
- Pflegekräfte aus dem Ausland: Zwischen Potenzial und Praxis
- Sprachliche Anforderungen im Pflegealltag
- Sprachkurse als Schlüssel zur Integration
- Sprachförderung beginnt vor der Einreise
- Was erfolgreiche Integration ausmacht: ein mögliches Praxisbeispiel
- Sprachförderung für alle: Auch das Team profitiert von Trainingsmöglichkeiten
- Sprache als Zugang zur Gesellschaft
- Politischer Handlungsbedarf: Integration strategisch denken
- Sprache ist mehr als Kommunikation – sie ist der Kitt, der alles zusammenhält
Die Pflegebranche in Deutschland steht vor einem strukturellen Wandel. Die Kombination aus einer alternden Gesellschaft, steigender Pflegebedürftigkeit – laut dem Statistischen Bundesamt gibt es 16.500 Pflegeheime, 15.500 ambulante Pflegedienste sowie 5,7 Millionen pflegebedürftige Menschen – und einem gravierenden Mangel an qualifiziertem Personal führt dazu, dass Pflegedienste, Heime und Kliniken zunehmend auf internationale Fachkräfte angewiesen sind. Doch damit diese Maßnahme nachhaltig wirkt, braucht es mehr als nur Anerkennungsverfahren und Arbeitsverträge. Ein entscheidender Erfolgsfaktor, der bislang oft unterschätzt wird, ist die Sprachkompetenz der zugewanderten Pflegekräfte.
16.500
Pflegeheime
15.500
ambulante Pflegedienste
5,7 Mio
pflegebedürftige Menschen
Pflegekräfte aus dem Ausland: Zwischen Potenzial und Praxis
Der Anteil internationaler Pflegekräfte in deutschen Einrichtungen ist gestiegen: Im Sommer 2023 stammten rund 16 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pflegekräfte, die zu diesem Zeitpunkt in Deutschland gearbeitet haben, aus dem Ausland.
Viele dieser Kräfte stehen bei ihrer Ankunft in Deutschland oftmals vor immensen sprachlichen und kulturellen Herausforderungen. Selbst wenn die formalen Qualifikationen vorliegen, fehlt es häufig an alltagstauglichen Sprachfähigkeiten – sowohl im beruflichen als auch im sozialen Kontext. Genau hier zeigt sich, wie eng Integration und Sprache miteinander verknüpft sind.
Sprachliche Anforderungen im Pflegealltag
Pflege ist Kommunikation. Wer in diesem Beruf arbeitet, muss in der Lage sein, Informationen zu verstehen, weiterzugeben, Rückfragen zu stellen und einfühlsam zu reagieren. Das gilt sowohl im Kontakt mit Patientinnen und Patienten als auch im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder Angehörigen.

Die sprachlichen Anforderungen reichen:
- von der Dokumentation im Pflegebericht
- über das Verständnis ärztlicher Anweisungen
- bis hin zu Gesprächen über sensible Themen wie Schmerzen oder Ängste.
Eine falsche Wortwahl oder ein Missverständnis können hier gravierende Folgen haben – für die pflegebedürftige Person ebenso wie für das berufliche Standing der Pflegekraft.
Darüber hinaus kann mangelnde Sprachkompetenz zu Unsicherheiten, Isolation und Frustration führen – mit dem Risiko, dass motivierte Pflegekräfte innerlich kündigen oder das Land wieder verlassen. Das bedeutet: Wer die Sprachförderung vernachlässigt, gefährdet nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern auch die langfristige Bindung von Fachkräften.
Sprachkurse als Schlüssel zur Integration
Eine gezielte sprachliche Förderung ist daher weit mehr als eine nette Begleitmaßnahme; sie ist ein strategisches Instrument der Personalentwicklung. Immer mehr Träger erkennen das und bieten mittlerweile eigene Programme oder Kooperationen mit Sprachschulen an.
Besonders effektiv sind digitale Deutschkurse, die flexibel und ortsunabhängig durchgeführt werden können. Diese richten sich meist gezielt an Berufstätige, die im Gesundheitswesen tätig sind und bieten praxisnahe Inhalte, die direkt im Arbeitsalltag angewendet werden können. Neben Grammatik und Wortschatz geht es auch um Themen wie zum Beispiel:

Solche Angebote helfen nicht nur den internationalen Pflegekräften, sondern entlasten auch die Teams vor Ort – denn ein gemeinsamer sprachlicher Nenner schafft Klarheit, Verlässlichkeit und Vertrauen.
