- Prolaps erkennen: Symptome & Red Flags
- Pessar-Management: Zuständigkeiten & Abläufe
- Hygiene & Hautschutz: Vaginale Atrophie berücksichtigen
- Warnzeichen: Wann sollte sofort ein Arzt hinzugezogen werden?
- Kooperation & Versorgungspfade
- Fazit: Prolaps erkennen und entsprechend handeln
- FAQ: Prolaps & Pessar-Management im Pflegealltag
- Quellen
Pflegekräfte erkennen täglich, was andere übersehen. Wir zeigen, wie Sie Frühzeichen eines Prolaps sicher deuten und Ihre Bewohnerinnen professionell begleiten – mit Wissen, Checklisten und Herz.
Hormonelle Veränderungen im Alter betreffen jede Frau. Und auch Beckenbodenbeschwerden kommen in der Langzeitpflege häufig vor, besonders bei älteren Frauen mit vorangegangenen Geburten oder Operationen.
Eine Gebärmuttersenkung (Prolaps Uteri) oder ein Beckenorganprolaps (BOP) können die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen. Sie bleiben aber oft unbemerkt, bis irgendwann Komplikationen auftreten. Pflegekräfte und Kontinenzbeauftragte spielen daher eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Frühzeichen zu erkennen und Beschwerden richtig einzuordnen. Mit der richtigen Beobachtung und ausreichend Wissen lässt sich ein Prolaps erkennen und das Pessar-Management im Pflegealltag sicher begleiten.
Prolaps erkennen: Symptome & Red Flags
Ein Prolaps (also eine Beckenorgan- oder Gebärmuttersenkung) entsteht, wenn die Haltestrukturen des Beckenbodens – Muskeln, Bänder und Bindegewebe – geschwächt sind. Dadurch können sich die Gebärmutter, die Blase oder der Enddarm nach unten in die Scheide absenken.
Die Ursachen für einen Prolaps sind meist Geburten, hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren, chronischer Husten, Verstopfung, schwere körperliche Belastung oder eine Bindegewebsschwäche im Alter.
Ein Prolaps ist zwar nicht immer automatisch gefährlich, es können jedoch Komplikationen auftreten, wenn er unbehandelt bleibt.
Ein leichter Prolaps verursacht oft kaum Beschwerden, bei stärkeren Formen kann jedoch ein Teil des Organs sichtbar hervortreten. Neben der körperlichen Belastung entstehen häufig auch psychische Hemmungen oder Schamgefühle, weshalb die Beobachtung durch Pflegekräfte besonders wichtig ist.
Beobachtungs-Check für die Pflege
Ein Prolaps zeigt sich nicht immer sichtbar. Häufig berichten Seniorinnen über:
- Fremdkörpergefühl in der Scheide
- Druck nach unten oder „etwas fällt heraus“
- Zunehmende Inkontinenz oder Harnverhalt
- Stuhlprobleme (Druckgefühl beim Entleeren)
- Rückenschmerzen oder Zuggefühl im Unterleib
Pflegekräfte können diese Hinweise im Alltag wahrnehmen, zum Beispiel beim Toilettengang, bei der Intimpflege oder in Gesprächen über Beschwerden.
Prolaps-Typen
Auch ohne Spekulum lässt sich ein Prolaps häufig beobachten und einordnen:
| Zystozele | Vorwölbung der Blasenwand. Die Folgen sind: Harnverlust, Restharn und häufige Infekte. |
| Rektozele | Vorwölbung des Enddarms. Die Folgen sind starkes Pressen beim Stuhlgang und eine unvollständige Entleerung des Darms. |
| Uterovaginaler Prolaps bzw. Vaginalprolaps | Gebärmutter oder Scheidenstumpf (das obere Ende der Scheide, das nach einer Gebärmutterentfernung vernäht wird) senken sich ab, was zu einer sichtbaren Vorwölbung führt. |
Pflegekräfte sollten ihre Beobachtungen dokumentieren und die Hausarztpraxis oder Gynäkologie für die weitere Abklärung informieren.
Pessar-Management: Zuständigkeiten & Abläufe
Ein Pessar ist ein medizinisches Hilfsmittel, das in die Scheide eingeführt wird, um abgesenkte Beckenorgane zu stützen. Es hilft, Blase, Gebärmutter und Enddarm wieder in ihre natürliche Position zu bringen und einen Prolaps zu verhindern oder zu behandeln.
