Enterostoma: Indikationen, Pflege und Versorgung des künstlichen Darmausgangs

Älterer Mann sitzt in einem Rollstuhl. Er trägt ein Hemd und eine braune Jacke.
Darmkrebs gehört zu den häufigsten Gründen für einen künstlichen Darmausgang. © MJ
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Über die eigene Verdauung spricht man in der Regel selten. Gleichzeitig ist unser Darm ein faszinierendes Organ. Er übernimmt vielfältige Funktionen in unserem Körper und ist mehr als unser Verdauungsapparat. Unter anderem bezeichnet man den Darm als den wichtigsten Teil unseres Immunsystems. Darüber hinaus produziert der Darm verschiedene Hormone und reguliert unseren Wasserhaushalt. Menschen, die aufgrund von typischen Krankheitsbildern im Alter oder einer schweren Krebserkrankung nicht mehr über die physiologischen Darmfunktionen verfügen, erhalten einen künstlichen Darmausgang. Dieser wird fachlich als Enterostoma bezeichnet. 

Dieser Artikel erklärt, wie ein Enterostoma angeordnet wird, welche Indikationen es für ein Enterostoma gibt und wann ein Enterostoma temporär oder langfristig verlegt wird. Ebenfalls thematisiert werden die Pflegestandards eines Enterostoma und der Unterschied zwischen einem endständigen und einem doppelständigen Enterostoma. 

Definition Enterostoma

Grundsätzlich definiert man ein Stoma als eine künstliche Öffnung des Körpers. Diese wird aus medizinischer Hinsicht notwendig, wenn bestimmte Körperfunktionen gestört sind. Ein Enterostoma ist beispielsweise bei Krebspatienten, die einen großen Teil ihres Darms verloren haben, alternativlos, um die Ausscheidungen auf anderem Weg aus dem Körper zu bringen. 

Welche Indikationen führen zu einem Enterostoma? 

Ein Enterostoma ist ein chirurgisch geschaffener Ausgang für den Darm. Es wird vor allem bei den folgenden Krankheitsbildern erforderlich:  

  • Schwere chronische Darmentzündung (Morbus Crohn),
  • Angeborener Fehlbildungen des Darms, 
  • Schwere Funktionsstörung oder 
  • Darmkrebs. 

Die hauptsächliche Indikation für einen künstlichen Darmausgang ist Darmkrebs. Jährlich erkranken in Deutschland knapp 60.000 Menschen an dieser schweren Krebsform. Während der Behandlung und nach einer Operation kann vorübergehend ein künstlicher Darmausgang erforderlich sein, um den Stuhlgang abzuleiten. Wird die Krankheit erfolgreich behandelt, kann der künstliche Darmausgang rückgängig gemacht und entfernt werden.

Grundsätzlich gilt, dass ein Enterostoma indiziert ist, wenn ein Patient temporär oder langfristig nicht mehr in der Lage ist, den Darm auf natürliche Weise über den Anus zu entleeren.

Ileostoma und Kolostoma: Zwei Enterostomaarten

Der Funktionsaufbau des Darms ist nachvollziehbar. Aus dem Magen gelangt der vorverdaute Speisebrei in den Dünndarm. Der Dünndarm hat die wichtige Aufgabe, dem Speisebrei alle notwendigen Nährstoffe zu entziehen. Nach der Dünndarmpassage gelangen die Reststoffe in den Dickdarm. Hier wird Wasser entzogen, sodass der Stuhl über den Enddarm ausgeschieden werden kann. 

Erkrankungen des Dünn- oder Dickdarms können ein Enterostoma notwendig machen. Ist der Dickdarm beispielsweise durch eine Krebserkrankung nicht mehr funktionsfähig, wird ein sogenanntes Ileostoma oder Dünndarm-Stoma auf der rechten unteren Bauchseite angelegt. Über das Stoma wird ein Teil des Dünndarms nach außen geleitet. Die zweite Form des Enterostoma wird Kolostoma oder Dickdarm-Stoma genannt. Beim Kolostoma wird ein Stück des Dickdarms an die Bauchdecke gezogen und angenäht. Der Patient kann ab sofort über das Kolostoma ausscheiden. 

Endständiger und Doppelläufiger Enterostoma: Das sind die Unterschiede

Ein Kolostoma kann auf zwei unterschiedliche Arten angelegt werden. Zum einen kann es die komplette Funktion des Darmausgangs übernehmen, beispielsweise wenn der Schließmuskel beeinträchtigt ist. In diesem Fall scheiden Stomaträger vollständig über das endständige Stoma aus. 

Alternativ kann ein Kolostoma gelegt werden, bei dem Patienten sowohl über das Stoma ausscheiden und gleichzeitig weiterhin auf die Toilette gehen können. Diese Stoma-Art wird als doppelläufiges Stoma bezeichnet.

Sind Anus praeter und Enterostoma das gleiche? 

