
- Das Wichtigste in Kürze
- Was versteht man unter Verhinderungspflege?
- Welche Voraussetzungen müssen für eine Pflegevertretung erfüllt werden?
- Wer kann als Pflegevertretung einspringen?
- Wie lange kann Verhinderungspflege genutzt werden?
- Wann eignet sich stundenweise Verhinderungspflege und wann eine längere Auszeit?
- Wie wird eine Pflegevertretung beantragt?
- Rückwirkende Beantragung von Verhinderungspflege
- Was ist der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege?
- Erstattungshöchstgrenzen nach Pflegegrad und Pflegeperson
- Leistungen der Pflegeversicherung für die Pflegevertretung
- Welche Kosten werden bei Ersatzpflege erstattet?
- Wie funktioniert die Abrechnung von Pflegeleistungen über die Pflegekasse?
- Anspruch auf Pflegegeld trotz Verhinderungspflege?
- Fazit
Die Pflege eines Angehörigen kann erfüllend sein, gleichzeitig aber körperlich und seelisch stark beanspruchen. Viele pflegende Personen stoßen früher oder später an ihre Grenzen – Überlastung und gesundheitliche Probleme sind häufig die Folge. Genau hier setzt die Verhinderungspflege an: Sie verschafft dringend benötigte Auszeiten, schützt die Gesundheit der Pflegeperson und schafft Raum, neue Kraft zu tanken, während die pflegebedürftige Person weiterhin gut versorgt bleibt. Fällt die Hauptpflegeperson vorübergehend aus, übernimmt eine Pflegevertretung alle notwendigen Aufgaben. In diesem Artikel erfahren Sie, was Verhinderungspflege umfasst, wie Sie sie beantragen und welche Regelungen dabei gelten.
Das Wichtigste in Kürze
- Voraussetzungen und Anspruch: Pflegebedürftige müssen mindestens Pflegegrad 2 haben; seit 1. Juli 2025 entfällt die Vorpflegezeit von sechs Monaten.
- Wer kann einspringen: Sowohl professionelle Pflegedienste als auch Angehörige, Freunde oder Nachbarn können die Pflegevertretung übernehmen, ohne pflegerische Ausbildung.
- Dauer und flexible Nutzung: Verhinderungspflege kann bis zu 8 Wochen pro Jahr in Anspruch genommen werden, stundenweise oder tageweise, je nach Bedarf.
- Beantragung und Erstattung: Die Beantragung der Pflegevertretung kann online, telefonisch oder rückwirkend bei der Pflegekasse erfolgen, die Kostenerstattung erfolgt Rechnungen erstattet.
Was versteht man unter Verhinderungspflege?
Verhinderungspflege bezeichnet eine Ersatzpflege, die pflegende Angehörige im privaten Umfeld in Anspruch nehmen können. Sie unterstützt die Pflegenden dabei, ihre eigene Gesundheit zu schützen. Pflegende Angehörige müssen keinen Grund für die Inanspruchnahme angeben. Typische Gründe sind persönliche Verpflichtungen, wie Arztbesuche, Einkäufe, Freizeitaktivitäten oder Theaterbesuche. Auch Reha-Maßnahmen oder Urlaub gelten als legitime Gründe, um eine Ersatzpflege einzusetzen.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Pflegevertretung erfüllt werden?
Pflegende Angehörige können Verhinderungspflege beantragen, sobald die pflegebedürftige Person mindestens den Pflegegrad 2 hat. Seit dem 1. Juli 2025 entfällt die bisher notwendige Vorpflegezeit von sechs Monaten, sodass die Ersatzpflege auch direkt nach Beginn der häuslichen Pflege genutzt werden kann.
Die Gründe für die Abwesenheit der pflegenden Person spielen keine Rolle – egal ob Arztbesuch, Einkäufe oder ein kurzer Urlaub. So kann beispielsweise eine berufstätige Tochter für eine Woche verreisen, während die Verhinderungspflege die Betreuung ihres Vaters übernimmt, ohne dass ein Mindestpflegezeitraum erfüllt sein muss.
Wer kann als Pflegevertretung einspringen?