Pessare kommen vor allem bei Gebärmuttersenkung (Prolaps Uteri) oder Blasensenkung (Zystozele) zum Einsatz und sind insbesondere dann das Mittel der Wahl, wenn eine Operation nicht möglich oder nicht gewünscht ist.
Für viele ältere Frauen bedeutet ein gut angepasstes Pessar eine deutliche Linderung des Druck- und Fremdkörpergefühls und weniger Inkontinenzbeschwerden. Das führt zu deutlich mehr Lebensqualität im Alltag.
Es gibt verschiedene Pessar-Formen, etwa Ring-, Würfel-, Schalen- oder Hodge-Pessare, die individuell angepasst werden. Entscheidend ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle des Pessars sowie die gute Zusammenarbeit zwischen Gynäkologie, Hausarztpraxis und Pflegepersonal.
Kontrollintervalle und Rollenverteilung
- Ärztliche Kontrolle: Alle 6 Wochen bis 3 Monate (je nach Pessar-Typ und Befund)
- Pflege: Sicht- und Beschwerde-Check bei der Intimpflege, Eintragung in die Pessar-Kontrollkarte
- Hausarzt/Gynäkologe: Medizinische Kontrolle, Pessarwechsel und Therapieanpassung
Hygiene & Hautschutz: Vaginale Atrophie berücksichtigen
Die Scheidenhaut älterer Frauen ist oft dünn und empfindlich, was auf hormonelle Veränderungen und den Östrogenmangel nach den Wechseljahren zurückzuführen ist. Das entsprechende Krankheitsbild wird als vaginale Atrophie bezeichnet, oder auch Genitourinary Syndrome of Menopause (GSM).
Pflegekräfte sollten auf diese Besonderheiten achten:
- Schonende Intimhygiene (pH-neutrale Reinigung und kein Reiben)
- Regelmäßige Kontrolle auf Rötungen, Geschwüre oder ungewöhnlichen Geruch
- Feuchtigkeitserhaltende oder östrogenhaltige Pflegeprodukte nach ärztlicher Verordnung
Dokumentation:
- Beschwerdeprotokoll (Druck, Schmerzen, Geruch oder Blutung schriftlich festhalten)
- Sichtbefund bei Pflegekontakt (Rötung, Ausfluss, keine intakte Schleimhaut)
- SBAR-Meldung an die Praxis:
- Situation: Beschwerden oder Auffälligkeit Background: z.B. bestehendes Pessar, letzter Wechsel Assessment: Einschätzung durch Pflege
- Recommendation: Rückmeldung erbeten
Warnzeichen: Wann sollte sofort ein Arzt hinzugezogen werden?
Bei bestehendem Pessar oder Prolaps gibt es einige Red Flags, bei denen unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden sollte:
- Blutungen oder Schmierblutungen
- Starker Foetor vaginalis (unangenehmer Geruch)
- Schmerzen, Brennen, Druckverstärkung
- Ausfluss mit Verfärbung
- Fieber, Schwindel oder allgemeines Krankheitsgefühl
In diesen Fällen sollten Pflegekräfte sofort einen Kontakt zum Arzt herstellen. Wichtig ist, dass das Pessar nicht eigenmächtig entfernt wird, außer der Arzt gibt diese Anordnung.
Kooperation & Versorgungspfade
Ein sicheres Pessar-Management gelingt nur durch klare Zuständigkeiten:
| Bereich | Aufgabe |
| Pflege | Beobachtung, Hygiene, Dokumentation und Kommunikation |
| Hausarztpraxis | Ersteinschätzung, gegebenenfalls Verordnung und Koordination |
| Gynäkologie/Urogynäkologie | Anpassung, Kontrolle und Pessarwechsel |
| Kontinenz- oder Wundbeauftragte | Schulung, Qualitätskontrolle, Austausch |
| Physiotherapie/Beckenbodentraining | Unterstützung der Muskelkraft und Prävention |
Ein strukturierter Ablaufplan mit Checklisten und Kontrollkarten erleichtert die Zusammenarbeit und verhindert Doppelstrukturen oder Unterbrechungen der Versorgung.
