Zwangseinweisung: Voraussetzungen, Rechtliche Grundlagen & Ablauf

Das sind die rechtlichen Voraussetzungen
Das Bild zeigt ein gemütliches Wohnzimmer mit Vintage-Möbeln, verblassten Blumentapeten und einem hölzernen Couchtisch, durchflutet von der goldenen Nachmittagssonne, die sanfte Schatten wirft.
Eine Zwangseinweisung aus dem gewohnten Umfeld kann nur mit einem triftigen Grund geschehen. © MJ
Inhaltsverzeichnis

Ob in Folge einer Demenz-Erkrankung, eines Herzinfarkts oder einer geistigen oder psychischen Beeinträchtigung – vielen Personen ist es im hohen Alter nicht mehr möglich, sich selbst zu versorgen oder Entscheidungen zu treffen. Neben der Betreuung durch Angehörige oder die ambulante Pflege, fällt die Wahl häufig auf ein Pflegeheim

Doch was passiert, wenn sich die pflegebedürftige Person weigert, diesen Schritt mitzugehen? Dürfen Angehörige oder Bevollmächtigte ihre Verwandten einfach in eine Pflegeeinrichtung bringen, oder gar in eine psychiatrische Klinik „zwangseinweisen“ lassen? Wer stellt die rechtlichen Voraussetzungen fest, und was ist bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung zu tun? Welche Rolle spielen Arzt, Polizei und das Betreuungsgericht und welche Themen trägt die Einrichtung die Verantwortung?

Das Wichtigste in Kürze

  • „Zwangseinweisung“ ist kein juristischer Begriff, wird aber oft verwendet, wenn eine Person gegen ihren Willen in ein Heim oder eine Klinik gebracht werden soll.
  • Für Pflegeheime gelten zivilrechtliche Regeln (Betreuungsrecht nach BGB), für Kliniken das PsychKG des jeweiligen Bundeslands.
  • Eine Heimaufnahme ist über eine Vorsorge- oder Generalvollmacht möglich, wenn die betroffene Person nicht mehr geschäftsfähig ist. Gegen den freien Willen einer geschäftsfähigen Person ist dies nicht zulässig.
  • Freiheitsentziehende Maßnahmen (beispielsweise Fixierung, geschlossene Station) benötigen immer eine richterliche Genehmigung nach §â€¯1831 BGB.
  • Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung kann eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik über Polizei, Arzt oder Ordnungsbehörde erfolgen.

Aufnahme ins Pflegeheim – Was ist rechtlich zu beachten?

Ein Heimeinzug kann viele Fragen aufwerfen – rechtlich und menschlich. Hier erfahren Sie, was Pflegeheime dürfen und wo die Grenzen liegen.

Was Pflegeheime (nicht) dürfen

In vielen Pflegeeinrichtungen ist es Alltag: Eine Tochter kommt mit ihrer Mutter zur Anmeldung ins Heim. Die Mutter sagt nichts, schaut weg oder wehrt sich sogar. Die Tochter erklärt: „Sie kann sich nicht mehr allein versorgen – sie muss hier bleiben.“

Doch was ist erlaubt und was nicht? Dürfen Angehörige einfach einen Heimplatz organisieren, auch wenn die betroffene Person sich weigert? Und was, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt? Oder wenn gar keine Vertretung vorhanden ist? Pflegeeinrichtungen stehen dann vor rechtlich heiklen Entscheidungen und tragen Verantwortung, nicht nur gegenüber den Betroffenen, sondern auch rechtlich.

Begriffsklärung: „Zwangseinweisung“ vs. rechtmäßiger Heimvertrag

Der Begriff „Zwangseinweisung“ wird häufig genutzt, wenn jemand gegen seinen Willen in eine Einrichtung gebracht werden soll. Doch juristisch ist das missverständlich. Bei Pflegeeinrichtungen spricht man nicht von einer Einweisung (wie bei Kliniken), sondern von einem Vertrag – dies sind klar unterschiedliche Themen.

Ein Heimeinzug erfordert daher einen gültigen Heimvertrag – dieser kann nur von der Person selbst abgeschlossen werden oder von jemandem, der rechtlich zur Vertretung berechtigt ist.

Wichtig: Eine geschäftsfähige Person darf nicht gegen ihren freien Willen in ein Pflegeheim gebracht werden, selbst dann nicht, wenn die Familie oder das Personal überzeugt sind, dass es „das Beste wäre“.

