Pflegegrad 4: Alle Bedingungen, Leistungen und Patientenbetreuung

Voraussetzungen und Leistungen 2025 – was das für Pflegende, Patient*innen & Angehörige konkret bedeutet
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Inhaltsverzeichnis

Pflegegrad 4 bescheinigt „schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“. Im Pflegegutachten werden dazu Punkte vergeben; 70 bis unter 90 Punkte führen zur Einstufung in Pflegegrad 4. Grundlage ist das seit 2017 gültige Begutachtungsinstrument (NBA), das Selbstständigkeit statt Minutenpflege bewertet. Amtliche Infos liefern der Medizinische Dienst Bund (MD) und das BMG.

Wie wird PG4 festgestellt? (NBA, Module, Gewichtung)

Um die für den Pflegegrad 4 entsprechende Leistungen zu erhalten, müssen die geistigen und körperlichen Fähigkeiten geprüft werden. Die Pflegebedürftigkeit der Person wird mit Hilfe von 6 Kategorien durch das neue Begutachtungsverfahren (NBA) errechnet.

Pflegebedürftige, die nach bestimmten Kriterien des MD körperliche und geistige Beeinträchtigungen vorweisen, müssen umfassend betreut werden. Bei der Begutachtung werden Kompetenzen in folgenden Lebensbereichen geprüft:

ModuleLebensbereichGewichtung
Modul 1Mobilität 10 %
Modul 2Kognitive/kommunikative Fähigkeiten 15 %
Modul 3Verhaltensweisen & psychische Problemlagen15 %
Modul 4Selbstversorgung 40 %
Modul 5Umgang mit krankheits-/therapiespezifischen Anforderungen20 %
Modul 6Gestaltung des Alltagslebens & soziale Kontakt15 %

Berechnet das NBA zwischen 70 und 90 Gesamtpunkte, werden Pflegebedürftige dem Pflegegrad 4 zugeteilt.

Beispiel für das Verhalten einer Person bei Pflegegrad 4

Die „schwersten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit“ können sich bei Pflegepersonen mit dem Pflegegrad 4 unterschiedlich ausprägen. Ein entscheidender Faktor ist die eingeschränkte Alltagskompetenz. Sie ist beispielsweise an unkontrollierten und aggressiven Verhaltensweisen erkennbar oder an Desorientierung, Verwirrtheit und Unruhe.

Diese Art von Einschränkung ist bei Personen mit fortgeschrittener Demenz oder einer leichten Form von Demenz mit Zusatzerkrankungen wie Morbus Parkinson oder einer Halbseitenlähmung vorzufinden. Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung stehen den Personen auf diesem Pflegegrad mehr Pflege- und Entlastungsleistungen zu.

Die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz

Wie sehen die nötigen Hilfe- und Pflegeleistungen aus, die von Angehörigen oder dem Pflegedienst auf dem Pflegegrad 4 durchgeführt werden müssen?

  • Die Grundpflege kann von den Betroffenen kaum bzw. gar nicht selbstständig ausgeführt werden. Sie benötigen daher Hilfe bei der Nahrungszufuhr und Aufsicht bei der Fortbewegung.
  • Sie benötigen permanent Impulse und Beschäftigung, die Angehörige oder das Pflegepersonal einleiten müssen.
  • Durch Inkontinenz oder Unruhe bedürfen Betroffene ein bis sechs Male Hilfeleistungen in der Nacht.
  • Personen auf diesem Pflegegrad müssen ständig beaufsichtigt werden.

So sieht die Betreuung bei Personen ohne eingeschränkter Alltagskompetenz aus

Eine starke bis vollständige Beeinträchtigung der Mobilität tritt vermehrt bei Personen ohne eingeschränkter Alltagskompetenz auf. Ursachen dafür können Lähmungen durch Folgen eines Schlaganfalls, eine Erkrankung an multipler Sklerose oder körperliche Altersschwäche sein. Diese können ebenfalls die geistigen Fähigkeiten beeinflussen, welche zu beispielsweise Konzentrationsstörungen führen.