Fazit: Prolaps erkennen und entsprechend handeln
Ein gutes Pessar-Management in der Pflege erfordert Wissen, eine aufmerksame Beobachtung sowie klare Abläufe. Pflegekräfte sind oft die Ersten, die Veränderungen wahrnehmen können, da sie nah an den Seniorinnen dran sind. Dadurch leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Früherkennung und Sicherheit.
Ein strukturierter Ablauf mit definierten Zuständigkeiten zwischen Pflege und Ärzten sorgt dafür, dass Beschwerden rechtzeitig erkannt und Komplikationen vermieden werden. So kann das Pessar seine Wirkung entfalten: Es trägt zur Lebensqualität bei, lindert Beschwerden und stärkt somit die Selbstständigkeit der Frauen.
FAQ: Prolaps & Pessar-Management im Pflegealltag
Rund um das Thema Prolaps und Pessar-Management in der Pflege gibt es zahlreiche Fragen:
Welche Symptome sprechen für einen Prolaps bei Seniorinnen?
Typisch sind ein Druck- oder Fremdkörpergefühl in der Scheide, ziehende Schmerzen im Unterbauch oder Rücken, vermehrter Harndrang, Harninkontinenz, Stuhlprobleme oder sichtbares Gewebe am Scheidenausgang.
Wer kontrolliert ein Pessar im Pflegeheim – Hausarzt oder Gynäkologe?
Die ärztliche Kontrolle übernimmt in der Regel der Gynäkologe. Bei eingeschränkter Mobilität kann auch der Hausarzt die Verlaufskontrolle koordinieren.
In welchen Abständen muss ein Pessar kontrolliert oder gewechselt werden?
Je nach Pessar-Typ und Befund alle sechs Wochen bis sechs Monate, je nach Pessar-Modell. Bei Beschwerden oder auffälligem Geruch sollte die Kontrolle sofort erfolgen.
Welche Red Flags erfordern sofortige ärztliche Abklärung (Blutung, Schmerz, Foetor)?
Warnzeichen sind Blutung, starke Schmerzen, übelriechender Ausfluss (Foetor), sichtbare Schleimhautverletzungen oder Fieber. Diese Symptome deuten auf eine Entzündung, ein Geschwür oder eine Abschürfung oder Schürfwunde an der Schleimhaut hin und müssen unverzüglich ärztlich beurteilt werden.
Was tun bei Ausfluss oder Geruch unter einem Pessar?
Beobachtung dokumentieren, Sichtkontrolle der Schleimhaut (sofern möglich), nicht eigenständig Entfernen, sondern eine ärztliche Rückmeldung über SBAR. Mögliche Ursache: Infektion oder unpassendes Pessar.
Dürfen Pflegekräfte ein Pessar entfernen oder einlegen?
Nein, das sollten Gynäkologen übernehmen. Eine Ausnahme besteht bei Würfelpessaren, die laut ärztlicher Anweisung täglich gewechselt und gereinigt werden dürfen.
Welche Pessar-Arten gibt es und worin unterscheiden sie sich?
Das Ringpessar ist die häufigste Form. Es bleibt meist dauerhaft liegen und erfordert eine regelmäßige ärztliche Kontrolle. Das Würfelpessar wird oft täglich entfernt und gereinigt und erfordert Training beim Einsetzen und Herausholen sowie eine keimfreie Handhabung. Das Schalen- oder Hodge-Pessar wird bei speziellen anatomischen Gegebenheiten individuell angepasst.
Beeinflusst vaginale Atrophie die Pessar-Verträglichkeit?
Ja. Durch die hormonelle Rückbildung der Schleimhaut wird das Gewebe dünner und verletzlicher. Eine feuchtigkeitsspendende oder östrogenhaltige Pflege verbessert die Verträglichkeit und beugt Reizungen vor.
Quellen
- Bundesministerium für Gesundheit: Blasenschwäche (Harninkontinenz). 2025, https://gesund.bund.de/inkontinenz-und-blasenschwaeche
- Bundesministerium für Gesundheit: Scheidensenkung und Gebärmuttersenkung. 2021, https://gesund.bund.de/scheidensenkung-gebaermuttersenkung
- Bundesministerium für Gesundheit. (2025). Rückenschmerzen: Ursachen, Verlauf und Rehabilitation, https://gesund.bund.de/ruecken-und-kreuzschmerzen