Rechtsgrundlagen für die Heimaufnahme durch Dritte

Vorsorgevollmacht

Mit einer gültigen Vorsorgevollmacht, die die Aufenthaltsbestimmung umfasst, kann eine andere Person einen Heimvertrag abschließen – aber nur, wenn die betroffene Person nicht mehr geschäftsfähig ist.

Die Geschäftsunfähigkeit muss im Zweifel durch eine ärztliche Bescheinigung oder Begutachtung festgestellt werden.

Generalvollmacht

Eine Generalvollmacht kann ebenfalls zur Unterbringung berechtigen, sofern sie weitreichend formuliert ist und nicht widerrufen wurde. Auch hier gilt: Keine Anwendung gegen den Willen einer geschäftsfähigen Person.

Betreuung

Wenn keine Vollmacht vorliegt, muss beim Betreuungsgericht ein Antrag auf rechtliche Betreuung gestellt werden. Erst wenn das Gericht einen Betreuerin oder einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Aufenthaltsbestimmung“ einsetzt, kann dieser einen Heimvertrag rechtswirksam abschließen.

Wichtig: Auch hier darf keine geschäftsfähige Person gegen ihren Willen umgezogen werden.

Exkurs: Was eine Betreuungsverfügung (nicht) ist

Eine Betreuungsverfügung wird häufig mit einer Vorsorgevollmacht verwechselt. Anders als diese verleiht sie keine Vertretungsmacht im Alltag.

Sie richtet sich ausschließlich an das Betreuungsgericht und legt fest, wer im Betreuungsfall eingesetzt werden soll und welche Wünsche die betroffene Person hat (z. B. Wohnort, keine bestimmte Einrichtung).

Wichtig für Einrichtungen: Keine Aufnahme oder Vertragsunterzeichnung allein auf Grundlage einer Betreuungsverfügung – es braucht eine gerichtliche Bestellung.

Was ist ein Heimvertrag und was bedeutet dies?

Ein Heimvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG). Er setzt voraus, dass die betroffene Person zustimmen kann, oder eine bevollmächtigte oder betreuende Person mit gültiger Rechtsgrundlage handelt. Unzulässig ist z. B.: die Anmeldung durch Angehörige „einfach so“ das bloße Unterzeichnen durch Pflegekräfte „im Sinne der Familie“

Freiheitsentziehende Maßnahmen – was Pflegeeinrichtungen wissen müssen

Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) sind in der Pflegepraxis ein besonders sensibles Thema. Dieser Abschnitt bietet Ihnen einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen, typische Situationen und die Besonderheiten bei akuter Gefahr im Verzug.

Freiheitsentziehende Maßnahmen: Das Wichtigste zuerst

  • Eine FEM liegt vor, wenn die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird und die betroffene Person dies nicht freiwillig mitträgt.
  • Jede FEM braucht eine gerichtliche Genehmigung – Ausnahme: akute Gefahr im Verzug.
  • Bevollmächtigte Personen dürfen eine FEM nur beantragen, nicht selbst durchführen.
  • Wer ohne rechtliche Grundlage einschränkt, riskiert zivil- und strafrechtliche Folgen.

Was ist eine freiheitsentziehende Maßnahme (FEM)?

In Pflegeeinrichtungen kann es vorkommen, dass Bewohnerinnen und Bewohner ihre Umgebung nicht mehr richtig einschätzen und dadurch sich selbst oder andere gefährden. Aus Sicherheitsgründen greifen Pflegekräfte dann zu Maßnahmen wie Fixierungen, Bettgittern oder dem Verschließen von Türen.

Sobald eine Maßnahme die Bewegungsfreiheit einschränkt und die betroffene Person sie nicht freiwillig und einwilligungsfähig mitträgt, gilt sie rechtlich als freiheitsentziehende Maßnahme (FEM).

Typische FEM in der Pflege sind:

  • geschlossene Wohnbereiche (z. B. Demenzstationen mit Türcodes),
  • Gurte im Bett oder Rollstuhl,
  • Bettgitter oder Tischplatten zur Immobilisierung,
  • sedierende Medikamente zur Ruhigstellung („chemische Fixierung“),
  • technische Maßnahmen wie Bewegungssensoren oder automatische Türverriegelung.

Keine FEM liegt dagegen vor, wenn eine einwilligungsfähige Person der Maßnahme zustimmt – etwa, weil sie sich damit sicherer fühlt.