  • Hier gilt nahezu vollständige Übernahme der Grundpflege, wobei teilweise selbstständig gegessen und getrunken werden kann.
  • Die Pflegeverantwortlichen müssen für Beschäftigung und Gespräche sorgen. Die Ausführung von Aktivitäten bedarf personeller Unterstützung.
  • Zwei bis drei Mal pro Nacht müssen Betroffene versorgt werden, z. B. bei Inkontinenz.
  • Pflegebedürftige können für maximal eine Stunde unbeaufsichtigt im Raum gelassen werden, da sie fähig sind, Gefahren zu erkennen und nach Hilfe zu rufen. Ansonsten sollten die Pflegenden immer präsent sein.

Was bedeutet PG4 für Pfleger*innen (PDL/Teams)?

Pflegegrad 4 heißt hoher Versorgungsbedarf: nahezu vollständige Übernahme der Grundpflege, enges Symptom- und Medikationsmanagement (Modul 5), strukturierte Alltagsgestaltung (Modul 6) sowie häufig Nacht- und Präsenzzeiten.

Für Pflegedienste wichtig

Koordination: Schnittstellen zu Haus-/Fachärzt*innen, Hilfsmittelversorgung, Entlastungsangeboten und (ab 01.07.2025) flexible Kurzzeit-/Verhinderungspflege aus einem gemeinsamen Jahresbudget planen.

Geld & Leistungen 2025 bei Pflegegrad 4 (amtlich, Stand 22.07.2025)

Häusliche Pflege:Pflegegeld: 800 € / Monat

Pflegesachleistung (ambulanter Dienst): 1.859 € / Monat

> Kombination beider Leistungen möglich.
Teilstationär (Tages-/Nachtpflege):1.685 € / Monat (zusätzlich nutzbar, keine Anrechnung auf Pflegesachleistungen).
Vollstationär:1.855 € / Monat Pflegeaufwendungen; zusätzlich leistungsbezogene Zuschläge zur Dämpfung des pflegerischen Eigenanteils (15 % ab Monat 1, 30 % ab 12 Mon., 50 % ab 24 Mon., 75 % ab 36 Mon.). Achtung: Unterkunft/Verpflegung/Investitionen bleiben Eigenanteil – die Eigenbeteiligung im ersten Heimjahr liegt bundesweit um ~3.000 €/Monat (vdek-Analysen).
Verhinderungs- & Kurzzeitpflege (neu seit 01.07.2025):Gemeinsamer Jahresbetrag bis 3.539 €, frei zwischen beiden Leistungsarten einsetzbar (ohne Vorpflegezeit). Für 2025 bereits verbrauchte Anteile werden angerechnet. Währenddessen wird hälftiges Pflegegeld bis zu 8 Wochen weitergezahlt.
Entlastungsbetrag: 131 € / Monat (Erstattung gegen Nachweise).
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: bis 42 € / Monat; technische Hilfsmittel i. d. R. leihweise (Zuzahlung max. 25 € je Hilfsmittel).
Wohnumfeldverbesserung: bis 4.180 € je Maßnahme (gemeinschaftlich bis 16.720 €).
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA): bis 53 € / Monat (inkl. ergänzende Unterstützungsleistungen).
Sozialversicherung für Pflegepersonen:Beitragszahlungen (RV/ALV/KV/PV) abhängig von Pflegeumfang und Leistungsart – beim BMG-Überblick tabellarisch ausgewiesen.

Pflegehilfsmittel beim Pflegegrad 4

Pflegebedürftige haben weiterhin Anrecht auf einen Zuschuss von bis zu 42 Euro monatlich für medizinische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. Solche Hilfsmittel werden für die Erleichterung der häuslichen Pflege, zur Linderung von Schmerzen und Beschwerden sowie für eine selbstständigere Lebensweise eingesetzt.