Grundsätzlich kann jede Person als Vertretung für eine pflegende Person eingesetzt werden. Angehörige sind nicht dazu verpflichtet, einen professionellen Pflegedienst in Anspruch zu nehmen. Stattdessen ist es ebenso möglich, Nachbarn, Freunde oder Verwandte zu bitten, die Pflege für einen bestimmten Zeitraum zu übernehmen. Die Pflegeperson muss nicht einmal über pflegerische Kenntnisse oder eine einschlägige Ausbildung in diesem Bereich verfügen. Entscheidend ist lediglich, dass sie für die Pflegebedürftigen da ist und diese in angemessener Weise pflegt und versorgt. Hierbei wird zwischen nahen Verwandten und verschwägerten Personen unterschieden:
Nahe Verwandte:
- Kinder
- Enkel
- Ehepartner
- Eltern
- Großeltern
- Geschwister
Verschwägerte Personen:
- Stiefeltern
- Stiefkinder
- Stiefgroßeltern
- Schwiegereltern
- Schwiegerkinder
- Schwager und Schwägerinnen
Ebenso haben pflegende Angehörige die Möglichkeit, einen professionellen Pflegedienst mit der Verhinderungspflege zu beauftragen. Häufig übernimmt ein ambulanter Pflegedienst diese Aufgabe. Dieser bietet den Vorteil, dass die Pflegebedürftigen in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben und sich nicht an ein neues Umfeld oder veränderte Rhythmen gewöhnen müssen. Der Pflegedienst übernimmt alle anfallenden Aufgaben so, als wären die pflegenden Angehörigen zu Hause.
Gerade bei längeren Abwesenheiten der pflegenden Angehörigen (zum Beispiel im Rahmen einer Kur oder Reha-Maßnahme) kann es sinnvoll sein, die Pflegebedürftigen je nach Pflegegrad in einer stationären Pflegeeinrichtung unterzubringen. Um die hierfür anfallenden Kosten zumindest teilweise erstattet zu bekommen, ist es wichtig, dass die jeweilige Einrichtung von der Pflegekasse anerkannt wurde.
Wie lange kann Verhinderungspflege genutzt werden?
Bis zum 30. Juni 2025 konnten Pflegepersonen die Verhinderungspflege für bis zu 6 Wochen (42 Tage) im Jahr nutzen. Am 1. Juli 2025 ist die mögliche Dauer auf 8 Wochen (56 Tage) pro Kalenderjahr gestiegen. Gleichzeitig ermöglicht die flexible Einteilung der Pflegevertretung den Pflegenden, ihre freie Zeit individuell zu gestalten. So können sie die Auszeiten genau dann nehmen, wenn Ermüdungserscheinungen auftreten oder eine Überlastung droht, und ihre eigene Gesundheit gezielt schützen.
Wann eignet sich stundenweise Verhinderungspflege und wann eine längere Auszeit?
Die verfügbare Zeit am Stück zu nutzen, ist oft wenig sinnvoll. Häufig reichen schon wenige Stunden, um Arzttermine wahrzunehmen, Einkäufe zu erledigen oder eine Veranstaltung zu besuchen. In solchen Fällen eignet sich stundenweise Verhinderungspflege, wenn die Ersatzpflegeperson weniger als 8 Stunden pro Tag übernimmt.
Für längere Abwesenheiten wie eine Kur oder einen Urlaub ist tageweise Verhinderungspflege sinnvoll, wenn die Ersatzpflegeperson 8 oder mehr Stunden pro Tag betreut. Wichtig ist, nur den tatsächlichen Bedarf anzugeben, damit keine Leistungen ungenutzt bleiben.
Wie wird eine Pflegevertretung beantragt?
Die Beantragung der Verhinderungspflege erfolgt bei der zuständigen Pflegekasse, oft online über ein bereitgestelltes Formular. Alternativ können sich Angehörige telefonisch beraten lassen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben Auskunft zu Kosten, Dauer und Abläufen und helfen, den Einsatz der Pflegevertretung optimal zu planen.
Ein Vorteil: Verhinderungspflege muss nicht immer im Voraus beantragt werden. Auch kurzfristige Einsätze durch Angehörige oder Nachbarn lassen sich im Nachhinein geltend machen.