Praxisbeispiel

Hertha Müller ist geistig fit und kann sich in der Regel klar ausdrücken und mit dem Pflegepersonal kommunizieren. Sie weiß, dass sie in letzter Zeit sehr unruhig schläft und sich viel im Bett hin und her dreht; gleichzeitig ist das Pflegebett relativ hoch. Daher hat Sie Angst, dass sie aus dem Bett fällt und sich dabei möglicherweise verletzt. Sie äußert gegenüber dem Pflegepersonal den klaren Wunsch, dass während der Nacht das Bettgitter hochgezogen werden soll. Diesem Wunsch kann das Pflegepersonal bedenkenlos nachkommen – es handelt sich hier nicht um eine freiheitsentziehende Maßnahme, da dies dem klaren Willen der betroffenen Person entspricht. Wichtig ist hier nur, dass Sie dies klar dokumentieren. Rechtlich auf sicheren Seite sind sie, wenn Sie Frau Müller eine passende Einwilligung unterzeichnen lassen.

Exkurs: Gesetzesänderung 2023 – FEM jetzt in §â€¯1831 BGB geregelt

Seit dem 1. Januar 2023 gilt §â€¯1831 BGB als neue Rechtsgrundlage für freiheitsentziehende Maßnahmen. Er ersetzt den früheren §â€¯1906 BGB und bringt insbesondere mehr Klarheit für die Praxis.

Der Grundsatz bleibt: FEM sind nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig, notwendig und richterlich genehmigt sind.

Eine Genehmigung nach §â€¯1831 BGB darf beantragen:

  • eine rechtlich betreuende Person mit dem Aufgabenkreis „Unterbringung“ oder „FEM“,
  • oder eine bevollmächtigte Person mit entsprechender Vorsorge- oder Generalvollmacht.

Wichtig: Die Vollmacht muss ausdrücklich FEM einschließen, sonst ist ein gerichtliches Betreuungsverfahren erforderlich.

Ausnahme: Was gilt bei Gefahr im Verzug?

In akuten Notfällen erlaubt das Gesetz, eine FEM vorübergehend auch ohne vorherige gerichtliche Genehmigung anzuwenden – unter der Bedingung, dass Gefahr im Verzug vorliegt (§â€¯1831 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Gefahr im Verzug bedeutet:

  • Es liegt eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vor,
  • und es ist nicht möglich, rechtzeitig vorher eine richterliche Genehmigung einzuholen.

Beispiele aus der Praxis:

  • Eine Bewohnerin mit Demenz will nachts das Haus verlassen und orientiert sich in Richtung Schnellstraße – das kurzzeitige Verschließen der Tür kann zulässig sein.
  • Ein psychisch erkrankter Bewohner schlägt um sich – Fixierung durch das Personal zur Abwendung einer Verletzung kann notwendig sein.
  • Ein sturzgefährdeter Bewohner steht im Delir auf, obwohl er sich kaum halten kann – das Anlegen eines Bettgitters kann kurzfristig gerechtfertigt sein.

Solche Maßnahmen sind aber nur für den akuten Moment erlaubt. Sie stellen keine Dauerlösung dar und müssen sofort dokumentiert werden.

Was ist konkret zu tun?

  • Die Maßnahme muss unverzüglich schriftlich begründet und dokumentiert werden.
  • Betreuer oder Bevollmächtigter sind umgehend zu informieren.
  • Der Antrag auf gerichtliche Genehmigung ist ohne schuldhaftes Zögern zu stellen – in der Praxis heißt das: spätestens innerhalb von 24 Stunden.
  • Sobald keine akute Gefahr mehr besteht, ist die Maßnahme zu beenden.

Wird die Situation falsch eingeschätzt oder zu leichtfertig als „Gefahr im Verzug“ bewertet, drohen ernste Folgen:

  • zivilrechtliche Haftung (z. B. wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts),
  • und im schlimmsten Fall strafrechtliche Konsequenzen wegen Freiheitsberaubung (§â€¯239 StGB).

Daher gilt: Gefahr im Verzug ist eine enge Ausnahme, kein Alltagsinstrument. Im Zweifel sollte so rasch wie möglich eine rechtliche Klärung herbeigeführt werden.

Was bedeutet das für die Pflegepraxis?

Freiheitsentziehende Maßnahmen dürfen nicht aus Routine oder aus Unsicherheit erfolgen. Jede Maßnahme muss individuell geprüft, nachvollziehbar begründet und eindeutig dokumentiert werden. Pflegeeinrichtungen müssen vor allem beachten:

  • Liegt eine wirksame Vollmacht oder Betreuung vor, die FEM umfasst?
  • Gibt es eine gerichtliche Genehmigung?
  • Ist die Maßnahme medizinisch oder pflegerisch begründet und verhältnismäßig?