Außerdem zahlen Pflegekassen bis zu 25 Euro der technischen Hilfsmittel wie den Hausnotruf oder spezielle Pflegebetten, die leihweise zur Verfügung gestellt werden. Wer mit der Leihe nicht einverstanden ist, muss die Kosten selbst tragen.

Im Hilfsmittelverzeichnis für gesetzlich Versicherte sowie im Hilfsmittelkatalog für Privatversicherte können Sie weitere Hilfsmittel, deren Kosten erstattet werden, prüfen.

Kostenübernahme im Pflegegrad 4 bei

KurzzeitpflegeReicht die Pflege in häuslicher Umgebung nicht aus, bedarf die pflegebedürftige Person einer stationären Behandlung für einen kurzen Zeitraum. In dem Fall wird von der Kurzzeitpflege gesprochen.

Jährlich steht Betroffenen für diese Pflegeform 1.854 Euro an Pflege- und Entlastungsleistungen für bis zu acht Wochen oder 56 Kalendertage zur Verfügung. Nicht vollständig verwendete Mittel können Sie teilweise auch für die Verhinderungspflege nutzen.
VerhinderungspflegeDie Verhinderungspflege kommt zum Einsatz, wenn die Pflege von einem Angehörigen in der häuslichen Umgebung übernommen wird, diese aber aufgrund von Krankheit oder Urlaub der Pflegeverantwortung nicht nachkommen kann. Eine Vertretung durch Pflegepersonal wird mit bis zu 1.685 Euro im Jahr für bis zu sechs Wochen bezuschusst. Ungenutztes Budget der Kurzzeitpflege können Sie teilweise für Verhinderungspflege nutzen.
teilstationärer PflegeEine teilstationäre Pflege liegt vor, wenn Pflegebedürftige tagsüber oder nächtlich stationär betreut werden. Diese Pflegeform erlaubt, die Beitragshöhe von 1.685 Euro der Pflegesachleistungen geltend zu machen.

Pflege zu Hause oder vollstationär: weitere zentrale Ansprüche im Überblick

Die häusliche und die vollstationäre Pflege unterscheiden sich in der Beitragshöhe der Pflege- und Entlastungsleistungen, die pflegebedürftigen Menschen zur Verfügung steht.

Häusliche Pflege

Findet die Pflege in der häuslichen Umgebung statt, profitieren die zu versorgenden Personen nicht nur von den oben genannten Leistungen. Zuästzlich erhalten sie…

  1. …einen Zuschuss von maximal 4.180 Euro für Wohnraumanpassung, der auch Bewohnern von Wohngruppen oder Wohngemeinschaften zusteht.
  2. …Unterstützung für Wohngruppen oder Wohngemeinschaften durch zusätzliche 2.612 Euro für die WG-Gründung sowie monatlichen 224 Euro für organisierende Hilfskräfte.
  3. …kostenlose Beratungsangebote und Beratungsbesuche.
  4. …kostenfreie Pflegekurse für Verwandte und freiwilligem Pflegepersonal.

Vollstationäre Pflege

Pflegebedürftige, die in Senioren-, Pflege- bzw. Altersheimen versorgt und betreut werden, können einen Beitrag von 1.855 Euro beanspruchen. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass diese Leistung die Pflegekosten des entsprechenden Heims nicht abdecken.

Zusätzlich sind Versicherte verpflichtet, sich mit einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen, z. B. in Form von Investitionskosten, beteiligen müssen. Die Höhe der Kosten ist allerdings vom Pflegeheim abhängig, weswegen vorher ausreichend Zeit bei der Auswahl einer geeigneten Einrichtung investiert werden sollte.

Was bedeutet PG4 für Patient*innen & Angehörige?

