Pflege bei Kindern: Welche Unterstützungen gibt es für Eltern und Familien?

Die Gesundheit des Kindes hat für Eltern höchste Priorität.
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Eltern tragen daher die große Verantwortung, diese Gesundheit von Beginn an zu fördern und zu bewahren, soweit dies innerhalb ihrer Möglichkeiten liegt. Auch ist es eine Selbstverständlichkeit, das Kind zu pflegen, wenn es krank ist – denn akute Erkrankungen wie eine Erkältung sind im Kindesalter keine Seltenheit. Durch chronische Erkrankungen oder Unfälle kann aber ein erhöhter oder dauerhafter Pflegebedarf entstehen. Das bedeutet eine große Herausforderung für die betroffenen Familien und wirft die Frage auf, wo sie Unterstützung finden und in welcher Form.

Wenn von Pflegebedürftigkeit die Sprache ist, denken die meisten Menschen nicht direkt an Kinder oder Jugendliche. Auch Eltern gehen in der Regel davon aus, dass ihr Kind gesund zur Welt kommt und ein normales Leben führen wird. Dafür achten sie während der Schwangerschaft und nach der Geburt beispielsweise auf die richtige Ernährung oder darauf, das Kind von gewissen Gefahren fernzuhalten. Doch nicht alles haben die Eltern oder Kinder selbst in der Hand und so lassen sich Unfälle niemals mit Sicherheit ausschließen. Auch Behinderungen sowie chronische Erkrankungen können bereits bei der Geburt bestehen oder sich im Kindes- und Jugendalter entwickeln. Wenn das Kind dadurch dauerhaft pflegebedürftig wird, bedeutet das einen schweren Schicksalsschlag für die ganze Familie. Was dann?

Emotionale Belastung nicht unterschätzen

Rund 120.000 pflegebedürftige Kinder gibt es in Deutschland und in dieser Zahl sind Jugendliche noch nicht inbegriffen. In den häufigsten Fällen ergibt sich ihre Pflegebedürftigkeit durch Lähmungen, eine verminderte Intelligenz, Epilepsie oder andere Folgen von schweren Unfällen sowie chronischen Erkrankungen. Manchmal bestand die Pflegebedürftigkeit somit schon von Geburt an, in anderen Fällen entwickelte sie sich plötzlich oder als schleichender Prozess. So oder so bedeutet das für die Familie, den Alltag neu organisieren zu müssen und sich mit dem Gedanken abzufinden, dass das eigene Kind wohl niemals das Leben führen kann, welches sich die Eltern für es gewünscht hätten. Die Pflegebedürftigkeit eines Kindes ist somit eine große emotionale Herausforderung für die betroffenen Familien. Die Eltern machen sich vielleicht Vorwürfe und geben sich die Schuld an der Pflegebedürftigkeit. Manche fühlen sich mit der Situation überfordert und sind geplagt von Ängsten oder Depressionen. Geschwister leiden eventuell unter einer Vernachlässigung oder unter Trauer, wenn sich ihr Bruder oder ihre Schwester (plötzlich) stark verändert hat.

Psychologische Hilfe für das Kind, deren Eltern und Geschwister

Jede Situation ist also individuell und ebenso der Umgang der Familienmitglieder mit dieser. Erst einmal kann es daher richtig und wichtig sein, sich psychologische Unterstützung zu suchen, damit alle Familienangehörigen einen eigenen Weg finden, um mit der schwierigen Situation umzugehen. Der Gang zum (Kinder-) Psychologen ist dafür eine gute Wahl – eventuell auch für das betroffene Kind selbst, abhängig von seinem individuellen Zustand. Für Eltern können zudem Selbsthilfegruppen oder Online-Plattformen, wo sie sich mit Personen in ähnlichen Situationen austauschen, eine große Hilfe sein.

Eine angemessene Pflege für das Kind organisieren

Neben der emotionalen wartet zudem eine organisatorische Herausforderung. Das pflegebedürftige Kind soll schließlich bestmöglich betreut werden, jedoch müssen die Eltern noch weiteren Verpflichtungen wie der Arbeit oder der Betreuung von Geschwisterkindern nachkommen. Sie müssen daher die Grundsatzentscheidung treffen, ob sie die Pflege des Kindes vollständig selbst übernehmen können und möchten – oder ob sie externe Hilfe wünschen. Das wiederum kostet Geld und daher muss dem Kind ein Pflegegrad zugeteilt werden. Ebenso wie bei älteren Pflegebedürftigen, übernimmt die Pflegeversicherung abhängig von der Pflegebedürftigkeit auch bei Kindern gewisse Leistungen. Es ist deshalb wichtig, dass die Eltern bei der Krankenkasse einen Antrag stellen. Daraufhin wird der Medizinische Dienst den Fall individuell beurteilen und über den Antrag entscheiden.