Fehlen diese Voraussetzungen, kann die Maßnahme rechtswidrig sein – mit entsprechenden zivil- und strafrechtlichen Folgen.

Psychiatrische Unterbringung – was bei akuten Krisen gilt

Wenn es zu akuten psychischen Krisen kommt, kann es notwendig sein, andere rechtliche Wege zu gehen als bei freiheitsentziehenden Maßnahmen oder Heimverträgen. Im Folgenden erfahren Sie, wann und wie das PsychKG greift – und was das für die Praxis bedeutet.

Klinik statt Pflegeheim: Wenn das PsychKG greift

Nicht alle Notlagen in der Pflege lassen sich über Betreuung oder freiheitsentziehende Maßnahmen nach BGB abdecken. Wenn ein Patient oder Bewohner akut psychisch erkrankt ist und sich selbst oder andere erheblich gefährdet, kann eine Zwangseinweisung und Behandlung in einer psychiatrischen Klinik notwendig werden.

Die rechtliche Grundlage dafür ist nicht das Bürgerliche Gesetzbuch, sondern das Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) des jeweiligen Bundeslands. Jedes Bundesland hat hierzu eigene Vorschriften.

Das Ziel des PsychKG ist ein Doppelschutz:

  • Schutz der Allgemeinheit, wenn von einer Person mit psychischer Erkrankung eine konkrete Fremdgefährdung ausgeht,
  • Schutz der betroffenen Person selbst, wenn sie in einer akuten Ausnahmesituation nicht einsichtsfähig ist und sich selbst erheblich gefährdet.

Die Maßnahme ist daher öffentlich-rechtlich geprägt, aber stets am Einzelfall orientiert und unterliegt strengen rechtlichen Anforderungen.

Wann ist eine Einweisung in die Klinik rechtlich zulässig?

Voraussetzung für eine Unterbringung nach PsychKG ist:

  • Eine akute psychische Krankheit, die mit
  • einer konkreten Eigen- oder Fremdgefährdung einhergeht,
  • und die betroffene Person nicht in der Lage ist, eine freie und tragfähige Entscheidung über ihr Handeln zu treffen.

Typische Auslöser:

  • akute Suizidalität oder Selbstverletzungsversuche,
  • schwere Verwirrtheit, Delir oder Wahnzustände,
  • massive Aggressivität oder unkontrolliertes Verhalten mit Verletzungsgefahr,
  • Verweigerung dringend notwendiger medizinischer Maßnahmen bei fehlender Einsicht.

Einweisung und Transport erfolgen häufig durch:

  • den ärztlichen Notdienst,
  • in Zusammenarbeit mit der Polizei oder
  • auf Anordnung des Ordnungsamts.

Die Aufnahme erfolgt dann in eine psychiatrische Akutklinik, meist auf eine geschützte Station. Hier wird zur akuten Behandlung der Krankheit eine Zwangsbehandlung durchgeführt. Damit kann auch die akute Gefährdung sowohl für den Patienten, aber auch andere Personen bestmöglich reduziert werden.

Bedeutung für Pflegeeinrichtungen

Pflegeeinrichtungen sind rechtlich nicht befugt, eine Person nach PsychKG selbst einzuweisen. Sie können und sollen jedoch:

  • eine akute Gefährdung fachlich einschätzen und dokumentieren,
  • den Notarzt, ärztlichen Bereitschaftsdienst oder ggf. die Polizei verständigen,
  • klar benennen, was beobachtet wurde (z. B. Suizidabsicht, Fremdgefährdung),
  • Angehörige oder den rechtlichen Vertreter informieren – sofern möglich.

Wichtig: Es ist nicht Aufgabe der Einrichtung, selbst zu entscheiden, ob eine Unterbringung nach PsychKG erforderlich ist. Aber: Pflegekräfte sind oft die ersten, die eine drohende Eskalation erkennen und tragen Verantwortung, umsichtig und rechtssicher zu handeln.

Abgrenzung zur FEM im Pflegeheim

MerkmalPflegeheim (FEM nach BGB)Psychiatrie (PsychKG)
Rechtsgrundlage§â€¯1831 BGBPsychKG des Bundeslands
ZielSchutz, Betreuung, SicherungSchutz der Allgemeinheit und der betroffenen Person
ZuständigBetreuungsgerichtOrdnungsamt, Amtsgericht, Polizei
Antrag durchBetreuer oder BevollmächtigterOrdnungsamt, Arzt, Polizei
Genehmigung erforderlichVor Durchführung (außer Gefahr im Verzug)Innerhalb von 24 Stunden nach Unterbringung
Betreuung oder Vollmacht nötig?JaNein
BeispielFixierung bei SturzgefährdungEinweisung bei akuter Suizidalität

Fazit: Rechtssicherheit schaffen, Menschlichkeit bewahren

Der Umgang mit Personen, die nicht freiwillig in ein Pflegeheim umziehen oder in akuten psychischen Krisen untergebracht werden sollen, erfordert rechtliche Klarheit und viel Fingerspitzengefühl.

