Stoma: Notwendigkeit, Versorgung und Lebensqualität

Senior mit Hosenträgern schaut in die Kamera.
Es gibt verschiedene Formen von Stoma, die die Patienten unterschiedlich einschränken. © MJ
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Niemand ist gern krank. Während leichtere Erkrankungen wie eine Grippe oder ein gebrochener Fuß nach einer gewissen Zeit ausheilen, sind andere Krankheitsbilder für den Rest des Lebens für die Betroffenen präsent. Dies gilt zum Beispiel für schwere Erkrankungen wie Morbus Crohn, eine Divertikulose oder typische Krankheitsbilder im Alter wie Demenz oder Krebserkrankungen. 

Derartige Erkrankungen haben Auswirkungen auf alltägliche Dinge wie die Nahrungsaufnahme, die Verdauung oder den täglichen Toilettengang. Betroffene Patienten verlieren einen Großteil ihrer Lebensqualität. Moderne Behandlungsmethoden geben in diesen Fällen Hoffnung. Eine von vielen innovativen Therapiemöglichkeiten ist das Stoma. Erfunden 1954 in Dänemark, wird das Stoma heute bei den unterschiedlichsten Erkrankungen eingesetzt, um die Lebensqualität von schwerkranken Patienten zu erhöhen. 

Der griechische Begriff Stoma bedeutet ins Deutsche übersetzt „Öffnung.“ Ein Stoma ist definitionsgemäß eine künstliche Anlage oder Öffnung in den Körper.

Es gibt unterschiedliche Stoma-Arten, unter anderem: 

  • Das Enterostoma, bei dem der Darm operativ mit der Bauchoberfläche verbunden wird, 
  • Das Gastrostoma zur künstlichen Ernährung direkt in den Magen, 
  • Das Urostoma, als künstlich hergestellter Ausgang an der Blase und
  • Das Tracheostoma, ein Zugang zur Luftröhre mittels Luftröhrenschnitt. 

Obwohl es auf den ersten Blick unangenehm klingt, eine künstliche Körperöffnung per Operation herzustellen, kann ein Stoma das Leben betroffener Patienten signifikant verbessern. Egal ob der Einsatz von Stomata den Abtransport von Ausscheidungen oder die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen oder Atemluft unterstützt, ein Stoma ist es eine wertvolle, erprobte und effektive Behandlungsmethode. 

Dieser Artikel erklärt praxisbezogen, wie die verschiedenen Stoma-Arten eingesetzt werden, um die Lebensqualität von Patienten zu verbessern. Unter anderem wird beantwortet, welche Pflegegrade ein Stomapatient beantragen kann, wie ein Stomabeutel gewechselt wird, welche Nahrungsmittel für Stomapatienten angeraten sind und welche Ernährung kontraproduktiv ist. 

Welchen Pflegegrad kann ein Stomapatient beantragen? 

Ein Stoma berechtigt nicht automatisch zu einem gewissen Pflegegrad. In den meisten Fällen sind Stomapatienten stark eingeschränkt und erhalten ein hohes Maß an Unterstützung durch eine häusliche oder stationäre Pflege. Je höher der Bedarf an Unterstützung bei der Versorgung ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, einen Pflegegrad zu erhalten. 

Die wichtigste Voraussetzung zur Beantragung eines Pflegegrads ist die Langfristigkeit des Unterstützungsbedarfs. Dieser muss im Mindestfall sechs Monate lang bestehen. Die Einschränkung der Selbstständigkeit, die unter anderem gegeben ist, wenn ein enger Angehöriger pflegende Tätigkeiten übernimmt, ist ein entscheidendes Kriterium für die Bewertung des Pflegebedarfs. Mit dem Pflegegrad sind sowohl die Einhaltung der Pflegestandards und ebenso eine finanzielle Unterstützung der Betroffenen gesichert. 

Ein Schwerbehindertenausweis bietet zusätzlich finanzielle Vorteile

Abseits von den Pflegegraden 1 bis 5, können Stomapatienten einen Schwerbehindertenausweis beim zuständigen Versorgungsamt beantragen. Gut eingestellte Stomapatienten erhalten einen Grad der Behinderung von 50. Ist die tatsächliche Leistungseinschränkung durch die Grunderkrankung höher, wird der Grad der Behinderung im Schwerbehindertenausweis ebenfalls höher ausfallen. 

Ein Schwerbehindertenausweis bietet unter anderem finanzielle Vorteile bei Telefongebühren, ermäßigt den Eintritt in Museen und Theater, befreit Betroffene von den Rundfunkgebühren und eröffnet die Möglichkeit, früher in Altersrente zu gehen. 

Ernährung bei einem Stoma

Es gibt keine allgemeingültige Aussage, welche Lebensmittel bei einem Stoma nicht gegessen werden dürfen. Da jeder Mensch und Organismus anders reagiert, empfehlen die medizinischen Fachgesellschaften grundsätzlich eine abwechslungsreiche und vollwertige Mischkost. Obst, Gemüse, fettarmes Fleisch sowie fettarme Milch- und Vollkornprodukte gehören zu einem ausgewogenen Speiseplan. Ballaststoffe und leicht verdauliche Kohlenhydrate sind empfehlenswert. 

Nach der Stomaanlage ist es normal, dass vorübergehend Unverträglichkeiten und/oder Blähungen auftreten. Bei den meisten Patienten normalisieren sich diese Probleme innerhalb von 3 bis 6 Monaten. Vor allem bei einem Enterostoma oder Gastrostoma ist es wichtig, dass Patienten dem Darm Zeit geben, sich an die neue Situation anzupassen. Dies gilt vor allem für Krebspatienten, denen ein Teil des Magens oder Darms entfernt wurde. 

