Sicherlich passiert Ihnen das auch immer wieder, dass Sie zu einzelnen Pflegekunden oder deren Angehörigen eine enge Beziehung aufbauen. Die Gründe hierfür können z. B. Mitgefühl oder Sympathie sein. Wichtig ist jedoch, dass Sie das Gleichgewicht zwischen professioneller Nähe und Distanz für sich klären können.
Warum Mitarbeiter in der Hospizarbeit und Palliative Care belastet sind, haben mittlerweile unterschiedliche Studien erfasst und herausgearbeitet. Erstaunlicherweise ist hier nicht das Sterben der zu Pflegenden das eigentliche Problem, sondern der Anspruch an die individuelle Beziehung zwischen dem sterbenden Pflegekunden und den Mitarbeitern. Sie macht die eigentliche Belastung für Mitarbeiter aus, denn hier ist es insbesondere die Nähe zum Pflegebedürftigen, die als Belastungspotenzial genannt wird.
Erkennen Sie Ihre Grenzen
Mithilfe einer Reflexionsübung können Sie gemeinsam mit den Mitarbeitern Ihres Teams überprüfen, wie gut Sie Ihre Grenzen für Nähe und Distanz kennen.
Zudem ist wichtig zu wissen, warum wir in der Begleitungsarbeit mit Sterbenden so viel Nähe zulassen, obwohl diese uns schaden kann. Bedenken Sie, dass die Selbsterkennung ein 1. Schritt zur Belastungsreduktion ist.
Üben Sie in 3 Schritten
Die eigentliche Übung verläuft in 3 Schritten, die Sie gut vorbereiten müssen:
1. Schritt: Vorbereitung
Erläutern Sie Ihren Kollegen, dass diese Übung dem Erkennen von Grenzen bei Nähe und Distanz zu Pflegekunden dient. Wichtig ist, dass die Übung auf freiwilliger Basis erfolgt, damit die Teilnehmer den größtmöglichen Nutzen hieraus ziehen können.
Organisieren Sie für 60 Minuten einen störungsfreien Raum. Da die eigentliche Übung als Paarübung durchgeführt wird, sollte die Teilnehmerzahl gerade sein. Stellen Sie für jeden Teilnehmer einen bequemen Stuhl und einen Stift bereit. Zudem sollten Sie zu vor den folgenden Muster-Fragebogen in der Anzahl der Teilnehmer kopieren. Ebenfalls benötigen Sie noch ein Flipchart oder einen großen Kartonbogen, den Sie an die Wand heften können.
Muster-Fragebogen für Mitarbeiter zum Thema „Nähe und Distanz“:
Wie würden Sie für sich „professionelle Distanz“ definieren?
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Wie würden Sie für sich „professionelle Nähe“ definieren?
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Was unternehmen Sie in Ihrer Freizeit, um Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren?
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Wie grenzen Sie sich aktiv von zu viel Nähe zum Pflegekunden ab?
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Wie zeigen Sie Ihren Pflegekunden, dass Sie sich abgrenzen wollen?
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Was empfinden Sie, wenn Sie einen „Ihrer Patienten“ an einen Kollegen abgeben sollen?
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Wie organisieren Sie für sich Möglichkeiten für den Rückzug vor Pflegekunden, die zu viel Nähe von Ihnen erwarten?
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Wie schließen Sie für sich bewusst die Begleitung eines verstorbenen Pflegekunden ab?
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Variante: Sollten Sie Ihre Kollegen als sehr „kommunikativ“ und experimentierfreudig bezeichnen, kann die eigentliche Übung auch auf 90 Minuten ausgedehnt werden. Zudem ist auch ein Austausch in 3er-Gruppen denkbar.
2. Schritt: Durchführung
Zu Beginn sitzen Ihre Kollegen im Stuhlkreis. Jetzt verteilen Sie den Fragebogen an jeden Teilnehmer mit der Bitte, diesen auszufüllen. Anschließend soll sich jeder Teilnehmer einen Gesprächspartner seines Vertrauens suchen, um die jeweiligen Antworten abzugleichen und zu besprechen.
3. Schritt: Nachbesprechung
Nach ca. 40 Minuten kehren Ihre Kollegen wieder in den Stuhlkreis zurück, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Erfragen Sie hierbei, welche Probleme mit Nähe und Distanz zu Pflegekunden oder deren Angehörigen erkannt wurden. Allein bei dieser Frage werden Sie bemerken, dass einige Ihrer Kollegen ähnliche Antworten geben.
Notieren Sie die schützenden Faktoren
Wichtig ist herauszuarbeiten, wie sich die einzelnen Mitarbeiter vor zu viel Nähe schützen. Hierin liegt das eigentliche Potenzial, um eine drohende Belastung zu vermeiden. Diese Schutzfaktoren sollten Sie auf dem Flipchart sammeln. Hierüber können nun Kollegen, die sich noch nicht so gut distanzieren können, eine für sich geeignete Methode auswählen und in der Praxis ausprobieren. Wiederholen Sie diese Übung nach ca. 3 Monaten, um den aktuellen Stand und mögliche Änderungen im Verhalten zu erfassen.