Rückwirkende Beantragung von Verhinderungspflege
Verhinderungspflege kann grundsätzlich rückwirkend beantragt werden, etwa wenn Angehörige erst später von ihrem Anspruch erfahren. Spezielle Formulare stehen auf den Webseiten der Pflegekassen zur Verfügung. Bei längeren Zeiträumen empfiehlt sich ein Beratungsgespräch, um die Möglichkeiten der Erstattung zu klären.
Kosten werden nur gegen Vorlage von Rechnungen und Belegen erstattet. Fehlen diese, ist eine Rückerstattung nicht möglich. In Deutschland gilt eine Verjährungsfrist von vier Jahren, innerhalb derer eine rückwirkende Beantragung grundsätzlich möglich ist – vorausgesetzt, die Unterlagen liegen vor.
Was ist der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege?
Kurzzeitpflege ermöglicht pflegebedürftigen Menschen einen zeitlich befristeten Aufenthalt in einer stationären Einrichtung. Ziel ist, pflegende Angehörige aktiv zu entlasten und ihnen Erholung, zum Beispiel durch einen kurzen Urlaub, zu ermöglichen.
Seit dem 1. Juli 2025 steht ein gemeinsames Jahresbudget von 3.539â¯Euro für Kurzzeit- und Verhinderungspflege zur Verfügung. Besonders praktisch: Beide Leistungen lassen sich kombinieren. Wer nach einem Krankenhausaufenthalt etwa acht Wochen in Kurzzeitpflege verbringt, kann zusätzlich Verhinderungspflege und Entlastungsbeträge nutzen – der Eigenanteil sinkt deutlich.
Erstattungshöchstgrenzen nach Pflegegrad und Pflegeperson
Die Verhinderungspflege erstattet Pflegekosten abhängig davon, wer die Pflege übernimmt (siehe Tabelle).
- Nahe Verwandte (1. oder 2. Grades) erhalten das Doppelte des monatlichen Pflegegeldes.
- Entfernte Verwandte, Freunde oder professionelle Pflegedienste können bis zu 3.539â¯Euro pro Jahr abrechnen – dieser Betrag teilt sich mit der Kurzzeitpflege.
Pflegegrad | Enge Angehörige oder im Haushalt lebende Personen (inkl. zusätzlicher Kosten) | Entfernte Angehörige, Bekannte oder professionelle Pflegekräfte (gemeinsamer Jahresbetrag) |
2 | 694 € + mögliche Mehrkosten | 3.539⯀ |
3 | 1.198 € + mögliche Mehrkosten | 3.539⯀ |
4 | 1.600 € + mögliche Mehrkosten | 3.539⯀ |
5 | 1.980⯀ + mögliche Mehrkosten | 3.539⯀ |
Leistungen der Pflegeversicherung für die Pflegevertretung
Die Pflegeversicherung bietet einer Pflegevertretung verschiedene Leistungen. So werden zum Beispiel einzelne Pflegeleistungen erstattet. Hierzu gehören etwa das Duschen und Ankleiden der pflegebedürftigen Person, aber auch die Erledigung von Einkäufen. Ebenso ist es möglich, eine stundenweise Abrechnung zu nutzen. Hierbei wird eine pflegebedürftige Person während der Abwesenheit der Angehörigen betreut, unterhalten und bei Bedarf gepflegt.
Bei der tageweisen Betreuung nehmen die pflegebedürftigen Menschen an verschiedenen Aktivitäten teil. Hierdurch kommen sie mit anderen Menschen in Kontakt und verbringen eine gute Zeit. Ebenso ist es möglich, eigene Aktivitäten zu wählen und einen Tag individuell zu gestalten. Bei der Nutzung einer solchen tageweisen Betreuung werden unter anderem Fahrtkosten für die An- und Abfahrt der zu pflegenden Person erstattet. Nicht zuletzt kann eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung genutzt werden. In einem solchen Fall werden die Nachtschichten und die Bereitschaft übernommen.
Welche Kosten werden bei Ersatzpflege erstattet?