Pflegegrad beantragen mit Hilfe der Pflegeberatung



Allerdings werden bei Kindern deutlich mehr Anträge abgelehnt als bei Erwachsenen; 75 Prozent, um genau zu sein. Dies liegt darin begründet, dass Kinder stets einen gewissen Pflegeaufwand erfordern. Sie entwickeln sich schließlich erst schrittweise zu selbständigen Personen. Nicht immer ist es daher einfach zu unterscheiden, ab wann der Pflegeaufwand über das normale Maß hinausgeht und die Pflegebedürftigkeit wird daher bei Kindern nach anderen Kriterien festgestellt. Dabei findet zum Beispiel stets ein Vergleich mit Gleichaltrigen statt. Es lohnt sich deshalb für die Eltern, eine spezielle Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen, welche sie bei der Antragstellung unterstützt, um mit dem Erstantrag oder einem Widerspruchsverfahren größtmögliche Chancen auf Bewilligung zu haben.

Weitere Hilfestellungen durch eine Pflegeberatung

Eine solche Pflegeberatung wird häufig von der Pflegekasse übernommen und bedeutet für die Familien eine wichtige Hilfestellung. Sie berät nämlich nicht rund um die Antragstellung, sondern unterstützt die Eltern noch bei vielerlei weiteren Themen: Organisation der Pflege, Anpassungen bei Veränderungen des Pflegebedarfs, Erstellung von Kindergutachten, Verbindung von Pflege und Berufstätigkeit, Schulpflicht und Fördermöglichkeiten, häusliche Pflege oder externe Unterbringung – und damit ist die Liste noch nicht zu Ende. Eltern von pflegebedürftigen Kindern sollten daher prüfen, welche Leistungen der Pflegeberatung für sie übernommen werden, um professionelle Unterstützung im Umgang mit der Pflegebedürftigkeit des Kindes zu erhalten. Das ist vor allem zu Beginn eine große Entlastung, wenn sie noch wenig Erfahrung mit der Thematik haben und vielleicht mit der Situation überfordert sind; organisatorisch sowie emotional.

Externe Einrichtungen für pflegebedürftige Kinder

Sei es aus zeitlichen Gründen oder weil den Eltern das medizinische Know-how fehlt: Nicht immer ist es möglich, das Kind vollständig oder teilweise im eigenen Zuhause zu betreuen. Eine externe Unterbringung kann daher zumindest für einige Zeit die richtige Lösung sein – und auch diesbezüglich hilft die Pflegeberatung. Je nach Zustand des Kindes, kann es sich dabei beispielsweise um ein Pflegeheim speziell für Kinder, ein Wohnheim für behinderte Kinder oder schlimmstenfalls sogar um ein Kinderhospiz handeln. Viele Eltern sind von einem schlechten Gewissen geplagt, wenn sie ihr Kind in externe Betreuung geben. Jedoch kann diese eine Entlastung für die Familie und auch für das Kind selbst sein, wenn es dadurch eine bessere Pflege erhält und die Eltern wieder mehr Zeit haben, sich um seine emotionalen Bedürfnisse zu kümmern – anstatt sich rein auf pflegerische Tätigkeiten zu konzentrieren. Es gilt deshalb, der externen Lösung gegenüber aufgeschlossen zu sein und ihre Vor- sowie Nachteile im Einzelfall sowie objektiv abzuwägen. Wichtig ist zudem die Auswahl der richtigen Einrichtung, bestenfalls in der Nähe der Familie, sodass ein stetiger persönlicher Kontakt möglich ist.

Extra-Tipp

Wer das pflegebedürftige Kind zuhause betreuen möchte, aber dabei Hilfe braucht, kann auch die häusliche Pflege durch eine Fachkraft in Anspruch nehmen. Die häusliche Kinderkrankenpflege entlastet die Eltern zeitlich und sorgt für eine medizinisch einwandfreie Versorgung des Kindes, ermöglicht ihm aber dennoch bei der Familie wohnen zu bleiben.

Besonderheiten bei pflegebedürftigen Kindern im Schulalter



Schlussendlich muss also jede Familie ein individuelles Konzept finden, um die Pflege des Kindes zu organisieren – schließlich ist auch jede Situation höchst individuell. Mit Erreichen des Schulalters kommen bei pflegebedürftigen Kindern aber neue Fragen auf und dies macht es notwendig, den Alltag (erneut) umzuorganisieren. Hierbei ist zu klären, ob für das Kind eine Schulpflicht besteht und wenn ja, ob es eine reguläre Schule oder eine spezielle Förderschule besuchen soll.

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten im Überblick

Zuletzt ist es für die Eltern von pflegebedürftigen Kindern wichtig zu prüfen, inwiefern sie eine Familienpflegezeit in Anspruch nehmen können und wollen. Diese kann auch mit der regulären Pflegezeit verknüpft werden und bietet eine zeitliche sowie finanzielle Entlastung. Zudem ist es wichtig, hin und wieder einen Kulissenwechsel vorzunehmen und sich in einem Urlaub zu entspannen, sei es mit der ganzen Familie oder alleine als pflegendes Elternteil. In solchen Fällen kann die sogenannte Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden, die auch als Ersatzpflege bezeichnet wird. Werden die psychischen Belastungen durch die Pflege des Kindes hingegen zu groß, ist unter Umständen eine Reha für pflegende Angehörige möglich. Diesbezüglich hilft der Hausarzt weiter. Nur gesunde Eltern können schließlich auch gute (pflegende) Eltern sein und deshalb muss bei all diesen Möglichkeiten immer jene Lösung gefunden werden, die sowohl für das pflegebedürftige Kind als auch für alle anderen Familienmitglieder dauerhaft tragbar ist.