Sprachförderung beginnt vor der Einreise
Einige Kliniken und Träger gehen inzwischen noch einen Schritt weiter und setzen bereits im Herkunftsland auf intensive sprachliche Vorbereitung. Im Rahmen sogenannter Triple-Win-Programme werden ausländische Pflegekräfte sowohl fachlich als auch sprachlich und interkulturell auf den Einsatz in Deutschland vorbereitet.
Was erfolgreiche Integration ausmacht: ein mögliches Praxisbeispiel
Ein Pflegeheim hat ein innovatives Sprach- und Integrationskonzept umgesetzt: Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland erhalten neben einem Deutschkurs mit Pflegefokus die Möglichkeit, an einem wöchentlichen Sprachstammtisch mit deutschen Kolleginnen und Kollegen teilzunehmen. Ergänzt wird das Ganze durch regelmäßige Workshops zu den Themen >Kommunikation in Konfliktsituationen“, >Pflegeethik in Deutschland“ oder auch >Interkulturelles Miteinander im Team“.
Die Ergebnisse könnten (im Idealfall) für sich sprechen: Innerhalb von sechs Monaten verbessern sich die Sprachkenntnisse, das Teamklima wird als >stabiler“ beschrieben und die Zahl der Krankmeldungen im ersten Jahr sinkt signifikant.
Die sprachliche Eingliederung hängt eng mit strukturellen Rahmenbedingungen zusammen: Einrichtungen, die die sprachliche Unterstützung als Teil der Unternehmenskultur begreifen, profitieren langfristig von stabileren Teams und einer höheren Pflegequalität.
Sprachförderung für alle: Auch das Team profitiert von Trainingsmöglichkeiten
Ein häufig übersehener Aspekt ist, dass nicht nur die zugewanderten Pflegekräfte sprachlich begleitet werden sollten – sondern auch die bestehenden Teams. Denn Integration ist keine Einbahnstraße. Begriffe, Umgangsformen und Tonlagen sind kulturell geprägt und können auf beiden Seiten zu Missverständnissen führen.
Interkulturelle Workshops, Sprachsensibilitätstrainings oder Reflexionsrunden im Team können dabei helfen Barrieren abzubauen. Gleichzeitig sollten Pflegeeinrichtungen eine Fehlerkultur fördern, in der sprachliche Unsicherheiten offen thematisiert werden dürfen.
Sprache als Zugang zur Gesellschaft
Neben dem beruflichen Kontext ist Sprache auch im sozialen Leben zentral:
Wer sich beim Einkaufen, beim Elternabend oder im Verein verständigen kann, fühlt sich schneller zu Hause.
Gerade Pflegekräfte, die ohne die Familie nach Deutschland kommen, sind auf soziale Netzwerke angewiesen – und diese entstehen nur, wenn sprachliche Hürden abgebaut werden.
Kommunen und Volkshochschulen können hier eine wichtige Rolle spielen, etwa durch niedrigschwellige Konversationsangebote, Sprachcafés oder Tandemprogramme. Auch digitale Formate, beispielsweise über Apps oder Lernplattformen, gewinnen an Bedeutung.
Politischer Handlungsbedarf: Integration strategisch denken
Die bisherigen Maßnahmen reichen vielerorts noch nicht aus, um dem Fachkräftemangel in der Pflege nachhaltig entgegenzuwirken. Es braucht klare gesetzliche Rahmenbedingungen, verlässliche Finanzierungen und mehr Kooperationen zwischen Bildungsträgern, Pflegeeinrichtungen und Behörden.
Ein wichtiger Schritt wäre die bundesweite Förderung berufsbegleitender Sprachkurse, beispielsweise durch ESF-Mittel (Europäischer Sozialfonds für Deutschland) oder Programme der Bundesagentur für Arbeit. Darüber hinaus sollte auch die Sprachförderung in Anerkennungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden, um Wartezeiten zu verkürzen und die Motivation zu erhalten.
Sprache ist mehr als Kommunikation – sie ist der Kitt, der alles zusammenhält
Der Fachkräftemangel in der Pflege lässt sich nicht allein durch Anwerbung lösen. Nur wenn die Integration gelingt, werden internationale Pflegekräfte langfristig bleiben und sich als ein Teil des Teams fühlen.
Sprache ist dabei weit mehr als ein Werkzeug: Sie ist Bindeglied, Beziehungsebene sowie Brücke zwischen Menschen und Kulturen.
Pflegeeinrichtungen, die in die nachhaltige Sprachförderung investieren, sichern sich wertvolle Fachkräfte und tragen aktiv dazu bei, die Pflege der Zukunft menschlich, professionell und integrativ zu gestalten.
Integration ist kein Zufallsprodukt – sie lässt sich gestalten.