Die Pflegekasse übernimmt bei einer Verhinderungspflege verschiedene Kosten. Diese betreffen einerseits professionelle Pflegedienste, können aber auch von Privatpersonen in Anspruch genommen werden. Diesen können durch eine Ersatzpflege teils recht hohe Kosten entstehen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sie für die Pflege lange Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen. Ebenso kann es passieren, dass ihnen durch die Pflege der hilfsbedürftigen Personen Verdienstausfälle entstehen. Für all diese Situationen kommt die Pflegekasse auf. Unter anderem werden folgende Leistungen erstattet:
- Kosten für einen ambulanten Pflegedienst
- Kosten für den Aufenthalt in einer stationären Pflegeeinrichtung
- Kosten für eine Ersatzpflegeperson
- Anfahrtskosten für die Ersatzpflegeperson
- Verdienstausfälle der Ersatzpflegeperson
Wie funktioniert die Abrechnung von Pflegeleistungen über die Pflegekasse?
Die Abrechnung der zu erstattenden Leistungen erfolgt über die Pflegekasse. Hierbei ist es unerheblich, ob die Leistung für mehrere Wochen und Monate oder nur für ein paar Tage oder gar Stunden in Anspruch genommen wird. Für die Abrechnung ist es erforderlich, die notwendigen Dokumente und Rechnungen einzureichen. Hierfür bieten viele Pflegekassen mittlerweile Onlinelösungen an. Es ist somit möglich, die Dokumente einzuscannen oder Fotografien davon zu machen und sie in digitaler Form an die Pflegekasse zu schicken.
Wichtig ist es, dass die Pflegekasse über alle relevanten Informationen für die Erstattung verfügt. Hierzu gehören unter anderem der Pflegegrad, die Dauer der Leistung, die Höhe der Kosten und einiges mehr. Es lohnt sich häufig, ein Beratungsgespräch mit der Pflegekasse zu führen. Hier lässt sich klären, welche Informationen und Unterlagen für die Abrechnung benötigt werden. Auf diese Weise verhindern Sie, dass Sie aufgrund fehlender oder unvollständiger Unterlagen unnötig lange auf die Erstattung des Geldes warten müssen.
Anspruch auf Pflegegeld trotz Verhinderungspflege?
Bei einer Verhinderungspflege handelt es sich strenggenommen um eine Unterbrechung der Pflege. Die pflegenden Angehörigen kümmern sich nicht mehr selbst im häuslichen Umfeld um die pflegebedürftige Person. Stattdessen übergeben sie diese Aufgabe in professionelle Hände oder betrauen Nachbarn, Freunde oder entfernte Verwandte mit diesem Dienst. Deswegen stellt sich die Frage, ob bei der Nutzung von Verhinderungspflege das Pflegegeld weitergezahlt wird.
Die Antwort auf diese Frage lautet: teilweise. Pflegende Angehörige haben auch bei Nutzung einer Verhinderungspflege Anspruch auf 50 % des Pflegegeldes. Dieses wird bis zu 56 Tage oder acht Wochen lang weitergezahlt, also genauso lange, wie die Ersatzpflege maximal in Anspruch genommen werden darf. Hierbei ist es unerheblich, ob sich die betroffenen Angehörigen für eine Kurzzeitpflege oder eine Verhinderungspflege entscheiden. Die Regelungen zum Pflegegeld sind bei beiden Betreuungsformen gleich.
Fazit
Die Verhinderungspflege bietet pflegenden Angehörigen dringend benötigte Pausen und schützt vor Überlastung. Die Beantragung ist unkompliziert: Anträge stehen online bereit, und Pflegekassen bieten Beratung telefonisch oder persönlich an. Besonders vorteilhaft ist die flexible Nutzung ( stunden- oder monatsweise), sodass Arzttermine, Reha-Maßnahmen oder kurze Urlaube problemlos abgedeckt werden können. Auch die Kostenübernahme ist großzügig geregelt: Angehörige haben bis zu vier Jahre Zeit, entstandene Kosten geltend zu machen, selbst rückwirkend. So erfahren pflegende Personen Wertschätzung und erhalten die nötige Unterstützung, um ihre eigene Gesundheit zu schonen und finanzielle Einbußen zu vermeiden.