Grundsätzlich wird keine spezielle Stoma-Diät empfohlen. Jeder Patient muss individuell anhand eines Ernährungs- und Beschwerdeprotokolls herausfinden, unter welchen Unverträglichkeiten er leidet. Auf Frucht- und Gemüsesäuren sollte weitestgehend verzichtet werden, da Zitrusfrüchte oder eingelegtes Gemüse eine reizende Wirkung auf das Stoma haben können. 

Wie häufig muss man einen Stomabeutel wechseln? 

Bei einem Enterostoma oder Urostoma, in dem Ausscheidungen aufgenommen werden, unterscheidet man zwei Arten von Stomabeuteln: 

  1. Geschlossene Einmalbeutel.
  2. Ausstreifbeutel.

Geschlossene Einmalbeutel für Stuhlgang sollten bei Bedarf oder wenn der Füllstand die Hälfte erreicht hat, gewechselt werden. Um ein Platzen des Beutels zu vermeiden, sollte er nicht zu voll sein. Es wird empfohlen, den Beutel alle zwei bis vier Stunden auszutauschen. Ausstreifbeutel sind die umweltfreundlichere und kosteneffizientere Alternative. Sie werden entleert, gereinigt und wiederverwendet. Ein neuer Beutel ist ausschließlich erforderlich, wenn der benutzte Beutel undicht wird, nicht mehr an der Platte haftet oder das Befestigungssystem beschädigt ist.

Urostomabeutel verfügen über ein Ventil zum Entleeren der Flüssigkeit und eine Rücklaufsperre, um Infektionen zu verhindern. Zur Vereinfachung der nächtlichen Versorgung bieten Adaptersysteme die Möglichkeit, einen größeren Beutel anzuschließen. Urostomabeutel können, wie Ausstreifbeutel längerfristig verwendet werden. Die Stomaversorgung sollte jedoch in allen Fällen auf keinen Fall vernachlässigt werden.

Wie wird ein Stomabeutel gewechselt? 

Beim Wechsel eines Stomabeutels sind Fingerspitzengefühl und Handhygiene entscheidend. Zusätzlich unterscheidet man zwei verschiedene Systeme: 

  • Das einteilige Stomasystem sowie
  • Das zweiteilige Stomasystem. 

Wie wechselt man ein einteiliges Stomasystem? 

  1. Entfernung der gesamten Stomaanlage von oben nach unten vom Bauch abwärts. 
  2. Entsorgung aller verwendeten Materialien im Rest- oder Hausmüll. 
  3. Wiederholung des Vorgangs ein bis dreimal am Tag nach Bedarf.

Wie wechselt man ein zweiteiliges Stomasystem? 

Bei einem zweiteiligen Stomasystem muss ausschließlich der Stomabeutel ausgewechselt werden, während die Basisplatte an der Haut verbleibt. Der neue Beutel wird an der Basisplatte befestigt. Der Wechsel des kompletten Systems wird von Fachgesellschaften einmal täglich empfohlen.

Wer darf den Stomabeutel wechseln? 

Nachdem ein künstlicher Darmausgang oder ein Stoma an einer anderen Körperstelle angelegt wurde, erhalten Patienten eine fachliche und praktische Anleitung von einer medizinischen Fachkraft zur Handhabung und Pflege des Stomas. Abhängig vom Gesundheitszustand wechselt der Stomapatient anschließend das Stoma selbstständig. Pflegebedürftige oder demente Personen im Krankenhaus oder Pflegeheim erhalten Unterstützung durch das Pflegepersonal. 

Wie lebt es sich mit einem künstlichen Darmausgang? 

Die meisten Patienten, die einen künstlichen Darmausgang erhalten, benötigen in der Eingewöhnungsphase viel Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Betreuungsangebote helfen ihnen, sich auf das Stoma einzulassen. Im Alltag müssen Betroffene manche Änderungen ihrer Lebensgewohnheiten vornehmen, die beispielsweise das Essverhalten, die Körperpflege, Bewegung und Sport, die Sexualität oder die Urlaubsgewohnheiten betreffen. 

Patienten, die sich an das Stoma und die Einschränkungen und Veränderungen gewöhnen, können ein erfülltes und zufriedenes Leben mit einer hohen Lebensqualität führen. Dies gilt vor allem für Betroffene, deren Krebserkrankung ohne Rezidiv therapiert werden konnte. 

Wie lange ist die Lebenserwartung für Patienten mit Stoma? 

Mit einem Stoma ist ein normales und langes Leben problemlos möglich. Die professionelle Versorgung des Stomas gehört zu den Pflegestandards und alle benötigten Materialien sind gut verträglich und nach kurzer Eingewöhnung simpel zu handhaben. Wie lange ein Patient mit Stoma lebt, hängt vor allem von der Grunderkrankung und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Betroffenen ab. 

Kann man ein Stoma rückgängig machen? 

In vielen Fällen ist eine Rückverlegung des Stomas und ein Leben ohne künstlichen Ausgang möglich. Gemeinsam mit den behandelnden Ärzten wird individuell festgelegt, welches der beste Zeitpunkt ist, das Stoma zu entfernen. Den optimalen Zeitpunkt zu definieren ist wichtig, da eine vorzeitige Rückverlegung zu Komplikationen führen kann. Dies könnte eine erneute Anlage eines Stomas notwendig machen. Je nach Art des Stomas variieren die Operationsmethoden für die Stoma-Rückverlegung.