Beckenboden habe?

Unkontrollierter Urinverlust: Ein schwacher Beckenboden kann dazu führen, dass es schwer ist, den Urin zu halten, insbesondere bei körperlicher Anstrengung, Niesen, Husten oder Lachen. Es kann zu ungewolltem Urinverlust, auch als Stressinkontinenz bekannt, kommen.
Probleme beim Stuhlgang: Ein schwacher Beckenboden kann auch den Stuhlgang beeinträchtigen. Es kann schwierig sein, den Stuhl zu halten oder das Gefühl bestehen, dass der Darm nicht vollständig entleert wird. Dies kann zu Verstopfung oder unkontrolliertem Stuhlgang führen.
Gefühl der Schwäche im Beckenbodenbereich: Menschen mit einem schwachen Beckenboden können ein allgemeines Gefühl der Schwäche oder Instabilität im Beckenbodenbereich verspüren. Dies kann sich als ein Gefühl von “Hängen” oder “Nachgeben” im Unterleib manifestieren.
Mangelnde Empfindung oder Sensibilität im Beckenboden: Ein schwacher Beckenboden kann zu einer verminderten Empfindung oder Sensibilität im Bereich des Beckenbodens führen. Dies kann sich als Taubheitsgefühl oder geringere Wahrnehmung von Berührungen oder Empfindungen manifestieren.
Schmerzen im Beckenbodenbereich: Ein schwacher Beckenboden kann auch mit Schmerzen im Beckenbodenbereich einhergehen. Dies können dumpfe Schmerzen, Druckgefühl oder ein allgemeines Unbehagen im Unterleib sein.
Organprolaps: Bei einem schwachen Beckenboden können auch Organe im Beckenbereich, wie die Blase, Gebärmutter oder der Darm, nach unten sinken oder sich vorwölben. Dies kann zu einem sichtbaren Vorfall oder einem Druckgefühl im Vaginal- oder Rektalbereich führen

Wie benutzt man Beckenboden-Tragehilfen? Eine Anleitung.

Konsultieren Sie einen Fachmann: Bevor Sie eine Beckenboden-Tragehilfe verwenden, ist es ratsam, sich von einem Fachmann, wie einem Physiotherapeuten oder einem Urologen, beraten zu lassen. Sie können Ihnen die geeignete Tragehilfe empfehlen und Ihnen zeigen, wie Sie sie korrekt verwenden.

Auswahl der richtigen Größe: Beckenboden-Tragehilfen sind in verschiedenen Größen erhältlich. Wählen Sie eine Größe, die zu Ihnen passt und befolgen Sie die Anweisungen des Herstellers. Eine zu kleine oder zu große Tragehilfe kann unbequem sein und möglicherweise nicht den gewünschten Effekt erzielen.

Reinigen Sie die Tragehilfe: Bevor Sie die Tragehilfe verwenden, stellen Sie sicher, dass sie sauber ist. Befolgen Sie die Reinigungsanweisungen des Herstellers, um eine hygienische Anwendung zu gewährleisten.

Positionierung der Tragehilfe: Platzieren Sie die Tragehilfe so, dass sie den Beckenbodenbereich abdeckt und eine angenehme Unterstützung bietet. Befolgen Sie die Anweisungen des Herstellers, um sicherzustellen, dass die Tragehilfe richtig positioniert ist.

Befestigung der Tragehilfe: Je nach Art der Tragehilfe kann es unterschiedliche Befestigungsmethoden geben. Es können beispielsweise Haken, Klettverschlüsse oder elastische Bänder verwendet werden. Stellen Sie sicher, dass die Tragehilfe sicher und bequem sitzt, ohne dabei Druckstellen zu verursachen.

Überwachen Sie Ihr Körpergefühl: Während Sie die Beckenboden-Tragehilfe tragen, achten Sie auf Ihr Körpergefühl. Stellen Sie sicher, dass Sie sich noch frei bewegen und normal urinieren oder Stuhlgang haben können. Wenn Sie Schmerzen, Unbehagen oder andere ungewöhnliche Empfindungen verspüren, entfernen Sie die Tragehilfe und konsultieren Sie einen Fachmann.

Regelmäßige Reinigung und Wartung: Achten Sie darauf, die Beckenboden-Tragehilfe gemäß den Anweisungen des Herstellers regelmäßig zu reinigen und zu pflegen, um eine hygienische und effektive Nutzung sicherzustellen. Vergessen Sie auch die Intimpflege des Patienten nicht.