Das Wort “Stoma” stammt aus dem Griechischen. Es bedeutet ins Deutsche übersetzt Mund, Mündung oder Öffnung. Die Bezeichnung Stoma bezieht sich nicht ausschließlich auf künstliche Darmausgänge (Kolostoma für den Dickdarmausgang und Ileostoma für den Dünndarmausgang), sondern auch auf andere künstliche Ausgänge wie den Blasenausgang (Urostoma), den Luftröhrenausgang (Tracheostoma) und der künstlichen Ernährung (Gastrostoma).

Medizinisch korrekte wird der Bezeichnung Stoma grundsätzlich der Name des betroffenen Organs vorangestellt, selbst wenn im Krankenhausalltag häufig die Kurzform “Stoma” verwendet wird. Die medizinische Bezeichnung “anus praeter,”, die manchmal mit dem Stoma in Zusammenhang gebracht wird, ist in Wahrheit kein Stoma. Der Begriff “Anus” ist lateinisch und bezeichnet die untere Öffnung des Darms. “Anus praeter” steht somit für den künstlichen Darmausgang und sollte nicht mit einem Ileostoma oder Kolostoma verwechselt werden.

Ernährung bei einem Enterostoma

Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt nach der Genesungs- und Regenerationsphase nach Aufbau eines Enterostoma keine besondere Ernährungsweise oder Diät. Auf blähende Nahrungsmittel sollte nach Möglichkeit verzichtet werden, da Blähungen bei Menschen mit einem Enterostoma besonders unangenehm werden können. Patienten mit einem Enterostoma sollten ausprobieren, auf welche Lebensmittel sie individuell mit Unverträglichkeiten reagieren und ihren Speiseplan entsprechend anpassen. 

Für Menschen mit einer Ileostomie (Dünndarmausgang) ist es wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu trinken, da viel davon zusammen mit dem Stuhlgang ausgeschieden wird. Darüber hinaus sollten faserreiche Lebensmittel klein geschnitten und nicht in großen Mengen auf einmal gegessen werden. Dies verhindert eine Blockade des Stomas durch Fasern im Dünndarm. Gründliches Kauen ist bei einem Enterostoma angeraten, damit der Speisebrei möglichst zerkleinert im Magen ankommt und weiterverarbeitet werden kann. 

Auf der Internetseite der Deutschen Krebsgesellschaft findet man zusätzlich Praxistipps und Ernährungsempfehlungen beim künstlichen Darmausgang.

Körperpflege und Pflegestandards: So wird ein Enterostoma professionell gepflegt

Patienten mit einem Enterostoma sind nach der Operation in der Regel selbst für die Pflege des künstlichen Ausgangs verantwortlich. Betreuungsangebote in der Anfangszeit helfen, die eigene Körperpflege zu erlernen. Unterschieden wird eine einteilige oder zweiteilige Versorgung. 

  • Einteilige Stomaversorgung: Haftfläche und Stomabeutel sind zusammengefügt.
  • Zweiteilige Stomaversorgung: Haftfläche und Beutel sind getrennt und können entweder mit einem Rastringsystem oder Klebeflächen verbunden werden.

Wie häufig eine Erneuerung des kompletten Stoma notwendig ist, variiert je nach Patient und Erkrankung. Der beste Zeitpunkt für den Wechsel der Stomaversorgung ist der Vormittag vor dem Frühstück, da der Körper in diesem Zeitraum weniger Ausscheidungen produziert. Dies erleichtert den Wechsel signifikant. Abhängig davon, ob es sich um eine ein- oder zweiteilige Versorgung handelt, müssen Beutel oder Basisplatte mit Beutel, Kompressen, Entsorgungsbeutel, eine Schere, verschiedene Hygieneartikel sowie Modellierstreifen zur zusätzlichen Abdichtung und Versorgung bereitgelegt werden. 

Der Wechsel des Enterostoma beginnt, indem die alte Versorgung vorsichtig von oben nach unten abgelöst wird. Stellt man eine stark aufgeweichte oder mit Stuhl verschmutzte Hautschutzfläche fest, muss das Wechselintervall angepasst werden. Das Stoma und ebenso die Haut werden im nächsten Schritt mit Wasser gereinigt. Das Stoma selbst sollte vorsichtig abgetupft werden, um eine Verletzung der empfindlichen Schleimhaut zu vermeiden. Dafür sind vor allem Einmalkompressen geeignet.

Die Reinigung der Haut um ein Darmstoma erfolgt kreisförmig von außen nach innen. Ist die Haut versorgt und trocken, kann eine neue Stomaversorgung von unten nach oben angebracht werden. 

Ist ein Enterostoma reversibel? 

Bei einer erfolgreichen Behandlung der Grunderkrankung ist es möglich, ein Enterostoma zurückzuverlegen und zu entfernen. Entscheidend hierfür ist, dass die physiologische Funktion des Darms wiederhergestellt wurde.