Für Betroffene schafft PG4 mehr Anspruch auf ambulante, teilstationäre oder stationäre Unterstützung. Angehörige sollten frühzeitig Pflegeberatung nutzen (Pflegekasse/Pflegestützpunkt) und entscheiden, wie Leistungen kombiniert werden (z. B. Pflegesachleistung + Entlastungsbetrag + Tagespflege).

Tipp

Gutachten prüfen (Widerspruch möglich) und bei Veränderung des Zustands Höherstufung beantragen.

So läuft die Feststellung & Antragstellung – Schritt für Schritt

  1. Antrag bei der Pflegekasse stellen (Kontakt über Krankenkasse).
  2. Begutachtung durch MD/Medicproof (bei Bedarf mit Bezugsperson).
  3. Gutachten und Bescheid prüfen – ggf. Widerspruch einlegen.
  4. Pflegeberatung und Versorgungsplan (Pflegekasse/Pflegestützpunkt) nutzen; Leistungen kombinieren und Nachweise für Erstattungen sammeln. Offiziell geregelt in § 15 SGB XI (Begutachtung) und über MD-Infos zu Verfahren & Richtlinien.

Aktuelle Debatten & Ausblick 2026 (Reform)

Die Bundesregierung und Länder arbeiten seit Juli 2025 in der AG „Zukunftspakt Pflege“ an einer großen Pflegereform. Diskutiert werden u. a. Finanzierung (u. a. Darlehen 2025: 0,5 Mrd. €, 2026: 1,5 Mrd. € – Rückzahlung ab 2029), Eigenanteile in Heimen, Leistungsvereinfachungen und Stärkung der häuslichen Pflege. Erste Eckpunkte wurden für Ende 2025 avisiert; mit einem Gesetzgebungspaket 2026 ist zu rechnen. Für PDL und Beratende wichtig: Entwicklungen verfolgen, Leistungs-/Beratungsunterlagen aktuell halten (z. B. gemeinsamer Jahresbetrag, Dynamisierung)

Fazit: Pflegegrad 4 bei fast vollständiger Unselbstständigkeit

Der Pflegegrad 4 wird durch das Gutachten des MD erteilt, wenn die Person in ihrer Selbstständigkeit stark eingeschränkt ist. Da mit dem Pflegegrad 4 ein erhöhter Pflege- und Betreuungsaufwand einhergeht, stehen Betroffenen höhere Pflege – und Entlastungsbeträge der Pflegeversicherungen zu als bei den niedrigeren Pflegegraden. Grund dafür ist die durch das Begutachtungsassessment festgestellte schwere körperliche und psychische Einschränkung der pflegebedürftigen Personen, die eine selbstständige Versorgung nicht mehr zulassen.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Pflegegrad 4

Was bedeutet Pflegegrad 4?

Pflegegrad 4 ist eine Einstufung im deutschen Pflegesystem, die den Grad der Beeinträchtigung einer Person bei der Bewältigung ihrer täglichen Aktivitäten aufgrund von körperlichen oder geistigen Einschränkungen beschreibt. Es handelt sich um einen höheren Pflegegrad, der auf einer Skala von 1 bis 5 angesiedelt ist.

Wie wird der Pflegegrad 4 bestimmt?

Der Pflegegrad wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MD) oder den Medizinischen Dienst der Pflegekassen (MDP) anhand eines Begutachtungsverfahrens festgelegt. Dabei werden verschiedene Kriterien wie Mobilität, kognitive Fähigkeiten, Selbstversorgung und psychische Belastungen bewertet.

Welche Leistungen stehen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 zu?

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 haben Anspruch auf umfassende Leistungen der Pflegeversicherung, um ihnen bei der Bewältigung ihres Alltags zu helfen. Dazu gehören finanzielle Leistungen für ambulante Pflegehilfen, Pflegehilfsmittel, teilstationäre Pflegeangebote wie Tagespflegeeinrichtungen und gegebenenfalls auch vollstationäre Pflege.