Für Pflegeeinrichtungen gilt: Ein Heimvertrag darf nicht einfach „stellvertretend“ abgeschlossen werden, wenn keine entsprechende Vollmacht oder Betreuung vorliegt. Sobald Maßnahmen die Bewegungsfreiheit einschränken, ist besondere Vorsicht geboten – hier greift §â€¯1831 BGB und damit die Pflicht zur gerichtlichen Genehmigung.

Kommt es zu einer akuten Eigen- oder Fremdgefährdung, ist eine Unterbringung nach dem PsychKG möglich, allerdings nur durch Ordnungsbehörden, Ärzte oder Polizei. Pflegeeinrichtungen spielen in solchen Situationen eine zentrale Rolle als Beobachtende, Dokumentierende und Vermittler zwischen Praxis und Recht.

Wer Zuständigkeiten kennt, richtig dokumentiert und in kritischen Momenten die richtigen Stellen informiert, schafft Sicherheit – für die Bewohnerinnen und Bewohner, das Team und die Einrichtung als Ganzes.

Praxistipps für Pflegeeinrichtungen

  • Heimaufnahme nur mit gültiger Vollmacht oder Betreuung: Lassen Sie sich Nachweise vorlegen und dokumentieren Sie diese.
  • Keine FEM ohne Genehmigung: Ausnahmen gelten nur bei akuter Gefahr im Verzug und auch dann muss das Verfahren sofort angestoßen werden.
  • Dokumentation ist entscheidend: Halten Sie Beobachtungen, Maßnahmen und Entscheidungen stets nachvollziehbar fest.
  • Bei Krisen frühzeitig handeln: Suchen Sie bei psychischen Ausnahmesituationen den Kontakt zu Arzt, Notdienst oder Polizei.
  • Schulen Sie Ihr Team regelmäßig: Rechtliche Grundlagen zu Heimaufnahme, FEM und PsychKG sollten im Qualitätsmanagement verankert sein.
  • Nutzen Sie Ihre Netzwerkpartner: Kontakt zur Betreuungsbehörde, Sozialdiensten oder dem Gesundheitsamt kann im Ernstfall entscheidend helfen.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Zwangseinweisung

Darf eine Angehörige einen Heimvertrag für ihren Vater unterschreiben?

Nur, wenn eine gültige Vorsorge- oder Generalvollmacht vorliegt oder eine rechtliche Betreuung angeordnet ist. Ohne diese Nachweise ist ein Vertragsabschluss rechtlich unwirksam.

Was ist eine freiheitsentziehende Maßnahme (FEM)?

Jede Maßnahme, die die Bewegungsfreiheit einschränkt – z. B. Bettgitter, Fixierungen oder das Verschließen von Türen. Auch eine geschlossene Demenzstation kann darunter fallen, wenn der Aufenthalt nicht freiwillig erfolgt.

Wann brauche ich eine gerichtliche Genehmigung?

Immer dann, wenn eine FEM durchgeführt werden soll, egal ob durch Betreuung oder Vollmacht veranlasst. Ausnahme: akute Gefahr im Verzug. Dann muss die Genehmigung nachträglich schnellstmöglich eingeholt werden.

Was gilt bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung?

Hier greift das PsychKG des jeweiligen Bundeslands. Eine Einweisung darf nur durch einen Arzt, die Polizei oder das Ordnungsamt erfolgen, nicht durch die Pflegeeinrichtung selbst.

Muss eine Betreuung vorliegen, um jemanden nach PsychKG unterzubringen?

Nein. Die psychiatrische Unterbringung erfolgt unabhängig von einer Betreuung, da sie öffentlich-rechtlich geregelt ist. Ausschlaggebend ist die Gefährdungslage, nicht der rechtliche Status der Person.

Was sollte ich in kritischen Situationen dokumentieren?

Beobachtetes Verhalten (z. B. Suizidankündigung), Uhrzeit, beteiligte Personen, eingeleitete Maßnahmen und benachrichtigte Stellen (z. B. Notarzt, Polizei, Angehörige). Dokumentation ist ein wichtiger Schutz für Einrichtung und Personal.